An die eigene Nase fassen Selbstüberschätzung vernichtet Werte
Selbstüberschätzung ist eine typisch menschliche Eigenschaft, die auch und gerade bei Spitzenmanagern zu finden ist. Wer sich selbst überschätzt, trifft häufiger Fehlentscheidungen und vernichtet Werte. Anleger verlieren dadurch unter Umständen Milliardensummen.
Grund genug, sich eingehender mit Selbstüberschätzung - auf Englisch: Overconfidence - zu befassen. Einige Forscher im Bereich von Behavioural Finance tun es. Unter Behavioural Finance wird ein verhaltenswissenschaftlicher Erklärungsansatz der Finanztheorie verstanden, der psychologische Phänomene und ihre Auswirkungen auf das Geschehen auf den Finanzmärkten näher untersucht.
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Selbstüberschätzung - Ich bin besser als die anderen
Allerdings wird Selbstüberschätzung nicht erst im Rahmen von Behavioural Finance wissenschaftlich analysiert. Es gibt zahlreiche Studien zu dem Thema - zum Teil bereits aus den 1970er Jahren. Sie zeigen plastisch typische Erscheinungsformen der Selbstüberschätzung. So glauben in unterschiedlichen Ländern jeweils 80 bis 90 Prozent der Autofahrer, besser zu fahren als der Durchschnitt.
Ebenso ist eine Mehrheit der Gefängnisinsassen davon überzeugt, bessere Menschen zu sein als Nichtinsassen - merkwürdig, warum man dann überhaupt im Gefängnis sitzt. Bei einer anderen Untersuchung unter College-Lehrern in den USA waren 90 Prozent der Befragten der Überzeugung, mehr zu leisten als ihre Kollegen. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Übernahmen aus Selbstüberschätzung oft ein Flop
Im Investment-Kontext zeigt sich Selbstüberschätzung oft im Zusammenhang mit Unternehmensübernahmen. Anders als öffentlich dargestellt sind solche Übernahmen nämlich vielfach Verlustbringer für die Aktionäre des übernehmenden Unternehmens. In einer Stichprobe unter 400 US-Firmen mit Übernahmevorgängen im Zeitraum 1980 bis 1994 wurde für die Aktionäre ein Vermögensschaden von insgesamt 4,4 Mrd. Euro ermittelt.
Es glauben in unterschiedlichen Ländern jeweils 80 bis 90 Prozent der Autofahrer, besser zu fahren als der Durchschnitt."
Fast die Hälfte davon - 2,15 Mrd. Euro - beruhte auf Manager-Selbstüberschätzung. Dabei zeigte sich auch, dass "overconfidente" Manager häufiger Unternehmensübernahmen vorantreiben. Im Investment-Verhalten agieren sie ebenfalls anders als der Schnitt: sie handeln öfter und mit größeren Volumina, weil sie sich (fälschlicherweise) zutrauen, den Markt zu schlagen.
Selbstüberschätzung erkennen
Und wie erkennt man als Aktionär Overconfidence? Ein Signal ist das Auftreten von Spitzenmanagern auf Hauptversammlungen. Sich selbst überschätzende Manager treten gerne mit Jubeldarstellungen vor die Aktionäre. Ein anderes Signal ist die Haltedauer von Aktienoptionen des gelenkten Unternehmens. "Overconfidente" Manager halten lange an ihren Optionen fest oder stocken sie sogar auf, weil sie auf sich selbst setzen statt Risikostreuung zu betreiben.
Autor: Reiner Braun, Braun Finanzberatung GmbH & Co. KG Bamberg, www.braun-finanzberatung.de