Seit die EZB die Zinsen nahe oder sogar unter Null hat sinken lassen, lohnt sich Sparen kaum noch

Bei Nullzinsen versagt die Theorie Niedrigzinsen führen zu weniger Ersparnis

Seit die EZB die Zinsen nahe oder sogar unter Null hat sinken lassen, lohnt sich Sparen kaum noch. Denn wer heute Geld für morgen zurücklegt, muss fast froh sein, wenn er gerade noch seine Ersparnis (nominal) erhalten kann. Man könnte nun erwarten, dass angesichts dieser tristen Aussichten die Sparneigung der Deutschen zurückgeht. Doch das ist nicht der Fall.

Die deutsche Sparquote liegt seit Jahren mit geringen Schwankungen in der Bandbreite zwischen neun und zehn Prozent des verfügbaren Einkommens. Sinkende Zinsen haben nur wenig Auswirkungen gezeigt. Dabei ist das gerade eine der Hoffnungen der EZB-Niedrigzinspolitik gewesen. Sie sollte Sparen weniger attraktiv machen und damit den Konsum anregen. Doch offensichtlich war das zu kurz gedacht. Wie lässt sich die scheinbar paradoxe Entwicklung erklären?

Gegenläufig: Substitutions- und Einkommenseffekt 

Tatsächlich wirken bei Änderungen des Zinsniveaus zwei - gegenläufige - Effekte: der Substitutionseffekt und der Einkommenseffekt:

  • Der Substitutionseffekt  beschreibt den klassischen Zusammenhang von Zinssatz und Sparen: Danach ist der Zins das Entgelt für heutigen Konsumverzicht. Je höher der Zins steigt, umso attraktiver wird es, in der Gegenwart aufs Geldausgeben zu verzichten und Ersparnisse für zukünftigen Konsum zu bilden. Denn nichts anderes bedeutet Sparen: heutiger Konsum wird durch zukünftigen Konsum ersetzt oder substituiert, daher: Substitutionseffekt. Im Umkehrschluss gilt: sinken die Zinsen, lohnt sich Sparen weniger und es findet mehr Konsum heute statt. 
  • Der Einkommenseffekt hängt unmittelbar mit den erzielbaren Einkünften aus Ersparnissen zusammen. Wenn die Zinsen sinken, gehen auch die Kapitalerträge entsprechend zurück. Oft sollen aber bestimmte Beträge für die Zukunft angesammelt werden (zum Beispiel für Zukunftsvorsorge, größere Anschaffungen oder als Notreserve). Um das gesetzte Sparziel zu erreichen, muss bei niedrigeren Zinsen mehr gespart werden. Der Einkommenseffekt wirkt daher dem Substitutionseffekt entgegen. 

Seit die EZB die Zinsen nahe oder sogar unter Null hat sinken lassen, lohnt sich Sparen kaum noch."

Meist überwiegt der Substitutionseffekt, aber nicht immer 

Im "Normalfall" überwiegt der Substitutionseffekt, sodass der vermutete klassische Zusammenhang zwischen Zinssatz und Ersparnis sich auch per saldo im Sparverhalten zeigt. Aber es gibt auch andere Konstellationen. Drei Ökonomen haben dies in einer neuen Untersuchung einmal umfassend analysiert, indem die Sparneigung in 135 Ländern weltweit im Zeitraum 1995 bis 2014 unter die Lupe genommen wurde. 

Dabei zeigte sich zwar meistens ein Überwiegen des Substitutionseffekts, der aber insgesamt schwächer ausgeprägt war als erwartet. Interessante Erkenntnis dabei: Wenn der Nominalzins besonders niedrig war, "schwächelte" der Substitutionseffekt besonders stark. Und bei Volkswirtschaften mit Überalterung der Bevölkerung oder deutlicheren Schwankungen des Bruttoinlandsproduktes trat der Einkommenseffekt sehr viel deutlicher hervor. Manches spricht dafür, dass wir uns gerade in einer solchen Konstellation befinden.

Grundsätzlich macht Sparen immer Sinn. Gerade die demographische Problematik in Deutschland sollte die Bürger animieren so viel als möglich zu sparen. Tipp: von jeder Gehaltserhöhung 50% auf die Seite sparen.

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