Die Zinsen befinden sich dank EZB-Geldpolitik auf historisch niedrigem Niveau

Ist die EZB am Ende ihrer Möglichkeiten? Volksaufstand bei negativen Zinsen?

Die Zinsen befinden sich dank EZB-Geldpolitik auf historisch niedrigem Niveau. Negativzinsen gehören zwar für den Durchschnitts-Sparer noch nicht zur Realität, bei Bundesanleihen und großbeträgigen Bankeinlagen sind sie aber längst gang und gäbe. Mancher fragt sich, ob die EZB ihre Möglichkeiten damit ausgereizt hat oder ob es bei den Zinsen noch weiter runter geht.

Die Antwort darauf fällt differenziert aus. Tatsächlich arbeitet die EZB stetig daran, das Zinsniveau weiter künstlich nach unten zu drücken. Es ist nämlich nicht nur die Festlegung der Leitzinsen, die das Zinsniveau beeinflusst. Das forcierte Anleihe-Aufkaufprogramm der Notenbank, bei dem jeden Monat für 80 Milliarden Euro Papiere vom Markt "weggekauft" werden, schafft eine künstliche Nachfrage, die renditesenkend wirkt und sich auch auf die Zinsen allgemein auswirkt. Interessante Hinweise auf die Spielräume und Gedankenspiele der Euro-Notenbank gab ein kürzlich gehaltener Vortrag von Benoît Coeré vom EZB-Vorstand an der renommierten Yale-University. 

Theoretisch weitere Zinssenkungen möglich

Danach sind weitere Zinssenkungen "technisch" durchaus denkbar. Obwohl Negativzinsen bereits verbreitet sind, hält Coeré die Potentiale noch längst nicht für ausgeschöpft. Seine Begründung ist: bisher gebe es keine Anzeichen, dass Anleger wegen drohender Negativzinsen verstärkt in Bargeld umschichten würden. Das biete nämlich eine Möglichkeit, den Negativzinsen zu entgehen. Es garantiere wenigstens eine Null-Verzinsung. Solange aber der typische Anleger am klassischen Sparen festhalte, sei noch Luft für weitere Zinssenkungen vorhanden. Von einem Volksaufstand wegen Negativzinsen scheint man jedenfalls noch ein Stück entfernt. 

Eine andere Frage ist, wie zweckmäßig solche Maßnahmen sind? Und hier kommen auch dem EZB-Vorstand Zweifel. Denn Negativzinsen haben auch schädliche Nebenwirkungen. Die sind bereits jetzt sichtbar. Große Teile der Finanzindustrie - Banken, Versicherungen, Bausparkassen - ächzen unter den niedrigen Zinsen. Ein weiteres Vordringen in den Negativzinsraum würde manches Institut in Schwierigkeiten bringen. Eine Gefährdung des Bankensystems ist aber das letzte, was sich die EZB wünschen kann. Sie würde damit ihre eigene Politik konterkarieren.

Bisher gebe es keine Anzeichen, dass Anleger wegen drohender Negativzinsen verstärkt in Bargeld umschichten würden."

Geldpolitik hilft nur begrenzt

Den positiven Effekt ist die Niedrigzinspolitik der EZB übrigens bislang schuldig geblieben. Trotz immenser Geldmengen-Ausweitung ist die Konjunktur im Euro-Raum nicht nachhaltig angesprungen. So kann die Euro-Notenbank allenfalls für sich reklamieren, ein weiteres Abrutschen verhindert zu haben. Erkauft wurde dies mit massiver Umverteilung  zu Lasten von Sparern - ein gewollter Effekt, der aber nicht grenzenlos weiter getrieben werden kann. 

Die fehlende Wirksamkeit für die Konjunktur ist denn auch das schlagende Argument gegen weitere Zinssenkungen. Hier ist die EZB tatsächlich am Ende ihrer Möglichkeiten angekommen. Sie kann nicht auf Dauer Mängel in der Fiskal- und Strukturpolitik der Mitgliedsstaaten kompensieren.

Kontakt zu mir

Hallo!
Schön, dass Sie mich kennenlernen möchten.