Für Bundesfinanzminister Schäuble ist die "schwarze Null" fast ein Mantra geworden

Optische Täuschungen beim Bundeshaushalt? Trickst Schäuble?

Für Bundesfinanzminister Schäuble ist die "schwarze Null" fast ein Mantra geworden. Dank niedriger Zinsen und üppig sprudelnder Steuereinnahmen erzielt der Bundeshaushalt mittlerweile sogar Überschüsse. Alleine durch die gesunkene Zinsbelastung spart der Bund jährlich Milliardenbeträge.

Tatsächlich profitiert Wolfgang Schäuble in außerordentlicher Weise von der Zinssituation. Noch nie war es für den Bund so günstig, sich über Anleihen zu finanzieren. Selbst langlaufende Papiere mit Nullkupons finden inzwischen Abnehmer und bei kürzerfristigen Schuldtiteln sind sogar Negativ-Renditen gang und gäbe. Die Zins-Ersparnis beläuft sich in den nächsten Jahren auf Größenordnungen zwischen 16 und 20 Milliarden Euro p.a..

Agio bei Bundesanleihen bringt Milliarden 

Doch nicht alles, was gut aussieht, entspricht auch den realen Gegebenheiten. Es gibt Vorgänge, die erscheinen mehr wie ein buchhalterischer Trick denn als solides Haushaltsgebaren. Das gilt zum Beispiel für die Überschüsse aus dem Verkauf von Bundesanleihen. Dadurch verbucht der Bundesfinanzminister Schäuble in diesem Jahr knapp vier Milliarden Euro an Sondererlösen, im kommenden Jahr sind sogar fast sieben Milliarden Euro eingeplant. Doch bei genauerem Hinsehen handelt es sich hier nicht um einen echten Überschuss.

Worum geht es dabei? Bei der Ausgabe von Schuldtiteln hat die Finanzagentur der Bundes grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Sie kann neue Papiere ausgeben, die etwa dem Marktzinsniveau entsprechend verzinst werden und demzufolge um die 100 Prozent notieren. Oder sie stockt bestehende ältere Schuldtitel auf, die noch zu Zeiten mit höheren Marktzinsen ausgegeben wurden und daher auch höher verzinst sind. Aufgrund dieses "Zinsvorteils" können diese Papiere mit einem Aufschlag - im Fachterminus Agio - verkauft werden, also zu mehr als 100 Prozent ihres Rückzahlungsbetrags. Dieser - 100 Prozent übersteigende - Mehrerlös ist für die jetzt anfallenden Sondererlöse von rund vier Milliarden Euro verantwortlich. 

Mehr-Einnahmen sind nicht einfach Gewinn 

Dennoch wäre es verfehlt, dieses Geld einfach als "Gewinn" im betriebswirtschaftlichen Sinne zu sehen. Denn der Zusatzeinnahme stehen höhere Zinsbelastungen in der Zukunft durch die zu leistende Verzinsung über dem Maktzinsniveau gegenüber. Dies wird aber in der kameralistischen Buchführung, die für die öffentlichen Haushalte - auch den Bundeshaushalt - maßgeblich ist, nicht berücksichtigt. Hier zählen alleine die Einnahmen und Ausgaben des Haushaltsjahres. Wirkungen für die Zukunft werden nicht erfasst.  

Noch nie war es für den Bund so günstig, sich über Anleihen zu finanzieren."

Daher schlagen die Mehrerlöse sich jetzt im Bundeshaushalt nieder, während die Mehrbelastungen durch höhere Zinsausgaben erst in künftigen Haushalten zu sehen sein werden. Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, dass es angebracht wäre, auch in öffentlichen Haushalten betriebswirtschaftliche Buchführungs-Prinzipien einzuführen. Das im Hinblick auf die Mehrbelastung so etwas wie "Rückstellungen" gebildet werden, dürfte wohl eher eine illusorische Erwartung sein.

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