Waghalsige Geldpolitik Japan als warnendes Beispiel für die EU
Bisher ist bei der EZB keine Kurswende in Sicht, Mario Draghi hält unbeirrt daran fest, mit Null- bzw. Negativzinsen und Anleihekäufen die Märkte mit Geld zu fluten. Mindestens bis Jahresende soll sich daran nichts ändern. Damit wird die Politik des billigen Geldes langsam aber sicher zu einem Dauerzustand. Welche negativen Folgen das haben kann, zeigt das Beispiel Japan.
Die japanische Zentralbank kann als weltweiter Vorreiter ultralockerer Geldpolitik bezeichnet werden. Bereits seit der Deflationsphase in den 1990er Jahren und lange vor der Finanzkrise begann sie mit einer Nullzinspolitik, die bis heute anhält. Ähnlich wie die EZB verfolgt Japans Zentralbank das Ziel, mit billigem Geld die Wirtschaft anzukurbeln und strebt eine Inflationsrate von zwei Prozent jährlich an. Das eigentlich Gewollte, mehr Wachstum für Japans Wirtschaft, wurde bis dato nicht erreicht. Auch die Inflationsrate verharrt nach wie vor nahe dem Nullpunkt. Dafür zeigen sich andere unerwünschte Nebenwirkungen.
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Mehr Ungleichheit und ungesunde Strukturen
Japans Geldpolitik ist dabei wie ein Versuchslabor, denn kaum ein anderes Land kann auf einen so langen Wirkungszeitraum zurückblicken. Eine Feststellung ist, dass das billige Geld die Schere zwischen Arm und Reich im Land vergrößert hat. Ähnlich wie bei uns hat die freie Liquidität die Aktienkurse in die Höhe getrieben. Profitiert davon haben vor allem Vermögende und Besserverdiener, weil diese sich seit jeher stärker an den Börsen engagieren als Normalverdiener.
Ein weiterer Negativeffekt hängt mit dem leichten Kreditzugang zusammen, der durch Niedrigstzinsen und viel "freies Geld" möglich wird. Dadurch erhalten auch Unternehmen Kredite, die in normalen Zeiten Probleme bei Finanzierungen hätten, weil sie unproduktiv sind und keine Gewinne erwirtschaften. Die lockere Geldpolitik wirkt in diesem Sinne als "lebensverlängernde Maßnahme" und verfestigt nicht-wettbewerbsfähige Strukturen. Eine gesunde Entwicklung sieht anders aus.
Den Beweis ihrer Wirksamkeit ist Japans Geldpolitik auch nach rund zwei Jahrzehnten schuldig geblieben."
Der Mittelstand leidet
Trotz des billigen Geldes halten sich die Banken auf der anderen Seite bei Krediten an kleine und mittlere Unternehmen zurück, weil die Zinssituation auf die Gewinne der Institute drückt und sich mit diesen Kreditvergaben nur wenig verdienen lässt. Während große Unternehmen sich günstig über den Kapitalmarkt refinanzieren können, sind kleine und mittlere Unternehmen auf die Bankfinanzierung angewiesen. Sie können derzeit aufgrund der restriktiven Kreditvergabe ihre Wachstumspotentiale nicht ausschöpfen, ihre Mitarbeiter verdienen weniger und erhalten geringere Lohnzuwächse. Reallohnerhöhungen waren in Japans Wirtschaft ohnehin zuletzt eine Ausnahmeerscheinung. Profitiert haben vor allem Beschäftigte in Exportindustrien - auch dies ein Moment der Ungleichverteilung.
Den Beweis ihrer Wirksamkeit ist Japans Geldpolitik auch nach rund zwei Jahrzehnten schuldig geblieben. Kein Wunder also, dass die Befürworter der derzeitigen EZB-Politik rar gesät sind. Wie lange will und kann die EZB gegen die Überzeugung des Marktes noch dem erfolglosen japanischen Beispiel folgen?
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