Ifo-Präsident Fuest Abschaffung des Elterngeldes
Die angespannte Haushaltslage in Deutschland führt zu einer intensiven Debatte über den Abbau von Subventionen. Im Zentrum der Diskussion steht unter anderem das Elterngeld – eine Leistung, die Familien nach der Geburt eines Kindes finanziell unterstützt.
Ifo-Präsident Clemens Fuest plädiert für eine vollständige Abschaffung dieser staatlichen Unterstützung. Seiner Meinung nach handelt es sich um einen „klassischen Fall von nice-to-have“ – also eine Leistung, die nicht zwingend notwendig sei. Doch wie begründet Fuest seine Forderung? Und welche Konsequenzen hätte eine Abschaffung des Elterngeldes für Familien und die Gesellschaft?
Elterngeld: Ein Überblick über die Leistung
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Das Elterngeld wurde 2007 eingeführt und hat das Ziel, Eltern nach der Geburt ihres Kindes finanziell zu unterstützen. Die Kernpunkte der Regelung:
- Einkommensabhängige Zahlung: Eltern erhalten je nach vorherigem Einkommen zwischen 65 und 100 Prozent ihres Nettogehalts – maximal jedoch 1.800 Euro pro Monat.
- Bezugsdauer: Das Basiselterngeld kann bis zu 12 Monate (bzw. 14 Monate, wenn beide Elternteile es in Anspruch nehmen) gezahlt werden. Daneben gibt es das ElterngeldPlus und den Partnerschaftsbonus, die längere, aber reduzierte Zahlungen ermöglichen.
- Zielgruppe: Die Leistung richtet sich an alle Eltern mit einem Einkommen von unter 300.000 Euro pro Jahr (bei Paaren) bzw. unter 150.000 Euro (bei Alleinerziehenden).
Das Elterngeld sollte ursprünglich dazu beitragen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern und Väter stärker in die Kinderbetreuung einzubinden.
Warum fordert Clemens Fuest die Abschaffung des Elterngeldes?
Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, argumentiert, dass das Elterngeld in der aktuellen wirtschaftlichen Situation kein unverzichtbares Instrument sei. Seine Hauptargumente:
- Hohe Haushaltsbelastung durch Subventionen: Angesichts der angespannten Finanzlage müsse der Staat Prioritäten setzen. Das Elterngeld sei eine freiwillige Sozialleistung, die keine existenzielle Notwendigkeit habe.
- Frage der Bedürftigkeit: Fuest stellt infrage, ob wirklich alle Empfänger des Elterngeldes auf diese Unterstützung angewiesen sind. Besonders bei Familien mit gutem Einkommen sei fraglich, ob staatliche Zuschüsse notwendig sind.
- Effizienz der Maßnahme fraglich: Die ursprüngliche Intention des Elterngeldes – die Erhöhung der Geburtenrate und die stärkere Beteiligung von Vätern an der Kinderbetreuung – sei in der Praxis nicht eindeutig nachweisbar.
- Statt Subventionen: Mehr Investitionen in Kinderbetreuung: Fuest schlägt vor, anstelle des Elterngeldes mehr Mittel in den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen und Ganztagsschulen zu investieren. Damit könnten Eltern schneller wieder in den Beruf einsteigen, was langfristig wirtschaftlich sinnvoller sei.
Seine Position stößt jedoch auf heftige Kritik, insbesondere von Sozialverbänden und Familienorganisationen.
Welche Folgen hätte eine Abschaffung des Elterngeldes?
Eine vollständige Abschaffung erscheint angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung des Elterngeldes unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist eine Reform, die die Bedürftigkeit stärker berücksichtigt oder die Leistung in ihrer jetzigen Form einschränkt. Die politische Diskussion wird zeigen, welchen Stellenwert die Unterstützung junger Familien in der Finanzpolitik künftig haben wird."
Die Abschaffung des Elterngeldes hätte tiefgreifende Auswirkungen auf Familien, den Arbeitsmarkt und die gesellschaftliche Entwicklung.
1. Auswirkungen auf Familien
- Finanzielle Unsicherheit für junge Eltern: Das Elterngeld ist für viele Familien ein wichtiges finanzielles Polster nach der Geburt eines Kindes. Besonders Alleinerziehende und Familien mit mittlerem Einkommen könnten unter einer Abschaffung leiden.
- Möglicher Rückgang der Geburtenrate: Da finanzielle Sicherheit ein wichtiger Faktor für die Familienplanung ist, könnte der Wegfall des Elterngeldes dazu führen, dass weniger Kinder geboren werden – ein Problem angesichts der demografischen Entwicklung Deutschlands.
2. Folgen für den Arbeitsmarkt
- Weniger Flexibilität beim Wiedereinstieg in den Beruf: Ohne finanzielle Unterstützung wären viele Eltern gezwungen, schneller wieder in den Job zurückzukehren – oft unter erschwerten Bedingungen, da Betreuungsplätze nicht immer verfügbar sind.
- Weniger Beteiligung von Vätern an der Kinderbetreuung: Das Elterngeld hat dazu beigetragen, dass mehr Väter eine aktive Rolle in der Erziehung übernehmen. Fällt die finanzielle Unterstützung weg, könnten alte Rollenmuster wieder stärker greifen.
3. Soziale und gesellschaftliche Konsequenzen
- Ungleichheit zwischen einkommensstarken und einkommensschwachen Familien: Während finanziell gut situierte Familien den Wegfall des Elterngeldes verkraften könnten, wären ärmere Haushalte stärker betroffen. Dies könnte die soziale Ungleichheit verschärfen.
- Mögliche höhere Kosten für den Staat an anderer Stelle: Studien zeigen, dass gut unterstützte Familien langfristig produktiver sind und weniger auf staatliche Hilfen angewiesen sind. Eine Kürzung des Elterngeldes könnte daher an anderer Stelle zu höheren Ausgaben führen – etwa durch steigende Sozialhilfeansprüche.
Kompromisslösungen: Reform statt Abschaffung?
Während Clemens Fuest eine vollständige Streichung des Elterngeldes fordert, gibt es auch andere Vorschläge für eine Reform:
- Einkommensgrenzen weiter senken: Eine Möglichkeit wäre, das Elterngeld nur noch für Familien mit niedrigem oder mittlerem Einkommen zu zahlen, um die Bedürftigkeit stärker zu berücksichtigen.
- Kürzung der Bezugsdauer: Statt einer kompletten Abschaffung könnte die Bezugsdauer auf ein kürzeres Zeitfenster begrenzt werden.
- Steuerliche Förderung statt Direktzahlung: Eine Alternative wäre eine steuerliche Entlastung für Familien mit kleinen Kindern anstelle einer direkten Zahlung durch den Staat.
Fazit: Eine umstrittene Forderung mit weitreichenden Folgen
Die Forderung von Ifo-Präsident Clemens Fuest, das Elterngeld abzuschaffen, hat eine hitzige Debatte ausgelöst. Während Befürworter argumentieren, dass die Maßnahme angesichts der Haushaltslage verzichtbar sei, warnen Kritiker vor den sozialen und wirtschaftlichen Folgen für Familien.
Freiräume schaffen für ein gutes Leben.