Die Schweizer Großbank UBS verschärft ihre Regeln für das hybride Arbeiten

Rückkehr zur Präsenz mit digitaler Disziplin Homeoffice mit Limit

Die Schweizer Großbank UBS verschärft ihre Regeln für das hybride Arbeiten. Ab sofort gelten weltweit einheitliche Vorgaben zur Präsenz im Büro – verbunden mit einem neuen Kontrollsystem, das die Einhaltung der Vorgaben überwacht.

Im Zentrum der Maßnahme steht ein sogenanntes „Hybrid Work Dashboard“, das auf granularer Datenbasis aufzeichnet, ob die Mitarbeitenden an den vorgesehenen Tagen im Büro erscheinen. Die Maßnahme markiert einen deutlichen Kurswechsel nach den eher liberalen Homeoffice-Regeln der letzten Jahre und ist Ausdruck eines wachsenden Strebens nach Struktur, Kontrolle und kultureller Kohärenz in der Post-Pandemie-Arbeitswelt.

Kern der neuen Regelung ist die verpflichtende Präsenz an mindestens drei Tagen pro Woche im Büro. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Wochenanfang und -ende: Mindestens ein dieser Präsenztage muss entweder auf einen Montag oder Freitag fallen. Damit will die UBS verhindern, dass Mitarbeitende ausschließlich in der Mitte der Woche vor Ort sind und das Büro an den Rändern der Woche verwaist. Die Botschaft ist klar: Hybrides Arbeiten ja – aber nicht zu Lasten von Teamkohäsion, Erreichbarkeit und Büropräsenzkultur.

Der digitale Blick ins Büro

Zur Durchsetzung dieser Vorgaben setzt die UBS auf ein digitales Dashboard, das auf Daten verschiedener Systeme zugreift – etwa Zugangskontrollen, Buchungstools für Schreibtische und Konferenzräume sowie Mitarbeiterausweise.

Das System erfasst anonymisiert, wie viele Tage eine Person im Büro war und ob die Mindestkriterien erfüllt wurden. Gleichzeitig ist ein „Puffertag“ eingeplant, der es erlaubt, kurzfristig von der Norm abzuweichen – etwa aus gesundheitlichen, familiären oder logistischen Gründen.

Doch auch dieser Spielraum ist limitiert.

Die Einführung des Dashboards ist Teil einer größeren internen Initiative zur Standardisierung von Arbeitsmodellen weltweit.

Während in der Vergangenheit einzelne Teams, Regionen oder Führungskräfte relativ frei über Präsenzregeln entscheiden konnten, will die Bank nun ein einheitlicheres Bild schaffen.

Die Maßnahme gilt ausdrücklich nicht nur für den Hauptsitz in Zürich, sondern für alle Standorte – von London über New York bis nach Hongkong.

Zwischen Vertrauen und Kontrolle

Die Entscheidung der UBS reflektiert einen fundamentalen Wandel im Verhältnis von Arbeitgebern zu hybriden Arbeitsmodellen. Während die Pandemie das Homeoffice quasi über Nacht zur Norm machte und viele Unternehmen sich bemühten, mit Vertrauen und Flexibilität zu reagieren, setzt sich nun zunehmend ein differenzierteres Bild durch. Viele Führungsetagen klagen über schwindende Teamidentität, sinkende Innovationskraft und eine zunehmende Fragmentierung der Unternehmenskultur – alles Faktoren, die sich schwer quantifizieren lassen, aber in der Summe als Risikofaktor gesehen werden.

Gleichzeitig zeigt sich, dass es einen Unterschied zwischen dem theoretischen Wunsch nach Autonomie und der praktischen Steuerbarkeit von Arbeitsprozessen gibt. Das neue Dashboard der UBS ist Ausdruck dieses Spannungsverhältnisses. Es basiert auf der Annahme, dass hybride Arbeit nicht nur Freiraum bedeutet, sondern auch Verbindlichkeit erfordert.

Die Bank betont, dass es sich nicht um ein „Überwachungstool“ im engeren Sinne handle. Vielmehr solle das System Führungskräften helfen, Präsenzmuster im Team besser zu verstehen, Unregelmäßigkeiten frühzeitig zu erkennen und im Dialog mit den Mitarbeitenden Lösungen zu finden. Dennoch bleibt das Spannungsfeld bestehen: Wo hört Transparenz auf – und wo beginnt Kontrolle?

