Das große Wahlkampf-Thema Wer soll die fehlenden Wohnungen bauen?

Eineinhalb Millionen Neubauwohnungen wollte die Bundesregierung bis Ende des Jahres fertiggestellt wissen – das Ziel wird klar verfehlt, mindestens 300.000 Wohnungen werden in der Bilanz fehlen. Die „Wohnraumoffensive“ von 2018 ist gescheitert, der nötige politische Druck fehlte offenbar.

Inzwischen gibt es zu Recht deutliche Kritik daran, dass das Thema "Bauen" lediglich im Innenministerium verantwortet wird - angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung wäre ein eigenes Ministerium für Wohnen und Bauen mehr als angemessen sagen viele Politikerinnen und Politiker, auf deren Wahlkampfagenda das Thema "bezahlbares Wohnen" immer weiter oben steht. Denn der Ton auf dem Immobilien- und Mietmarkt wird zunehmend rauer.

Der heftig umstrittene "Berliner Mietendeckel" machte gleich zweimal große Schlagzeilen: Bei seiner sogar international beachteten Einführung und dann, als der Bundesgerichtshof ihn im März für "nichtig" erklärte - wenn auch vor allem unter dem Hinweis, dass Berlin als Land einen solchen Eingriff die Eigentumsverhältnisse gar nicht hätte beschließen dürfen. Die Auswirkungen des "Mietendeckels" waren gravierend: Zwar stiegen die Mieten in den meisten Fällen nicht mehr, gleichzeitig wurden aber zahlreiche alte Wohnungen nicht mehr neu vermietet, denn: "Der Mietendeckel verhindert, dass Modernisierungen und Investitionen ausreichend finanziert werden können", hatte bereits vor Inkrafttreten der Berliner Regelung der "Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen" gewarnt und Recht behalten

Selbst die Wohnungsbaugenossenschaften hatten verzweifelt an die Berliner Politikerinnen und Politiker appelliert: "Die Wohnungsbaugenossenschaften in Berlin sind zutiefst enttäuscht, dass in Berlin ein Gesetz verabschiedet wurde, das ausgerechnet denen, die sozialverantwortlich wirtschaften und die nachweislich die niedrigsten Mieten in der Stadt haben, schadet und zudem den dringend benötigten Neubau verhindert". Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) versprach unmittelbar nach dem Aus für den Deckel: "Meine Devise heißt bauen, bauen, bauen!" Zunächst aber bezahlen die Mieter die Rechnung: Bei Mieten die "gedeckelt" wurden darf der Eigentümer nachfordern, allerdings verzichten viele Wohnungseigentümer freiwillig darauf.

Den Absichtserklärungen der Politiker wird von immer mehr Menschen offenbar nicht mehr geglaubt: Die Initiative "Deutsche Wohnen enteignen" sammelt in der Hauptstadt erfolgreich Unterschriften, um einen Volksentscheid zu erzwingen, mit dem die "Vergesellschaftung" von fast einer Viertel Millionen Wohnungen an der Spree eingeleitet werden soll. Diese Wohnungen gehören heute noch der Deutschen Wohnen, Vonovia und anderen großen Immobilieneigentümern. Alle Eigentümer mit mehr als 3.000 Wohnungen sollen ihre Objekte verlieren und entschädigt werden - wer diese Rechnung bezahlt und wer danach eine professionelle Verwaltung und Pflege der Wohnungen sicher stellen soll ist ebenso unklar wie die rechtlichen Aussichten eines eventuellen Volksentscheides.

Mangelware sind bezahlbare Wohnungen in den Großstädten schon länger, die Preise ziehen unaufhaltsam weiter an. Eine verstärkte Zusammenarbeit aus Immobilienunternehmen, die sich auf eine Region konzentrieren und sich in dieser hervorragend auskennen, aus Kommunen, Geldinstituten und aus Privatleuten könnte ein Mittel sein: Inhabergeführte Unternehmen wie Triamis spekulieren nicht kurzfristig mit Häusern, sondern entwickeln sie über viele Jahre behutsam weiter. So können auch "schwierige Objekte" wieder auf einen guten Stand gebracht werden, was sowohl für die Mieter als für die Rendite des Investors positive Auswirkungen hat. Immobilien-Investitionen müssen, so wie es manchmal in den Medien erscheint, keinesfalls gegen Mieter laufen oder gewachsene Quartiere und Stadtteile bedrohen, im Gegenteil: Zahllose Mehrfamilienhäuser, die "in die Jahre gekommen sind" hat die Triamisgruppe mit Engagement und Kompetenz wieder zu lebenswertem Wohnraum gemacht. Aber auch bei Sanierungen und Instandsetzungen könnten deutlich bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden!

