Finanzlexikon Thematische ETFs
Megatrends, Nischen und die Gefahr von Mode-Investments
Während klassische ETFs breite Indizes wie den S&P 500 oder den MSCI World abbilden, hat sich in den vergangenen Jahren eine neue Gattung entwickelt: thematische ETFs. Sie versprechen Anlegern die Chance, gezielt an Zukunftstrends teilzuhaben – von Künstlicher Intelligenz über Wasserstoff bis hin zu Cybersecurity oder Nachhaltigkeit. Der Reiz ist groß: Statt den „ganzen Markt“ zu kaufen, setzen Investoren mit einem thematischen ETF auf die Gewinner von morgen. Doch wie attraktiv sind diese Produkte wirklich, und wo lauern Gefahren?
1. Die Logik hinter thematischen ETFs
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Thematische ETFs sind darauf ausgerichtet, Megatrends und bestimmte Sektoren abzubilden, die langfristig überdurchschnittliches Wachstum versprechen.
Dazu zählen Digitalisierung, erneuerbare Energien, Biotechnologie oder Infrastruktur.
Anleger kaufen also nicht mehr nur den Markt, sondern eine Geschichte:
Die Zukunft der Mobilität, die Energiewende, den medizinischen Fortschritt oder die Datenökonomie.
Der Erfolg solcher Produkte hängt weniger von einer klassischen Marktlogik ab, sondern von der Überzeugung, dass ein spezifisches Thema in den kommenden Jahren oder Jahrzehnten stärker wachsen wird als der Durchschnitt.
2. Chancen für Anleger
Thematische ETFs bieten eine Reihe von Vorteilen. Sie eröffnen Zugang zu Märkten, die in breiten Indizes nur unterrepräsentiert enthalten sind. Wer etwa in Wasserstofftechnologien oder Robotik investieren möchte, findet in traditionellen Indizes kaum direkte Möglichkeiten. Zudem sind sie transparent und oft global ausgerichtet – ein ETF auf Künstliche Intelligenz enthält beispielsweise Unternehmen aus den USA, Europa und Asien.
Für Anleger sind thematische ETFs auch ein emotionaler Anker: Man investiert nicht nur in eine Zahl oder ein Konstrukt, sondern in eine Vision, die mit persönlichen Überzeugungen oder Interessen übereinstimmt.
3. Die Gefahr der Mode-Investments
Gerade dieser emotionale Reiz birgt Risiken. Thematische ETFs entstehen oft dort, wo ein Trend in aller Munde ist und Anleger großes Potenzial erwarten. Häufig geschieht dies jedoch erst, nachdem die Kurse bereits stark gestiegen sind. Anleger kaufen dann teuer ein und erleben, dass die Realität den hohen Erwartungen nicht gerecht wird.
Ein Beispiel war der Boom von Clean-Energy-ETFs rund um 2020 und 2021: Während politische Debatten und öffentliche Aufmerksamkeit den Trend befeuerten, brachen viele der enthaltenen Titel in den Folgejahren stark ein. Ähnlich verhält es sich mit Nischenbereichen wie Cannabis oder Wasserstoff, die zwar Zukunftspotenzial haben, aber aktuell hoch spekulativ bleiben.
4. Strukturelle Probleme thematischer Indizes
Thematische ETFs sind Ausdruck einer neuen Phase des passiven Investierens: weg vom reinen Marktabbild, hin zu gezielten Zukunftswetten. Sie bieten Chancen, an globalen Megatrends teilzuhaben, sind aber anfällig für Übertreibungen und Hypes."
Viele thematische Indizes sind schmal aufgestellt. Während der MSCI World über 1.500 Titel umfasst, bestehen Themenindizes oft nur aus 20 bis 50 Unternehmen. Das Risiko von Klumpeneffekten ist entsprechend hoch.
Zudem fehlt es häufig an klaren, einheitlichen Kriterien. Was genau zählt als „Künstliche Intelligenz“ oder „Nachhaltigkeit“? Die Auswahlmethoden sind oft wenig transparent. Anleger kaufen damit nicht unbedingt die „besten“ Zukunftsunternehmen, sondern die Firmen, die in ein bestimmtes Konstrukt passen.
5. Langfristige Perspektive oder kurzfristiger Hype?
Thematische ETFs können sinnvoll sein, wenn sie als Ergänzung in einem Portfolio genutzt werden – als Beimischung zu einem breit gestreuten Basisinvestment. Wer jedoch sein gesamtes Vermögen auf wenige Trendthemen konzentriert, geht ein hohes Risiko ein.
Die entscheidende Frage lautet: Handelt es sich wirklich um einen strukturellen Megatrend mit langfristigem Potenzial – oder um ein Modethema, das in einigen Jahren wieder verschwunden ist? Anleger müssen sich bewusst sein, dass Renditechancen und Risiken hier weit stärker schwanken als bei klassischen Marktindizes.
6. Fazit
Thematische ETFs sind Ausdruck einer neuen Phase des passiven Investierens: weg vom reinen Marktabbild, hin zu gezielten Zukunftswetten. Sie bieten Chancen, an globalen Megatrends teilzuhaben, sind aber anfällig für Übertreibungen und Hypes. Wer sie nutzt, sollte sie nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung verstehen – und darauf achten, dass das Basisportfolio breit diversifiziert bleibt.
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