Deutliche Kapitalismus-Kritik Rente mit 40

Natürlich ist ausreichend Kapital notwendig, um eine lebenslange Rente in ausreichender Höhe beziehen zu können. Genau darin liegt aber der wesentliche Aspekt: Was ist ausreichend? Die FIRE-Bewegung gibt Antwort. Das Kürzel für Financial Independence, Retire Early steht nämlich für finanzielle Unabhängigkeit und frühe Rente. Ausgelöst wurde diese Bewegung insbesondere im Silicon Valley, wo die extrem gut bezahlten Programmierer Anfang der 2000er Jahre bereits im Alter von 30 Jahre im Prinzip ausgesorgt hatten. Jedenfalls für den Fall, dass sie sich im Ruhestand mit einem moderaten Leben zufrieden geben würden und im Gegenzug den Luxus der Freizeit und Freiheit genießen wollten.

Von dieser Idee sind zwischenzeitlich auch zahlreiche Menschen in Europa sowie Deutschland begeistert; FIRE-Anhänger organisieren sich in Lokalgruppen und treffen sich jährlich, betreiben spezielle Foren und Blogs. Da finden sich dann auch Anleitungen, wie sich dieses Lebenskonzept ohne den hochdotierten Job im Silicon Valley umsetzen lässt: Einige Jahre richtig ranklotzen, Geld in ETFs und Anleihen anlegen - und vor allem sparsam und unter Verzicht auf Konsum leben. Neue Kleidung oder Möbel - Fehlanzeige. 

Alternativen bieten Second-Hand-Läden und Trödelmärkte. Was hier ziemlich anstrengend klingt, wird von den FIRE-Anhängern aber als ganz normal hingenommen und ist doch eine ausgewachsene Kritik am herrschenden System. Ein kurzes Innehalten lohnt sich, um einen ehrlichen Blick auf unser Selbstverständnis zu werfen. 

Während FIRE die Rente als eine Art Belohnung ansieht, die am Ende eines Weges wartet und den Grundstein für ein frühzeitiges Aussteigen aus dem Erwerbsleben darstellt, arbeitet der Großteil der Bevölkerung selbstverständlich bis zum Renteneintritt, der sukzessive auf 67 ansteigt. Erheblich mehr als 20 Jahre später beginnt somit die ersehnte Freiheit - welcher Weg ist also wirklich anstrengend?