So fordert die "Wohnraumoffensive 2.0" in einer Erklärung von 34 Verbänden und Organisationen der Bau- und Immobilienbranche (Januar 2021): "Bei Kernsanierungen, Nutzungsänderungen, Aufstockungen oder Erweiterungen von Altbauten und Ersatzneubauten (Neubau nach Abriss) entfällt der Bestandsschutz. Das Bündnis fordert neue Strategien und bauordnungsrechtliche Anpassungen, um Baumaßnahmen im Bestand zu ermöglichen und zu fördern. Hier seien auch Änderungen im Baurecht erforderlich - etwa in punkto Bebauungsdichte, Abstandsflächen, Stellplatznachweis, Brand- und Schallschutz".

"Günstige Wohnungen entstehen nur dann, wenn alle Stellschrauben für Investitionen in bezahlbares Bauen richtig eingestellt sind: Baukosten, Baulandpreise, Bauauflagen und mehr. Das ist aber überhaupt nicht der Fall, auch nach sieben Jahren Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen nicht", sagt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Es gäbe keine Entspannung für die Mieterinnen und Mieter insbesondere in den Städten, weil immer noch über 600.000 Wohnungen fehlen. Die Investitionsbedingungen für bezahlbaren Wohnungsbau seien weiterhin schlecht. Aber wenn am Wohnungsmarkt keine Entspannung absehbar ist - muss dann nach den Wahlen unter Umständen sogar mit einem bundesweiten Mietendeckel gerechnet werden?

Einen "Bundes-Mietendeckel" sieht der Immobilienrechtler Dr. Sven Wortberg in AssCompact nicht, denn: "Verfassungsrechtlich hoch problematisch wären insbesondere all die Vorschriften, die auf bereits bestehende Mietverträge einwirken und die vereinbarten Mieten absenken würden; diese würden mit Sicherheit rechtlich angegriffen werden. Die bestehenden Regelungen auf Bundesebene, die sogenannte Mietpreisbremse, sind im Grunde genommen der richtige Ansatz. Sie kranken aber daran, dass die Sanktionen unzureichend sind und die Vorschriften daher weitgehend ignoriert wurden". Anders als der "Mietendeckel" hat die bundesweit seit 2018 geltende "Mietpreisbremse" deutlich geringere negative Auswirkungen bei der Erhaltung und Aufwertung von Bestandsimmobilien, so das "Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung" im Auftrag des Bundesjustizministeriums.

Schnell preiswerteres Bauland ausweisen, Hürden bei der Sanierung von Bestandsimmobilien nehmen - mit diesen zwei sehr konkreten Vorschlägen wird sich die neue Bauministerin oder der neue Bauminister nach der Wahl schnell auseinandersetzen müssen, mit eher utopischen Ideen wie der "Vergesellschaftung" von Wohnungsunternehmen schon aus rechtlichen Gründen kaum. Aber welches Ministerium wird zuständig sein? Seit 1949 gab es ein Ministerium für die "Bauen und Planen". 1998 wurde das Bauwesen dann in das Verkehrsministerium eingegliedert, 2013 dem Bundesministerium für Umwelt übertragen, bevor das Ressort schließlich 2018 im Innenministerium landete.

"Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit!", hatte Teilzeit-Bauminister Horst Seehofer mehrfach betont und auch diese Aussage des Innenministers spricht dafür, dass es ab der nächsten Legislaturperiode wieder ein eigenes Bauministerium gibt. Für einen "Nebenjob" ist das Thema viel zu wichtig geworden.

 

Thomas Knedel ist Immobilienunternehmer und blickt auf mehr als 20 Jahre Erfahrung im Immobiliengeschäft zurück. Seit 2007 ist er Inhaber der Triamis Gruppe, einem Investment-Unternehmen. Sein Wissen gibt er in Büchern, Podcasts und Online-Kursen an zukünftige und bereits aktive Immobilieninvestoren weiter.