Kaufe, wenn die Kurse niedrig sind Der Sprüche-König Andre Kostolany
Auch fast 20 Jahre nach seinem Tod ist Andre Kostolany unvergessen. Börsen- und Finanzexperte, Spekulant, Journalist, Autor und Entertainer - der gebürtige Ungar und spätere US-Bürger hat auf viele Weisen von sich reden gemacht. Legendär sind bis heute seine in prägnanten Sprüchen zusammengefassten Börsenweisheiten, von denen "Hören Sie nicht auf Insider" nur einer von zahllosen ist.
Unter den namhaften Börsengurus ist Kostolany in gewissem Sinn der Schöngeist, was an seinem Werdegang liegen mag. Die Börse war ursprünglich nicht seine Profession. Kostolany wollte Kunstgeschichte und Philosophie studieren, wurde aber von seinem Vater - einem wohlhabenden Budapester Industriellen - zur Lehre bei einem französischen Börsenmakler gedrängt. In Paris sammelt er seine ersten Erfahrungen als Börsenspekulant.
Ein bewegtes Leben mit eher durchschnittlichem Börsenerfolg
Wegen seiner jüdischen Herkunft musste Kostolany im Zweiten Weltkrieg in die USA fliehen, wo er die amerikanische Staatsbürgerschaft erwarb und weiter im Börsengeschäft tätig war. Einige Jahre nach dem Krieg kehrte er nach Paris zurück, lebte aber auch in München und an der Cote d'Azur. In dieser Zeit bis zum Lebensende wirkte er vor allem als Börsen-Autor, Schriftsteller und Vortrags-Reisender. Das machte ihn schnell in weiten Kreisen bekannt und ist wohl der Grund dafür, warum seine Börsenweisheiten auch heute noch viel Beachtung finden. Dabei war Kostolany als Börsenakteur selbst eher mittelmäßig erfolgreich, auf jeden Fall nicht herausragend.
Bei der Frage, ob Kostolany die Börse mehr als Investor oder als Spekulant sah, muss man Letzteres klar bejahen. Er unterscheidet sich damit von anderen legendären Finanzakteuren wie zum Beispiel Warren Buffett. Dementsprechend interessierte er sich auch weniger für wirtschaftliche Hintergründe, tiefsinnige Analysen oder ausgefeilte Prognosen, ihm ging es mehr um das ständige Auf und Ab an den Börsen und dessen gewinnbringende Nutzung. Dabei dachte er allerdings nicht in nicht ganz kurzen Zeiträumen - so etwas wie Daytrading war seine Sache nicht. Kostolanys Anlageperspektive bewegte sich eher in Monats-, ggf. sogar Jahreshorizonten. Mit der modernen Finanztheorie hätte Kostolany auf Kriegsfuß gestanden. Er meinte, die Börse habe ihre eigene Logik, der man sich mit wissenschaftlichen Methoden nicht annähern könne.
Für Kostolany sind Kursentwicklungen immer durch Auf- und Abwärtstrends geprägt, die sich im Zeitablauf wiederholen.
Das Ei des Kostolany
Die Überzeugung, dass Börsenkurse grundsätzlich zyklisch verlaufen, prägte seine Anlage-Philosophie. Dies zeigt sich zum Beispiel in seinem Buch "Die Kunst über Geld nachzudenken". In ihm findet sich auch das Bild vom "Ei des Kostolany", das seine Gedanken sozusagen auf den Punkt bringt. Das "Ei" steht dabei für den Markt. Für Kostolany sind Kursentwicklungen immer durch Auf- und Abwärtstrends geprägt, die sich im Zeitablauf wiederholen. Die einfache Empfehlung lautet daher: Kaufe, wenn die Kurse niedrig sind, bevor ein Aufwärtstrend beginnt und verkaufe, wenn sie hoch stehen vor dem Abwärtstrend. Das bedeutet im Prinzip antizyklisches Handeln.
Jeder Trend lässt sich nach Kostolany durch drei Phasen kennzeichnen
- die Korrektur-Phase;
- den Stimmungsumschwung (= Trendwende)
- die Übertreibungs-Phase.
Übertreibungen sind für Kostolany typisch für das Börsengeschehen und führen - je nach Stimmungslage zu über-optimistischen oder -pessimistischen Bewertungen. Auf eine solche Phase folgt stets eine Korrektur in die Gegenrichtung mit einem sich ausbildenden Trend, der irgendwann wieder in Übertreibungen mündet, bis die Stimmung umschlägt und wieder eine Korrektur einsetzt. Für jede dieser Phasen im Auf- und Abwärtstrend entwickelt Kostolany Handlungsempfehlungen. Die Kunst besteht darin, die jeweilige Phase mit dem richtigen Zeitpunkt zum Ein- oder Ausstieg zutreffend zu erkennen.
Warum man Insidern nicht folgen sollte
Für Kostolany zählten diese "unbestechlichen" Gesetzmäßigkeiten des Marktes. Dagegen hielt er wenig davon, Aktien nur deshalb zu erwerben, weil sie von "Insidern" - dem Management des jeweiligen Unternehmens - gekauft werden. Solche Insider wüssten zwar um die Vorzüge ihres Unternehmens und dessen Möglichkeiten. Das habe aber mit dem Markt nichts zu tun. Auch seien Informationen über solche "Insider-Käufe" nicht immer neutral, sondern interessengeleitet. Eine "Insider-Strategie" mache daher aus seiner Sicht keinen Sinn. Im Gegenteil: man sollte Aktien, die von Insidern gekauft würden, gerade deswegen meiden.
Ein Artikel von Holger Scheve.