Internationale Reaktionen und Signalwirkung

Mit dem neuen Kontrollsystem zur Büropräsenz gibt die UBS eine klare Richtung vor. Sie versucht, hybride Arbeit zu erhalten, ohne dabei die Kontrolle über kulturelle Kohärenz, Teamdynamik und Arbeitsdisziplin zu verlieren. Das neue Dashboard steht symbolisch für den Versuch, Flexibilität und Struktur miteinander zu verbinden – eine Gratwanderung, die nicht nur technologisch, sondern vor allem kulturell gelingen muss."

Die Maßnahme der UBS könnte eine Vorreiterrolle einnehmen – oder zumindest eine Debatte auslösen. In vielen internationalen Finanzhäusern wird derzeit intensiv über die Zukunft des hybriden Arbeitens diskutiert. Während einige Häuser wie JPMorgan oder Goldman Sachs bereits vor Jahren auf eine fast vollständige Rückkehr zur Büroarbeit gesetzt haben, halten andere Institute wie HSBC oder BNP Paribas an flexibleren Modellen fest. Die UBS positioniert sich nun in der Mitte: keine komplette Rückkehr, aber auch kein laissez-faires Homeoffice.

Diese Positionierung ist nicht zufällig. Die Bank durchläuft derzeit eine Phase tiefgreifender Integration nach der Übernahme der Credit Suisse. In einem solchen Transformationsprozess spielen interne Kohärenz, kulturelle Identität und physische Präsenz eine wichtige Rolle. Wer neue Prozesse etablieren, Schnittstellen harmonisieren und Vertrauen zwischen Teams aufbauen will, ist auf soziale Nähe angewiesen – und damit auch auf Präsenz.

Dass die Maßnahme global ausgerollt wird, ist daher auch ein Signal an die Belegschaft: Einheitlichkeit in der Struktur soll auch Einheitlichkeit im Verhalten erzeugen.

Mitarbeitende im Zwiespalt

Die Reaktionen unter den Mitarbeitenden sind gemischt. Während einige die neue Klarheit begrüßen und darauf hoffen, dass Büroarbeit dadurch planbarer und verbindlicher wird, äußern andere Bedenken. Vor allem in hochspezialisierten Rollen mit wenig Abstimmungsbedarf oder in Teams mit international verteilter Belegschaft wird der Nutzen regelmäßiger Büropräsenz in Frage gestellt.

Zudem fürchten einige Beschäftigte eine schleichende Rückkehr zur Präsenzpflicht durch die Hintertür – getarnt als Flexibilitätsmodell. Insbesondere Pendlerinnen und Pendler, Eltern kleiner Kinder oder Mitarbeitende mit gesundheitlichen Einschränkungen sehen das Dashboard mit Skepsis. Die Bank verweist in diesem Zusammenhang auf individuelle Härtefallregelungen, betont aber gleichzeitig die Erwartung eines „Minimum an physischer Präsenz“.

Ein Mittelweg wird gesucht – und bleibt doch konflikthaft.

Fazit: Strukturierter Freiraum oder schleichende Präsenzpflicht?

Mit dem neuen Kontrollsystem zur Büropräsenz gibt die UBS eine klare Richtung vor. Sie versucht, hybride Arbeit zu erhalten, ohne dabei die Kontrolle über kulturelle Kohärenz, Teamdynamik und Arbeitsdisziplin zu verlieren. Das neue Dashboard steht symbolisch für den Versuch, Flexibilität und Struktur miteinander zu verbinden – eine Gratwanderung, die nicht nur technologisch, sondern vor allem kulturell gelingen muss.

Ob sich das System bewährt, wird sich in den kommenden Monaten zeigen – nicht zuletzt daran, ob es als Unterstützung oder als Belastung empfunden wird. Klar ist: Die Arbeitswelt nach der Pandemie bleibt ein Experimentierfeld. Und Unternehmen wie die UBS stehen dabei im Fokus – als Gestalter, aber auch als Testfall für die neue Normalität.

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