Bewegt sich endlich etwas? Steuerentlastung für Leistungsträger?
Selten waren die Zeiten für den deutschen Fiskus so erfreulich wie heute - dank guter wirtschaftlicher Lage und hoher Beschäftigung sprudeln die Steuereinnahmen auf Rekordniveau, gleichzeitig bringt Mario Draghis Niedrigzinspolitik Milliardenvorteile bei der Schuldenaufnahme. Da wäre es doch Zeit für eine Steuerentlastung, mag sich mancher Bürger denken.
Doch in der Politik ist Steuerentlastung bisher kein wirklich "heißes" Thema. Es melden sich zwar Stimmen, die weniger Steuern für Leistungsträger fordern, der Chor der Steuerforderungen ist aber ein gemischter. Je nach politischem Standpunkt gibt es genauso das Verlangen nach mehr Steuergerechtigkeit, Umverteilung und höherer Besteuerung der "Reichen" - bevorzugt vom linken politischen Spektrum. Nicht einmal in der Union ist eine durchgängige Befürwortung von Steuerentlastung zu erkennen. Und die FDP - einst als Steuersenkungspartei schlechthin profiliert - zeigt sich zurückhaltend, seit sie sich an dem Thema die Finger verbrannt hat. Außerdem muss sie erst einmal wieder auf die bundespolitische Bühne zurückfinden.
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Schäubles Pläne gegen kalte Progression
Immerhin - Bundesfinanzminister Schäuble denkt wohl über eine Steuerentlastung nach. Im Fokus seiner Überlegungen stehen "besserverdienende" Angestellte, Facharbeiter und sonstige Arbeitnehmer, die von der Steuerprogression besonders betroffen sind. Bereits ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 53.000 Euro ist jeder zusätzlich verdiente Euro mit dem steuerlichen Höchstsatz von 42 Prozent zu versteuern. Durch gestiegene Einkommen nähern sich immer mehr Beschäftigte dieser "kritischen" Grenze. Schäuble will diese Grenze deutlich anheben.
Was einst als steuergerechte Lösung für Bestverdiener gedacht war, erfasst zunehmend die Mittelschicht. Wie sehr sich die Besteuerung im Zeitablauf verschoben hat, zeigt ein Langfristvergleich. Während man 1960 noch das Achtzehnfache des Durchschnittseinkommens verdienen musste, um die Spitzenbesteuerung zu erreichen, greift der Spitzensteuersatz heute bereits beim 1,6fachen des Durchschnittsverdienstes. Die Zeit für eine Reform scheint also überfällig, zumal die Belastung von alleinstehenden Arbeitnehmern mit Steuern und Abgaben in Deutschland ohnehin nicht gering ist. Sie liegt bei rund 50 Prozent - den Bruttoverdienst plus Arbeitgeber-Sozialbeiträge zugrundegelegt. Eltern mit Kindern kommen dank Freibeträgen und Kindergeld immerhin noch auf 34 Prozent.
Bundesfinanzminister Schäuble denkt wohl über eine Steuerentlastung nach."
Am Ende ein Nullsummenspiel?
Je näher die Bundestagswahl rückt, umso stärker dürften Steuerthemen in der politischen Diskussion wieder im Vordergrund stehen. Was am Schluss dabei herauskommt, hängt entscheidend vom Wahlergebnis und der sich dann ergebenden Konstellation ab. Bei einem Punkt besteht allerdings wenig Hoffnung. Kapitalanleger - die ebenfalls zum Gutteil der leistungstragenden Mittelschicht angehören - müssen sich auf die Abschaffung der Abgeltungsteuer einstellen. Selbst der Bundesfinanzminister kann sich für ein solches Vorhaben erwärmen. Steuerentlastung auf der einen Seite - Steuerbelastung auf der anderen. Es könnte ein Nullsummenspiel werden.