Die Sanierung bestehender Gebäude wird nicht ausreichend gefördert

Gebäudeeffizienz Druck gegen die grünen Regeln

Der europäische Wohnungsbau steht vor einer großen Herausforderung. Die EU will mit strengeren Gebäudeeffizienz-Regeln den Energieverbrauch von Neubauten und Bestandsgebäuden drastisch senken.

Doch die geplanten Vorgaben stoßen auf zunehmenden Widerstand – insbesondere von Bauwirtschaft, Immobilienverbänden und sozialen Trägern. Kritiker bemängeln, dass die neuen Regeln den Neubau erheblich verteuern, während die Sanierung bestehender Gebäude nicht ausreichend gefördert werde. Das führe nicht nur zu sozialen Verwerfungen, sondern konterkariere auch die eigentlichen Klimaziele.

Die neuen EU-Vorgaben für Gebäude

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Die Europäische Union verfolgt mit ihrem „Green Deal“ das Ziel, die CO₂-Emissionen in allen Bereichen drastisch zu senken. Ein zentraler Bestandteil dieser Strategie ist die Gebäudeeffizienz, da Gebäude in der EU für rund 40 % des Energieverbrauchs und etwa 36 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind.

Um diesen Sektor klimafreundlicher zu gestalten, hat die EU strengere Regeln beschlossen:

  • Neubauten müssen ab 2030 emissionsfrei sein – sie dürfen dann keine fossilen Brennstoffe mehr nutzen.
  • Bestehende Gebäude sollen bis 2050 auf Klimaneutralität saniert werden – dazu sind umfangreiche Dämmmaßnahmen, moderne Heiztechnologien und erneuerbare Energien notwendig.
  • Striktere Energieeffizienz-Standards für neue Gebäudeder sogenannte „Niedrigstenergie-Standard“ soll EU-weit zur Pflicht werden.
  • Verschärfte Sanierungspflichten für ältere Gebäude – besonders ineffiziente Häuser müssen schrittweise energetisch aufgerüstet werden.

Widerstand aus der Baubranche und der Immobilienwirtschaft

Während Klimaschützer die verschärften Regeln begrüßen, regt sich massiver Widerstand aus der Bau- und Immobilienwirtschaft. Die Kritikpunkte konzentrieren sich auf mehrere Aspekte:

1. Verteuerung des Wohnungsneubaus

Die neuen Anforderungen an Dämmung, Heiztechnik und Energieerzeugung treiben die Baukosten in die Höhe.

  • Materialkosten steigen durch strengere Normen – besonders nachhaltige Baustoffe sind oft teurer als herkömmliche Materialien.
  • Verschärfte Dämmstandards verteuern die Bauweise – moderne Isolierungen sind zwar effizient, aber auch kostspielig.
  • Energieautarke Neubauten benötigen teure Technik – Solaranlagen, Wärmepumpen und andere nachhaltige Systeme kosten in der Anschaffung erheblich mehr.

Diese Mehrkosten werden in vielen Fällen auf die Käufer oder Mieter umgelegt, was die ohnehin angespannte Wohnsituation in Europa weiter verschärfen könnte.

2. Benachteiligung von Bestandsgebäuden

Viele Experten kritisieren, dass die EU-Regeln den Schwerpunkt auf Neubauten legen, während ältere Gebäude weniger stark gefördert werden. Dabei liegt hier der eigentliche Hebel für eine klimafreundliche Transformation:

  • 80 % der heutigen Gebäude werden 2050 noch stehen – der Großteil des Energieverbrauchs entfällt also auf bestehende Häuser.
  • Sanierung ist oft komplizierter als Neubau – Altbauten haben häufig bauliche Besonderheiten, die eine energetische Aufrüstung schwierig machen.
  • Fehlende Förderungen erschweren die Umsetzung – Hauseigentümer müssen große Summen investieren, ohne ausreichende Unterstützung durch den Staat.

Kritiker bemängeln, dass die Fokussierung auf Neubauten dazu führt, dass ältere Gebäude weiterhin hohe Emissionen verursachen – und somit das eigentliche Klimaziel untergraben wird.

3. Sozialer Sprengstoff: Wohnraum wird noch teurer

Ein weiteres Problem der verschärften Bauvorschriften ist die soziale Dimension. Wohnen ist bereits jetzt in vielen Städten Europas kaum noch bezahlbar.

  • Höhere Baukosten führen zu steigenden Mieten – vor allem junge Familien und Geringverdiener werden dadurch benachteiligt.
  • Sanierungspflichten könnten Eigentümer finanziell überfordern – viele private Vermieter können die Investitionen nicht stemmen und müssen verkaufen.
  • Knappheit an günstigem Wohnraum verschärft sich weiter – Neubauten konzentrieren sich dann auf das Luxussegment, während günstige Wohnungen rar bleiben.

Verbände warnen, dass eine unbedachte Umsetzung der EU-Vorgaben zu sozialen Verwerfungen führen könnte – und damit genau das Gegenteil dessen bewirkt, was eigentlich angestrebt wird.

Die Reaktion der Politik – erste Nachbesserungen in Sicht?

Die EU hat sich mit den verschärften Gebäudeeffizienz-Regeln ambitionierte Klimaziele gesetzt."

Die zunehmende Kritik an den Gebäudeeffizienz-Regeln hat inzwischen auch die Politik erreicht. Mehrere Länder, darunter Deutschland und Frankreich, fordern eine Überarbeitung der Vorschriften.

  • Deutschland setzt sich für flexiblere Sanierungsvorgaben ein – der Fokus soll mehr auf Anreizen statt auf Zwangsmaßnahmen liegen.
  • Frankreich fordert Ausnahmen für bestimmte Altbauten – denkmalgeschützte Gebäude sollen von den strengsten Auflagen befreit werden.
  • EU-Kommission prüft Anpassungen der Förderpolitik – eine stärkere finanzielle Unterstützung für Sanierungen könnte helfen, die Maßnahmen sozial verträglicher zu gestalten.

Fazit: Eine unausgewogene Strategie mit hohem Konfliktpotenzial

Die EU hat sich mit den verschärften Gebäudeeffizienz-Regeln ambitionierte Klimaziele gesetzt. Doch die Umsetzung sorgt für erhebliche Probleme:

  • Die Baukosten steigen erheblich, was Wohnen weiter verteuert.
  • Neubauten werden bevorzugt, während Sanierungen unzureichend gefördert werden.
  • Soziale Verwerfungen drohen, da steigende Mieten einkommensschwache Haushalte besonders belasten.

Der zunehmende Druck auf die EU könnte dazu führen, dass die Regeln nachgebessert werden – entweder durch flexiblere Vorgaben oder durch stärkere staatliche Förderungen. Klar ist jedoch: Ohne eine bessere Balance zwischen Klimaschutz und sozialer Verträglichkeit könnten die neuen Bauvorschriften mehr Probleme verursachen, als sie lösen.

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