Wirtschaftsdenker: William F. Sharpe (1934) Capital Asset Pricing Model (CAPM)
Warum manche Anlagen „mehr Rendite“ versprechen.
Im Alltag taucht immer wieder dieselbe Frage auf: Warum erwarten viele bei Aktien höhere Renditen als bei Anleihen? Und warum gelten einige Aktien als „besonders riskant“, andere als „ruhiger“? Das CAPM versucht, darauf eine systematische Antwort zu geben. Es fragt: Wie viel zusätzliche Rendite ist für ein bestimmtes Marktrisiko angemessen? Und: Welche Art von Risiko wird am Markt überhaupt belohnt?
Das Konzept im Kern: Belohnung nur für Marktrisiko
Das Capital Asset Pricing Model trennt Risiko in zwei Kategorien:
- Risiko, das sich wegdiversifizieren lässt – etwa spezielle Probleme eines einzelnen Unternehmens.
- Risiko, das bleibt, selbst wenn das Depot breit gestreut ist – Schwankungen des gesamten Marktes.
Die Kernaussage lautet: Nur dieses allgemeine Marktrisiko wird auf Dauer mit einer zusätzlichen Rendite entlohnt.
Nur das Risiko, das sich auch in einem breit gestreuten Depot nicht vermeiden lässt, soll im CAPM eine Renditeprämie erhalten."
Im Modell setzt sich die erwartete Rendite einer Anlage aus zwei Teilen zusammen:
- Einem Basiszins, der auch ohne Risiko erreichbar wäre (zum Beispiel Staatsanleihen guter Bonität),
- und einem Aufschlag für das Marktrisiko, das die jeweilige Anlage trägt.
Wie stark eine Anlage auf Marktbewegungen reagiert, wird im CAPM durch eine Kennzahl erfasst, die man als Maß für „Mitlaufstärke“ zum Markt verstehen kann. Reagiert ein Titel stärker als der Durchschnitt, soll seine erwartete Rendite auch überdurchschnittlich sein. Reagiert er schwächer, fällt der Aufschlag geringer aus.
Wichtige Annahmen im Hintergrund:
- Anleger können breit diversifizieren und tun das auch.
- Märkte sind ausreichend liquide, Informationen stehen grundsätzlich allen zur Verfügung.
- Viele Investoren achten auf das Verhältnis von Risiko zu Rendite und passen ihre Portfolios entsprechend an.
Stark vereinfachend ist dabei: Verhaltensmuster, Marktfriktionen, Steuern und Transaktionskosten werden im Grundmodell kaum berücksichtigt.
Der Kopf hinter der Idee: William F. Sharpe und das Marktrisiko
William F. Sharpe entwickelte das CAPM in den 1960er-Jahren. Er knüpfte an die Portfolioüberlegungen von Harry Markowitz an, ging aber einen Schritt weiter.
Markowitz zeigte, wie sich Risiko im Depot durch Mischung beeinflussen lässt. Sharpe stellte nun die Frage: Welche Rendite ist für das verbleibende Marktrisiko „fair“?
Seine Antwort war ein einfaches, aber wirkungsstarkes Gerüst, das Risiko und erwartete Rendite in eine klare Beziehung setzt. Später wurde Sharpe gemeinsam mit anderen Forschern für diese Arbeiten mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. Das CAPM wurde zum Standardbaustein in Lehrbüchern, Bewertungsmodellen und vielen praktischen Anwendungen.
Bedeutung und Grenzen heute
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In der Praxis steckt das CAPM an vielen Stellen, oft im Hintergrund:
- bei der Berechnung von Eigenkapitalkosten in Unternehmen,
- bei der Beurteilung, ob ein Fonds seine Rendite im Verhältnis zu seinem Marktrisiko erzielt hat,
- bei langfristigen Planungen, in denen ein plausibler „Renditeaufschlag“ für Aktien gegenüber sicheren Anlagen gebraucht wird.
Gleichzeitig sind die Grenzen deutlich:
- Märkte sind nicht immer „ruhig rational“; Stimmungen und Herdenverhalten spielen eine Rolle.
- Viele Renditen lassen sich besser erklären, wenn man mehrere Faktoren betrachtet (Größe, Bewertungsniveau, Qualität usw.).
- Die Kennzahl für Marktrisiko beruht auf Vergangenheitsdaten, die zukünftige Zusammenhänge nur näherungsweise abbilden.
Trotz aller Kritik bleibt das CAPM ein nützliches Referenzmodell. Es liefert einen Ausgangspunkt für die Frage, ob eine beobachtete Rendite zum übernommenen Marktrisiko passt – auch wenn die Realität komplexer ist als das Modell.
Fazit und Merksätze
Das Capital Asset Pricing Model ordnet die Beziehung zwischen Risiko und erwarteter Rendite. Es unterscheidet zwischen Risiko, das sich wegstreuen lässt, und dem Marktrisiko, das bleibt und mit einer Prämie entlohnt wird. Damit liefert es einen Rahmen, um Renditeerwartungen zu strukturieren, ohne sämtliche Details der Märkte erfassen zu wollen.
Drei Merksätze:
- Nur das Risiko, das sich auch in einem breit gestreuten Depot nicht vermeiden lässt, soll im CAPM eine Renditeprämie erhalten.
- Erwartete Rendite wird als Kombination aus Basiszins und Aufschlag für Marktrisiko verstanden.
- Das Modell ist ein hilfreicher Ausgangspunkt, ersetzt aber nicht die Betrachtung weiterer Risikofaktoren und der tatsächlichen Marktbedingungen.
Freiräume schaffen für ein gutes Leben.









