Draghi scheint einsichtiger zu werden Gibt es einen Wandel in der Geldpolitik?
EZB-Chef Mario Draghi steht aufgrund seiner ultralockeren Geldpolitik zunehmend unter Druck. Sparer, Versicherer und nationale Zentralbanken warten auf das Ende des niedrigen Leitzinses und des Anleihekaufprogramms. Noch verweist Draghi auf die unzureichende Inflation.
In vielen EU-Ländern verbessert sich die wirtschaftliche Situation langsam. Das Wachstum kommt wieder in Fahrt und die Inflationsrate näherte sich im April der von Draghi angepeilten Marke von zwei Prozent. Beobachter vermuten daher, dass der EZB-Präsident seine Geldpolitik nicht mehr lange aufrechterhalten kann. Die Europäische Zentralbank wird am achten Juni das nächste Mal über den Leitzins beraten und wahrscheinlich im September über den Ausstieg aus dem Anleihekaufprogramm diskutieren.
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Noch keine guten Nachrichten für Sparer
Vermutlich warten Sie ebenso auf ein Ende der minimalen Zinsen wie die Assekuranz und das Bankenwesen. Allerdings lässt sich der Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik nicht von heute auf morgen realisieren, er muss umsichtig vorgenommen werden und braucht seine Zeit. Ginge es nach Bundesbank-Chef Weidmann, hätte die Debatte um den Ausstieg bereits im April begonnen, doch die meisten EZB-Ratsmitglieder halten den September für realistischer.
Aus der Sicht von Jens Weidmann hat sich die Wirtschaft in der Eurozone in den letzten Monaten gefestigt und die EZB muss nun ihre Geldpolitik an die positiven Veränderungen anpassen. Bevor jedoch der Leitzins erhöht wird, sollen die Anleihekäufe schrittweise zurückgefahren werden.
Fünf Jahre Anleihekaufprogramm
Im Sommer 2012 beruhigte Mario Draghi die Finanzmärkte mit der Ankündigung, notfalls Staatsanleihen der Eurozone unbegrenzt anzukaufen. Angesichts nachlassender Turbulenzen an den Märkten musste der EZB-Chef seine Absicht nie umsetzen, die Anleihekäufe blieben auf monatlich 80 Milliarden Euro begrenzt. Im Frühjahr 2017 wurde die Summe auf 60 Milliarden Euro verringert und Beobachter rechnen im Juni mit weiteren Hinweisen auf einen langsamen Ausstieg.
Auch das Ifo-Institut mahnt im derzeitigen Aufschwung zu einem zeitnahen Ende der lockeren Geldpolitik. Die EZB müsse damit ihre Handlungsfähigkeit für den Fall einer aufziehenden Krise sicherstellen.
Es gibt also einen spürbaren Wandel in der EZB-Geldpolitik."
Steigende Leitzinsen erst ganz zum Schluss
Wie Mario Draghi in seiner letzten Rede verlauten ließ, werden die Zinsen noch einige Zeit niedrig bleiben. Der EZB-Chef befürchtet, dass der Markt auf einen abrupten Anstieg überzogen reagiert und damit die aufkeimende Wirtschaft abwürgt. Selbst bei weiterhin positiven Wirtschaftsdaten wird der Leitzins wohl erst Ende 2018 oder später steigen. Die EZB möchte sehr behutsam vorgehen und nimmt sich die Federal Reserve zum Vorbild.
Die amerikanische Zentralbank hatte nach dem Ende der dortigen Anleihekäufe zwei Jahre gewartet, bevor sie den Leitzins in kleinen Schritten anhob. Es gibt also einen spürbaren Wandel in der EZB-Geldpolitik, aber Sie werden sich in Bezug auf die Verzinsung Ihrer Bankeinlagen noch etwas gedulden müssen.