Finanzlexikon Wirkung von Negativzinsen
Negativzinsen sind ein vergleichsweise neues Phänomen in der Geldpolitik und wurden erstmals nach der Finanzkrise von 2008 von einigen Zentralbanken eingeführt, um die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen.
Der Grundgedanke von Negativzinsen ist, dass Banken und Finanzinstitutionen Geld bei der Zentralbank zu einem Zinssatz unter null hinterlegen. Das bedeutet, dass sie für das Parken ihrer überschüssigen Liquidität eine Gebühr zahlen müssen, anstatt Zinsen zu erhalten. Dieser unkonventionelle geldpolitische Schritt wird angewandt, um verschiedene wirtschaftliche Ziele zu erreichen, insbesondere das Wirtschaftswachstum zu stimulieren, die Inflation zu erhöhen und die Kreditvergabe zu fördern.
Hintergrund und Einführung der Negativzinsen
Negativzinsen sind im Kontext einer extrem niedrigen Inflation oder sogar Deflation und eines schwachen Wirtschaftswachstums eingeführt worden. Nach der Finanzkrise von 2008 und in der anschließenden Eurokrise kämpften viele Industrieländer mit niedrigem Wachstum und anhaltend niedriger Inflation. Die Zentralbanken reagierten zunächst mit einer drastischen Senkung der Leitzinsen, um die Kreditaufnahme und Investitionen anzuregen. Als diese traditionellen Maßnahmen jedoch nicht ausreichten und die Zinssätze nahe bei null lagen, führten Zentralbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of Japan Negativzinsen ein. Der Gedanke dahinter ist, dass Negativzinsen die Banken dazu veranlassen, mehr Kredite an die Realwirtschaft zu vergeben, anstatt ihr Geld bei der Zentralbank zu parken.
Funktionsweise und Ziele von Negativzinsen
Das Prinzip der Negativzinsen basiert auf mehreren Mechanismen, die die Wirtschaftstätigkeit und die Inflation ankurbeln sollen:
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- Anreiz zur Kreditvergabe: Da Banken für ihre Einlagen bei der Zentralbank Gebühren zahlen müssen, entsteht ein Anreiz, das Geld nicht bei der Zentralbank zu belassen, sondern es durch Kredite in die Realwirtschaft zu investieren. Kredite an Unternehmen und Haushalte sollen die wirtschaftliche Aktivität und das Wachstum anregen, da sie Investitionen und Konsum fördern.
- Erhöhung der Konsumnachfrage: Niedrige oder negative Zinsen verringern die Anreize für Haushalte, zu sparen, und fördern stattdessen den Konsum. Wenn Banken die negativen Zinsen an die Sparer weitergeben, kann dies Haushalte dazu bewegen, weniger zu sparen und mehr auszugeben, was die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen stärkt.
- Steigerung der Inflation: Ein weiteres Ziel der Negativzinsen ist es, die Inflation anzukurbeln. In Phasen extrem niedriger Inflation oder Deflation – einem Zustand, in dem die Preise fallen – besteht das Risiko, dass Verbraucher und Unternehmen ihre Ausgaben aufschieben, was das Wirtschaftswachstum bremst. Durch die Anreize zum Konsum und zur Investition sollen Negativzinsen die Nachfrage erhöhen und so den Preisauftrieb und die Inflation fördern.
- Abwertung der Währung: Wenn eine Zentralbank Negativzinsen einführt, sinkt die Attraktivität der Währung für ausländische Investoren, da Anlagen in dieser Währung weniger rentabel werden. Dies kann zu einer Abwertung der Währung führen und die Exporte des Landes fördern, da die heimischen Produkte auf dem Weltmarkt günstiger werden. Eine höhere Nachfrage nach Exporten kann wiederum das Wirtschaftswachstum fördern.
Wirkungen und Auswirkungen von Negativzinsen
Die Einführung von Negativzinsen hat sowohl beabsichtigte als auch unbeabsichtigte Wirkungen, die sich auf verschiedene Bereiche der Wirtschaft auswirken:
- Auswirkungen auf Banken: Für Banken bedeuten Negativzinsen Kosten, da sie dafür zahlen müssen, überschüssige Liquidität bei der Zentralbank zu lagern. Dies belastet die Ertragslage der Banken, insbesondere in einer Zeit, in der die Zinsmargen ohnehin gering sind. Einige Banken haben begonnen, die negativen Zinsen an ihre Kunden weiterzugeben, insbesondere an große Einleger und Geschäftskunden. Bei Privatkunden erfolgt die Weitergabe oft nur in begrenztem Umfang, da Banken versuchen, ihre Kunden zu halten.
- Auswirkungen auf Sparer und Anleger: Für private Haushalte haben Negativzinsen oft negative Konsequenzen, insbesondere für Sparer. Da Sparguthaben keine Zinsen mehr abwerfen oder sogar Minuszinsen abgezogen werden, verliert das traditionelle Sparen an Attraktivität. Dies kann besonders für Menschen, die auf sichere Sparanlagen angewiesen sind, problematisch sein. Gleichzeitig suchen Anleger vermehrt nach alternativen Anlagemöglichkeiten wie Aktien oder Immobilien, was zu einem Anstieg der Preise in diesen Märkten führen kann.
