Tiefe strukturelle Krise Volkswagen, Traditionskonzern ruiniert?
Es ist ein Abstieg, der in Etappen kam, aber nun kaum noch zu übersehen ist: Der Volkswagen-Konzern, einst das Aushängeschild deutscher Ingenieurskunst und Symbol nationaler Industriekraft, steckt in einer tiefen strukturellen Krise. Der Aktienkurs befindet sich im Sinkflug, Investoren wenden sich ab, interne Reformen greifen kaum – und die Stimmung im Unternehmen ist angespannt bis resigniert.
Was als Reaktion auf einzelne Herausforderungen begann – vom Dieselskandal bis zur Transformation in Richtung Elektromobilität – entwickelt sich immer mehr zu einer chronischen Schwächephase. Heute wirkt VW oft wie ein Gigant ohne Richtung, gefangen zwischen überambitionierter Strategie, operativer Trägheit und einer Führungsstruktur, die eher auf Machterhalt als auf Innovation ausgerichtet scheint.
Vertrauen verspielt – Investoren kehren dem Konzern den Rücken
Der Niedergang lässt sich kaum deutlicher ablesen als an der Börse. Die Aktie von Volkswagen hat binnen weniger Jahre einen Großteil ihres Wertes verloren. Von einstigen Kurszielen, die den Konzern als „Tech-Player“ neben Tesla und Apple sahen, ist nichts geblieben.
Stattdessen herrscht Ratlosigkeit bei den Anlegern. Die wiederholten Ankündigungen großer Visionen – von „Power Day“ bis „Mission T“ – verpuffen wirkungslos, weil ihnen kaum konkrete Fortschritte und transparente Ergebnisse folgen.
Zugleich bleibt der Konzern intransparent und schwer steuerbar. Die komplexe Eigentümerstruktur mit starken Einflussnahmen aus Niedersachsen und dem Porsche-Piëch-Clan sorgt immer wieder dafür, dass strategische Entscheidungen verwässert oder verzögert werden. Für Kapitalmärkte, die Klarheit und Planbarkeit schätzen, ist das ein rotes Tuch.
Stellenabbau statt Aufbruch: Der Preis jahrelanger Versäumnisse
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Während sich andere Autobauer agil neu aufstellen, reagiert Volkswagen mit einem Sanierungsprogramm alter Schule: Es drohen bis zu 30.000 Stellenstreichungen, vor allem in der Verwaltung und den deutschen Werken.
Das ist nicht nur sozial brisant, sondern auch ein Eingeständnis, dass der Konzern die nötige Modernisierung zu lange hinausgezögert hat.
Die internen Strukturen gelten als schwerfällig, die Entscheidungsprozesse als überreguliert. Innovationen, etwa bei Softwarelösungen oder digitalen Plattformen, scheitern regelmäßig an der eigenen Komplexität.
Die Software-Tochter Cariad – ursprünglich als Hoffnungsträger gestartet – hat Milliarden verschlungen und enttäuschende Ergebnisse geliefert.
Hinzu kommt, dass die Produktpalette zwar auf Elektromobilität umgestellt wird, doch technologisch hinter der Konkurrenz zurückliegt.
Modelle wie der ID.4 oder ID. Buzz erreichen bei Weitem nicht die Begeisterung, die einstige Klassiker wie der Golf oder der Passat auslösten.
Tesla, BYD und andere Wettbewerber haben nicht nur effizientere Technik, sondern auch die dynamischere Markenwirkung.
Milliardenrisiken am Horizont – Rechtsstreitigkeiten und Strafzahlungen
Wenn das Unternehmen weiter in alten Strukturen verharrt, droht es, in einem Markt mit wachsendem Tempo den Anschluss vollends zu verlieren. Noch aber wäre der Kurswechsel möglich – mit klaren Entscheidungen, echter Innovationskultur und dem Mut, sich neu zu erfinden."
Als wäre die operative Krise nicht genug, holt Volkswagen auch die Vergangenheit wieder ein. Der Dieselskandal ist noch immer nicht vollständig abgearbeitet. In den USA, Kanada und verschiedenen europäischen Ländern laufen nach wie vor Klagen, die sich in Milliardenhöhe summieren könnten.
Auch neue Verfahren, etwa im Zusammenhang mit mutmaßlich manipulierter CO₂-Zertifizierung oder Kartellabsprachen, werfen dunkle Schatten. Jedes neue Verfahren bedeutet nicht nur finanzielle Risiken, sondern erneute Imageverluste, die in einem global hart umkämpften Markt doppelt wiegen.
Die Folge: Das Vertrauen ist nicht nur bei Investoren und Kunden erschüttert, sondern auch intern. Mitarbeitende berichten von Unsicherheit, wachsender Unzufriedenheit und einer zunehmend fragilen Unternehmenskultur, die von Umstrukturierungen und Sparvorgaben dominiert wird.
Wie man einen Konzern systematisch schwächt
Die Misere bei Volkswagen lässt sich nicht allein auf äußere Faktoren schieben. Vielmehr ist sie das Ergebnis einer Jahrelangen Mischung aus strategischem Zickzackkurs, interner Machtpolitik und Mutlosigkeit.
Statt sich mutig von überkommenen Strukturen zu lösen, klammert sich der Konzern an alte Muster:
- Zu viele Marken, zu wenig Fokus: Vom Luxussegment bis zur Mittelklasse ist alles vertreten, doch Synergien bleiben aus.
- Zentrale Kontrolle statt unternehmerischer Freiheiten: Regionale Einheiten und Tochtermarken werden oft ausgebremst.
- Ambitionierte Ankündigungen – schwache Umsetzung: Von der Softwareplattform über die Gigafactorys bis zum autonomen Fahren bleibt vieles Stückwerk.
Währenddessen gelingt es Wettbewerbern wie Stellantis oder Hyundai, agiler zu operieren, neue Partnerschaften zu schmieden und sich technologische Vorsprünge zu sichern – ohne das historische Gewicht eines Konzerns wie Volkswagen mit sich zu schleppen.
Fazit: Ein Traditionskonzern im Überlebenskampf
Volkswagen steht nicht nur vor der Herausforderung der Transformation – es steht am Scheideweg seiner Identität. Jahrzehntelang galt der Konzern als Inbegriff deutscher Industrie – stabil, verlässlich, weltweit führend. Heute kämpft er um seine Rolle, sein Ansehen und seine wirtschaftliche Relevanz.
Der Aktienkurs ist nur ein Symptom. Viel gravierender ist die Frage, ob es Volkswagen gelingt, sich von innen heraus zu erneuern – jenseits von PR-Initiativen, Restrukturierungsplänen und politischem Druck.
Die Frage bleibt: Will Volkswagen diese Herausforderung annehmen? Oder wird es das teuerste Beispiel dafür, wie man einen Traditionskonzern systematisch ruiniert?

Ich glaube, dass Menschen, die sich ihrer Ziele und Werte bewusst werden, sorgenfreier leben.