Investitionspolitik hinterfragen Vergehen an künftigen Generationen
Der tragische Brückeneinsturz in Genua ist ein schlagendes Beispiel, was geschehen kann, wenn vorhandene Infrastruktur vernachlässigt wird. Das ist kein spezifisch italienisches Problem, auch in Deutschland wären Infrastruktur-Investitionen dringend nötig. Dabei geht es nicht um Ausbau, sondern um schlichten Erhalt.
Marode Straßen, verfallende Schulgebäude, vernachlässigte kommunale Verkehrsangebote - Beispiele, wo es an der Infrastruktur hapert und vorhandene Einrichtungen buchstäblich "in die Jahre" gekommen sind, gibt es zuhauf. Fast jeder kann sie aus seinem täglichen Erleben benennen. Der Eindruck täuscht nicht. Die Nettoinvestitionen des Staates in Deutschland sind negativ. Das heißt: es wird weniger investiert, als zum Erhalt der Infrastruktur eigentlich erforderlich wäre - oder anders ausgedrückt: wir leben ein Stück weit von der Substanz.
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Kommunale Investitionen - deutliches Nord-Süd-Gefälle
Der Investitionsstau ist vor allem ein kommunales Problem. Laut Kommunalpanel der KfW hat sich auf dieser Ebene inzwischen ein Investitionsrückstand von 159 Milliarden Euro aufgebaut. 47 Milliarden Euro müssten alleine in Schulen investiert werden, 38 Milliarden Euro wären bei kommunaler Verkehrsinfrastruktur nötig. Dabei gibt es markante regionale Unterschiede. Es besteht ein Nord-Süd-Gefälle. Die vergleichsweise finanzstarken Kommunen im Süden Deutschlands können sich mehr Investitionen in ihre Infrastruktur leisten als Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen oder in den neuen Bundesländern. Die leiden oft an ihren hohen Schuldenlasten und müssen obendrein die Schuldenbremse beachten. Gleichzeitig engen Sozialausgaben, für die die Kommunen verantwortlich sind, die Investitionsspielräume zusätzlich ein.
Das Gefälle von "Arm" und "Reich" bei den Kommunen wird größer."
Weder nachhaltig noch verantwortungsvoll
Von daher verwundert es nicht, wenn vielerorts die Infrastruktur verfällt. Es droht eine gefährliche Abwärtsspirale. Kommunen, die nicht in der Lage sind, ihre Infrastruktur zu erhalten oder gar auszubauen, werden weniger attraktiv - sowohl für Investoren als auch als Ort zum Leben und Arbeiten. Durch Abwanderung entstehen weitere Einnahmeverluste und es steht noch weniger Geld für Investitionen in Infrastruktur zur Verfügung. Wohlhabende Kommunen dürfen sich dagegen über ein hohes Zuzugs-Interesse von Unternehmen und Arbeitnehmern freuen.
Eigentlich ist es eine Binsenweisheit: von der Substanz leben, das geht nur über einen begrenzten Zeitraum. Das ist weder nachhaltig noch verantwortungsvoll. Den Preis müssen künftige Generationen zahlen, die den Investitionsrückstand nachholen oder mit einer immer unzureichenderen Infrastruktur leben müssen.