P&R Zweifel an der Seriosität
Die Insolvenz der P&R-Gruppe im Frühjahr 2018 offenbarte einen der größten Anlegerskandale in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Das Geschäft mit dem Container-Verkauf und -Vermietung erwies sich zu großen Teilen als Luftnummer. Der entstandene Schaden wird auf 1,5 bis 2 Mrd. Euro beziffert.
Noch streitet man vor Gericht um Schadensersatzforderungen. Manche Anleger versuchen, Berater und Vermittler in Regress zu nehmen, die seinerzeit das P&R-Investment empfohlen bzw. vermittelt hatten. In einem aufsehenerregenden Urteil hat das Landgericht München jetzt gegen die beklagte Münchner Bank entschieden und diese zu Schadensersatz verurteilt. Die Münchner Bank war hier als Vermittlerin aufgetreten.
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Einschränkung des Bestätigungsvermerks erfordert Aufklärung
Der Rechtsstreit bezog sich auf die nicht erfolgte Aufklärung zur Einschränkung von Wirtschaftsprüfer-Testaten für P&R-Jahresabschlüsse. Bei mehreren aufeinanderfolgenden Abschlüssen war bemängelt worden, dass Angaben zu außerbilanziellen Geschäften fehlten und weder sonstige finanzielle Verpflichtungen noch die Gesamtbezüge der Geschäftsführer ausgewiesen waren. Aus diesem Grund hatte der zuständige Wirtschaftsprüfer nur eingeschränkte Bestätigungsvermerke erteilt.
Nach Auffassung der Münchner Richter war eine solche Einschränkung von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung, über die Anleger hätten aufgeklärt werden müssen. Wenn ein Unternehmen solche Einschränkungen akzeptiere, obwohl dies im Rahmen der Publizitätspflicht öffentlich werde, lasse dies erhebliche Zweifel an der Seriosität aufkommen. Dem hätten Anlageberater und -vermittler nachgehen müssen. Die Aufklärung sei beim P&R-Geschäftsmodell vor allem auch deshalb angezeigt gewesen, weil das Hauptrisiko für Anleger in der wirtschaftlichen Tätigkeit der P&R-Gruppe bestanden habe, weniger in dem Container-Erwerb an sich.
Der entstandene Schaden wird auf 1,5 bis 2 Mrd. Euro beziffert."
Bei der Münchner Bank war die Einschränkung des Bestätigungsvermerks dagegen wohl eher als formaler Mangel gesehen worden, dem man keine allzu große Bedeutung beimaß. Der Sachverhalt war denn auch bei der Vermittlung keiner besonderen Erwähnung wert - eine Pflichtverletzung, die einen Schadensersatzanspruch begründet, wie die Münchner Richter jetzt feststellten. Ein nicht nur bei der Münchner Bank aufgetretener Fehler!
Erhebliche Weiterungen bei Rechtskraft des Urteils
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sollte es Rechtskraft erlangen, könnte es weit über den konkreten Fall hinaus Bedeutung bekommen. Denn die Anleger sind seltenst über die eingeschränkten Bestätigungsvermerke aufgeklärt worden. Mancher P&R-Geschädigte dürfte dann den Richterspruch zum Anlass nehmen, sich an seinem Vermittler oder Berater von damals schadlos zu halten.
Autor: Jürgen E. Nentwig, juergen.nentwig@gfmsnentwig.de