- Einfluss auf Investitionen und Konsum: Die niedrigen oder negativen Zinsen sollen den Konsum und die Investitionen ankurbeln. Unternehmen profitieren von günstigen Finanzierungsmöglichkeiten, was Investitionen in neue Projekte und Expansionen begünstigt. Auch für Verbraucher wird es attraktiver, Kredite aufzunehmen und beispielsweise in Immobilien oder langlebige Konsumgüter zu investieren. Die Hoffnung ist, dass diese gesteigerte wirtschaftliche Aktivität das Wachstum fördert und die Preise in moderatem Maß steigen.
- Auswirkungen auf die Inflation: Negativzinsen sollen helfen, die Inflation wieder auf ein Zielniveau von etwa 2 % zu bringen, was viele Zentralbanken als gesundes Niveau ansehen. Indem die Nachfrage gestärkt und Investitionen angekurbelt werden, sollen Preissteigerungen gefördert werden. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass die Wirkung von Negativzinsen auf die Inflation begrenzt sein kann und nicht immer ausreicht, um das Inflationsziel zu erreichen, besonders in einem schwachen globalen wirtschaftlichen Umfeld.
- Abwertung der Landeswährung: Ein weiterer Effekt der Negativzinsen kann eine Abwertung der Währung sein. Beispielsweise hat die Einführung von Negativzinsen in der Eurozone zu einer Schwächung des Euro gegenüber anderen Währungen geführt. Dies kann den Exportsektor stärken, da die Waren auf den Weltmärkten günstiger werden. Auf der anderen Seite wird der Import teurer, was die Inflation zusätzlich unterstützen kann.
- Risiken und Nebenwirkungen für den Finanzmarkt: Die Suche nach Renditen kann dazu führen, dass sich Investoren in riskantere Anlageklassen begeben, um höhere Renditen zu erzielen. Dies birgt die Gefahr von Vermögenspreisblasen, beispielsweise im Immobiliensektor oder bei Aktien. Solche Blasen können langfristig eine Instabilität des Finanzsystems verursachen, was wiederum Risiken für die Gesamtwirtschaft darstellt.
Herausforderungen und Kritik an Negativzinsen
Für die Zentralbanken stellt die Einführung von Negativzinsen ein Balanceakt dar: Einerseits kann das Instrument helfen, die Wirtschaft zu beleben und die Inflationsziele zu erreichen, andererseits sind die langfristigen Nebenwirkungen auf das Finanzsystem und die Gesellschaft schwer abzuschätzen."
Obwohl Negativzinsen als innovatives geldpolitisches Instrument betrachtet werden, sind sie nicht unumstritten. Die Hauptkritikpunkte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Belastung für das Bankensystem: Banken leiden unter den Kosten, die durch Negativzinsen entstehen, da sie für ihre Einlagen bei der Zentralbank zahlen müssen. Diese Belastung kann die Profitabilität der Banken verringern und ihre Bereitschaft zur Kreditvergabe in Frage stellen, was die gewünschte Wirkung konterkariert.
- Auswirkungen auf das Sparverhalten: Negativzinsen können das traditionelle Sparen unattraktiv machen, was für Privatpersonen, die auf sichere Anlagen angewiesen sind, problematisch ist. Besonders ältere Menschen oder Haushalte mit geringem Einkommen könnten Schwierigkeiten haben, ihr Vermögen zu vermehren oder für das Alter vorzusorgen.
- Gefahr von Blasenbildung: Die Suche nach alternativen Renditequellen kann zu einer Überbewertung von Vermögenswerten wie Immobilien und Aktien führen. Die künstlich niedrigen Zinsen fördern Investitionen in diese Anlageklassen, was das Risiko von Preisblasen erhöht. Wenn diese Blasen platzen, könnte dies ernsthafte Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Wirtschaft haben.
- Effektivität begrenzt: Trotz der Einführung von Negativzinsen bleibt die gewünschte Wirkung auf Wachstum und Inflation in manchen Fällen begrenzt. In einer Situation, in der Unternehmen und Haushalte pessimistisch in die Zukunft blicken und ihre Ausgaben und Investitionen zurückhalten, können auch Negativzinsen nur bedingt Nachfrage und Investitionsbereitschaft ankurbeln.
- Ethische und soziale Fragen: Die Einführung von Negativzinsen kann als unsoziale Maßnahme kritisiert werden, da sie Menschen mit geringen Sparmöglichkeiten benachteiligen könnte. Die Belastung durch Negativzinsen wird zudem ungleich verteilt: Sparer und Menschen, die auf sichere Anlagen angewiesen sind, tragen die Kosten, während kreditnehmende Unternehmen profitieren.
Fazit
Negativzinsen sind ein unkonventionelles geldpolitisches Instrument, das darauf abzielt, die Wirtschaft zu stimulieren, die Inflation zu erhöhen und das Wachstum zu fördern. Sie bieten neue Anreize für Konsum und Investitionen, bergen jedoch auch Risiken und Herausforderungen. Die tatsächliche Wirkung von Negativzinsen ist umstritten und hängt stark von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Während einige Wirkungen, wie die Steigerung der Kreditvergabe und der Konsumnachfrage, durchaus erreicht werden, gibt es auch Risiken wie die Gefahr einer Blasenbildung und negative Effekte auf das traditionelle Sparverhalten.
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