Richtiger Riecher notwendig Der Global-Macro-Spekulant George Soros

Vielleicht ist Ihnen der Name George Soros kürzlich in den Nachrichten im Zusammenhang mit Ungarns Premier Viktor Orbán begegnet. Tatsächlich liegt Orbán mit seinem gebürtigen Landsmann und heutigen US-Bürger aktuell im Streit. Dabei geht es um Aktivitäten einer Soros-Stiftung in Ungarn.

Womöglich haben sie auch wahrgenommen, dass Soros ein Multi-Milliardär ist und obendrein eine schillernde Persönlichkeit, die sich sowohl mit Spekulationen im großen Stil als auch mit philanthropischem Engagement hervorgetan hat. Seinen auf fast 25 Mrd. US-Dollar geschätzten Reichtum hat Soros vor allem seinen Aktivitäten als Hedgefonds-Manager zu verdanken. Sie haben ihm in der Finanzwelt einen fast legendären Ruf eingetragen. Vielen gilt er als Prototyp einer "Heuschrecke".

Ein Kunststück - die Bank von England bezwungen

Seinen Lebensweg begann George Soros 1930 in Budapest als Sohn des Esperanto-Schriftstellers Theodor Schwartz. Die Familie magyarisierte ihren Namen 1936 in "Soros". Trotz seiner jüdischen Wurzeln überlebte Soros wie durch ein Wunder die Nazi-Zeit, die für die meisten ungarischen Juden den Tod bedeutete. 1947 übersiedelte die Familie nach England, wo Soros studierte. 1956 zog er nach New York und übernahm dort 1968 einen ersten Hedgefonds. Seinen Ruhm begründete er mit dem 1969 von ihm zusammen mit Jim Rogers gegründeten Quantum Fonds.

Mit diesem Fonds zwang Soros 1992 die Bank von England in die Knie und veranlasste sie zum Ausscheiden aus dem Europäischen Währungssystem (EWS). Was war passiert? Das Geschehen spielte sich im Vorfeld der Europäischen Währungsunion kurz nach dem berühmten Vertrag von Maastricht ab. Damals hatte die Bundesbank mehrfach die Leitzinsen erhöht, die Bank von England war dem zögerlich und gegen innenpolitische Widerstände gefolgt, um das - seinerzeit ziemlich hoch bewertete - Pfund  nicht zu gefährden. Mitte September 1992 erschien ein unautorisiertes Interview von Bundesbank-Präsident Schlesinger, in dem dieser andeutete, dass ein oder zwei EWS-Währungen demnächst unter Druck geraten könnten.

Seinen Ruhm begründete er mit dem 1969 von ihm zusammen mit Jim Rogers gegründeten Quantum Fonds.

Soros und seine Mitstreiter schlossen dabei messerscharf auf das Britische Pfund. Sie setzen hohe Geldsummen ein und wetteten auf eine Pfund-Abwertung. Dadurch kam das Pfund tatsächlich unter Druck. Die Bank von England versuchte, zunächst mit Stützungskäufen gegenzusteuern. Als das nichts half, reagierte sie am 16. September 1992 mit drastischen Zinserhöhungen - vergeblich. Am Ende dieses "Schwarzen Mittwochs" verkündete der britische Schatzkanzler das Ausscheiden des Pfunds aus dem EWS, was in den Folgewochen zu einer deutlichen Abwertung führte. Sie machte Soros um einige Milliarden reicher.

Reich mit Global-Macro-Strategien

Die gelungene Pfund-Wette ist in mancher Hinsicht typisch für Soros' Investment-Stil. Er folgt häufig sogenannten Global-Macro-Strategien - einem spekulativem Ansatz mit diversen Varianten, bei dem Fondsmanager versuchen, makroökonomisch bestimmte Markttrends frühzeitig zu erkennen und für sich auszunutzen. Dazu werden umfangreiche volkswirtschaftliche Analysen betrieben - auch unter Einbeziehung politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen. Auf der Basis der Erkenntnisse werden dann Handelsstrategien abgeleitet - zum Beispiel zur Spekulation für oder gegen eine bestimmte Währung.

Es muss aber keineswegs nur um Währungen gehen. Beliebt sind auch Rohstoff-, Staatsanleihen- oder Aktien-Spekulationen, hier bevorzugt in ganzen Märkten. Es ist charakteristisch für solche Strategien, dass sie keinem festen Schema folgen. Sie schlagen dort zu, wo sich eine Chance bietet. Im Falle des Pfundes erkannte Soros zutreffend, dass die britische Währung aus politischen Gründen im EWS über ihrem realen Wert definiert war und sich das auf Dauer schwer durchhalten ließ. Mit seiner Spekulation trat er genau den Beweis dafür an.

Auch Soros liegt mal daneben

Trotz ausgefeilter Analysen und des oft "richtigen Riechers" - nicht immer trifft Soros mit seinen Spekulationen ins Schwarze. 1994 versuchte er sich gegen den Japanischen Yen und musste dabei 700 Mio. Dollar Verluste einstecken. Seinem Ruf hat das aber nicht geschadet - und seinem Reichtum auch nicht. Für den Normal-Anleger sind solche Strategien Utopie. Er muss sich mit bescheideneren Größenordnungen begnügen, kann dafür vielleicht jedoch auch etwas ruhiger schlafen.

 

Ein Artikel von Thomas Vollkommer.