Bereits seit zehn Jahren profitieren wir von Zuwanderung

Marcel Fratzscher Wir brauchen Zuwanderung

Derzeit gibt es kaum ein heißeres politisches Eisen als die Asyl- und Flüchtlingspolitik. Angesichts des anhaltenden Zustroms von Menschen über das Mittelmeer stehen die Zeichen in Europa eher auf Abschottung als auf offene Grenzen. In der Flut der täglichen Nachrichten zu dem Thema geht fast unter, dass Deutschland weiterhin auf Zuwanderung angewiesen ist.

Darauf macht jetzt der bekannte DIW-Ökonom Marcel Fratzscher in einem Meinungs-Beitrag für die Wochenzeitung ZEIT aufmerksam. Deutschland müsse offener für Zuwanderung werden, sonst würden "interessante" Migranten andere Länder vorziehen - mit negativen Auswirkungen für die Wirtschaft und das Sozialsystem hierzulande.

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Bereits seit zehn Jahren profitieren wir von Zuwanderung 

Fratzscher denkt gar nicht unbedingt an den IT-Spezialisten aus Indien. Viel zu lange habe man sich ausschließlich darauf konzentriert, Deutschland für qualifizierte Kräfte aus dem Ausland im Hochlohnsektor zu öffnen. Es würde aber auch Zuwanderung von Menschen mit geringerer Qualifikation benötigt, die bereit seien, in weniger gut dotierten Bereichen zu arbeiten - zum Beispiel in der Pflege. Ohne die Zuwanderung - so Fratzscher - drohe der schon jetzt spürbare Fachkräftemangel zum echten Problem für unser Land zu werden

In den letzten zehn Jahren sei die Hälfte der neu geschaffenen Stellen in Deutschland nur durch Migranten zu besetzen gewesen. Die kamen zum überwiegenden Teil aus anderen europäischen Ländern - unter dem Strich etwa 300.000 jedes Jahr. Abwanderungseffekte durch Beschäftigung auf Zeit sind dabei schon berücksichtigt. Die Zuwanderung hat den Bevölkerungsschwund durch den demografischen Wandel mehr als ausgeglichen. Deutschlands Bevölkerung wächst wieder - nicht erst seit der Flüchtlingskrise. 

Die Politik ist in der Pflicht, für mehr Klarheit zu sorgen."

Einwanderungsgesetzt - nötiger denn je 

Angesichts des fortbestehenden Bedarfs fordert Fratzscher ein Einwanderungsgesetz, das Deutschland für Zuwanderung attraktiver macht. Es müsse Zuwanderern Rechtssicherheit für eine dauerhafte Existenz in unserem Land und auch zum Familiennachzug bieten. Tatsächlich erscheint ein Einwanderungsgesetz notwendiger denn je. Denn - abgesehen von der Zuwanderung aus Europa - findet Einwanderung inzwischen de facto über das Asylsystem statt, was so nicht gedacht gewesen ist. 

Die permanente Vermischung der Begriffe Asyl, Flucht, Migration und Zuwanderung ist ein Grund für die kontroverse politische Diskussion zu dem Thema und verbreitete Unzufriedenheit. Die Politik ist in der Pflicht, für mehr Klarheit zu sorgen, nicht nur bei Zuwanderern, sondern auch der einheimischen Bevölkerung gegenüber.

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