Goldman-Sachs-Chef warnt USA vor „bösem Erwachen“
Schulden können Wachstum stützen, aber sie ersetzen es nicht.
David Solomon, CEO von Goldman Sachs, gilt als nüchterner Beobachter der Weltwirtschaft. Wenn er vor einem „bösen Erwachen“ für die USA warnt, meint er keinen kurzfristigen Rückschlag, sondern eine strukturelle Schieflage. Sein Kernargument: Die US-Wirtschaft lebt über ihre Verhältnisse. Wachstum, Beschäftigung und Konsum werden zunehmend durch Schulden finanziert – staatlich, privat und unternehmerisch. Solange das Vertrauen in den Dollar anhält, bleibt das System stabil. Doch die Grenzen dieser Stabilität rücken näher.
Schulden als Wachstumsgrundlage
Die USA befinden sich seit Jahren in einem expansiven Finanzzyklus. Staatliche Ausgaben, Unternehmensanleihen und private Kredite sind auf Rekordniveau. Diese Schulden haben das Wachstum gestützt, aber nicht immer produktiv finanziert. Ein großer Teil floss in Konsum und Aktienrückkäufe, nicht in langfristige Investitionen.
Solomon betont, dass ein solches Modell nur funktioniert, solange Zinsen niedrig und Anleger bereit sind, die Staatsverschuldung zu finanzieren. Doch die Realität hat sich geändert: Das Zinsniveau ist gestiegen, und die Refinanzierungskosten belasten zunehmend den Haushalt. Schuldenpolitik verliert ihre Wirkung, wenn sie zur Routine wird.
Illusion der Stabilität
Die USA stehen an einem Punkt, an dem fiskalische Verantwortung wieder zum Wettbewerbsfaktor wird."
Der Erfolg der US-Wirtschaft der letzten Jahre basiert auf starkem Konsum und robustem Arbeitsmarkt. Doch beide Faktoren hängen eng mit Kreditverfügbarkeit zusammen. Wenn Zinsen steigen und Sparquoten sinken, verschiebt sich die Basis des Wachstums.
Solomon warnt vor einer gefährlichen Selbstberuhigung: Die Märkte hätten sich an hohe Defizite und an Liquiditätsprogramme gewöhnt, als wären sie dauerhaft tragbar. Doch jeder Kredit hat eine Grenze, und die Zinslast des Staates wächst schneller als die Wirtschaft. Der Punkt, an dem Vertrauen in Nachhaltigkeit schwindet, kann überraschend schnell eintreten.
Die politische Dimension
Das strukturelle Defizit der USA ist längst kein Konjunkturproblem mehr, sondern eine Folge politischer Polarisierung. Steuererhöhungen gelten als Tabu, Ausgabenkürzungen als unpopulär. So bleibt der einfachste Weg: neue Schulden. Diese kurzfristige Bequemlichkeit verschiebt Lasten in die Zukunft und erzeugt eine Abhängigkeit von Märkten, die längst eigene Dynamiken entwickelt haben.
Solomon spricht von einem fehlenden „fiskalischen Realismus“. Gemeint ist die Fähigkeit, zwischen wachstumsfördernder Investition und konsumtiver Verschuldung zu unterscheiden – eine Fähigkeit, die in der politischen Debatte verloren gegangen ist.
Mögliche Folgen eines Wendepunkts
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Ein Verlust des Vertrauens in die Tragfähigkeit der US-Schulden hätte weitreichende Folgen.
- Steigende Finanzierungskosten: Investoren verlangen höhere Renditen für US-Anleihen, was Zinslasten und Budgetdruck weiter erhöht.
- Marktvolatilität: Ein Vertrauensschock könnte den Dollar schwächen und Kapitalflüsse destabilisieren.
- Wachstumsdämpfung: Sinkende öffentliche Investitionen und steigende Kreditkosten würden die Realwirtschaft treffen.
Solomon betont, dass solche Entwicklungen nicht über Nacht eintreten.
Aber sie entstehen schleichend, wenn strukturelle Probleme ignoriert werden.
Realismus statt Alarmismus
Trotz seiner Warnung bleibt Solomon kein Pessimist. Er plädiert für eine Rückkehr zu nachhaltiger Wirtschaftspolitik: mehr Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Technologie, weniger Konsum auf Kredit. Wachstum müsse wieder aus Produktivität entstehen, nicht aus Verschuldung.
Damit formuliert er ein klassisches, aber oft überhörtes Prinzip: Eine Wirtschaft kann auf Kredit wachsen, aber nicht davon leben. Nachhaltiges Wachstum beruht auf echter Wertschöpfung – und auf der Fähigkeit, Wohlstand nicht nur zu verteilen, sondern zu erhalten.
Fazit
Die Warnung des Goldman-Sachs-Chefs ist kein Alarmruf, sondern eine Erinnerung an ökonomische Grundregeln. Schulden können Wachstum stützen, aber sie ersetzen es nicht. Die USA stehen an einem Punkt, an dem fiskalische Verantwortung wieder zum Wettbewerbsfaktor wird. Ein „böses Erwachen“ droht nicht, weil das System schwach ist, sondern weil es zu lange als unantastbar galt.
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