Immer wieder Krypto Beißt sich Bitcoin durch?

Totgesagte leben länger. Selten galt das in der Finanzwelt so sehr wie für den Bitcoin. Doch ist er mittlerweile wirklich über den Berg?

Hat der Bitcoin wirklich Zukunft? das fragten wir erst im Dezember 2017 und sahen, basierend auf den Erfahrungen, die man durch ein Leben als Finanzexperte nun mal bekommt, alle schlechten Zeichen für eine Blase gegeben. Und es bestätigte sich: Nach einem absoluten High Mitte Dezember krachte die wohl bekannteste Kryptowährung bis Anfang Februar von über 15.000 Euro auf gut 5000 Euro durch. Allerdings hat sich die Währung seitdem weitestgehend stabilisiert. Und vor allem sind es nicht nur die seit einem Dreivierteljahr relativ stabilen Kurse, die Anlass zur Hoffnung geben; viel mehr sind es die steigenden Möglichkeiten, die noch vor wenigen Jahren relativ schlecht nutzbaren Bitcoins tatsächlich als Transaktionsmedium zu verwenden. Daher lassen die folgenden Beispiele sich durchaus recht hoffnungsvoll interpretieren.

1. Beispiel Rakuten

Der japanische E-Commerce-Gigant spielt in diesem Reigen die vielleicht traditionellste Rolle. Denn die Onlineplattform ist in Sachen Bitcoin de facto schon seit 2014 dabei. Damals begann es zunächst damit, dass das Tochterunternehmen Rakuten Super Logistics die Kryptowährung akzeptierte – Experten vermuteten damals, dass das eine Art Testballon war. Und der flog so gut, dass Rakuten sich ein Jahr später dazu entschloss, die Bitcoin-Schranke auch auf ihrem Kernportal zu heben und es dort via dem Dienstleister Bitnet als Zahlungsmöglichkeit zu offerieren. Zunächst auf der Dotcom-Webseite, später auch auf anderen nationalen Portalen.

Dabei ist es nicht nur die schiere Größe von Rakuten, die ein positives Bild für den Bitcoin zeichnet – das Portal gehört zu den zehn größten E-Commerce-Unternehmen der Welt. Es ist die Tatsache, dass die Konzernleitung nicht einfach nur den Coin zum Zahlungsmittel erhob und es dabei beließ, sondern aktiv fördert. Jüngstes Beispiel: Rakuten übernimmt derzeit die Plattform everybody’s bitcoin Inc.für 2,4 Millionen Dollar. 

Allerdings: Der große Konkurrent Amazon scheint eine gänzlich andere Sicht auf den Bitcoin im Speziellen und Kryptowährungen im Allgemeinen zu haben. Nicht nur, dass sich bisher sämtliche Spekulationen, wonach der US-Riese das Zahlungsmittel ebenfalls bald akzeptieren könnte, als falsch erwiesen. Erst im Frühjahr meldete Amazon Technologies ein Patent an, um die als extrem anonym geltenden Kryptowährungen einzelnen Personen zuordnen zu können – mit dem erklärten Ziel, sie u.a. an Behörden verkaufen zu können. 

2. Beispiel Casinos

Anzug- und Krawattenzwang, verschwiegene Croupiers, gediegene, teppichgedämpfte Atmosphäre: Mit Casinos verbindet man in der Regel ein äußerst konventionelles Gebaren – zu dem etwas so Neumodisches wie der Bitcoin nicht wirklich passen will. Ja, das stimmt. In klassischen Casinos entsprechen die Zahlungsweisen meistens der gesamten Ausrichtung: Nüchtern, klassisch, bar – höchstens noch mit Karte. Aber auch nur, um das Geld in Jetons einzutauschen.

Allerdings wandeln sich auch für Casinos die Zeiten und die Online-Konkurrenz ist groß. Und hier ist es eine Tatsache, dass die Branche, schon aufgrund der Art und Weise dieser Spielwelt im Internet, neuen, unkonventionellen Payment-Methoden gegenüber immer weitaus aufgeschlossener war, als es die Offline-Konkurrenz ist.Wer jetzt gewinnt, will seine Gewinne nicht erst in einigen Tagen auf dem Konto verbucht haben. Da verwundert es auch nicht, dass viele nicht nur einen ganzen Strauß an typischen Online-Offline-Zahlungen ermöglichen, sondern eine steigende Zahl an Casinos auch ganz gezielt Bitcoins bzw. andere Kryptowährungen als Ein- und Auszahlungsmittel annehmen und offerieren.

Das hat nicht einmal nur etwas damit zu tun, den Kunden möglichst viele Möglichkeiten anzubieten. Viel mehr passt die Bitcoin-Natur hervorragend zur geschäftlichen Ausrichtung: Sie ist ohne Zeitverzug zu überweisen, ist unabhängig von Kreditunternehmen und vor allem noch enorm anonym. Ein Dreiklang, den praktisch keine andere Zahlungsform bietet.

3. Beispiel Handwerker

Die bisherigen beiden Beispiele zeugten vor allem davon, dass sich der Bitcoin bzw. seine vielen Nachkommen als Online-Zahlungsmedium eignen. Es erscheint einfach zu verlockend, eine Währung, die nur digital besteht, auch nur im digitalen Umfeld einzusetzen. Doch es sind vielleicht Menschen wie der Dachdecker Manuel Krämer, die zeigen, dass Coins auf dem besten Weg in den Alltag „normaler“ Menschen sind, die sich nicht viel mit Kursen, mit Anlage, ja vielleicht noch nicht einmal mit der digitalen Welt beschäftigen.

Es erscheint verlockend, eine Währung, die nur digital besteht, auch nur im digitalen Umfeld einzusetzen."

Manuel Krämer entschied sich, Anfang 2018 eine Vorreiterrolle anzunehmen und seine handwerklichen Leistungen auch gegen Bitcoins anzubieten. In Deutschland ist er damit noch alleine auf weiter Flur. Doch schon von der Theorie her ist es einfach sinnig. Abermals wegen der Zahlungsgeschwindigkeit und der Anonymität. Doch vor allem deshalb, weil es eine der wenigen Möglichkeiten (einmal abgesehen von klassischem Tauschhandel) ist, eine Dienstleistung entkoppelt von den von vielen mittlerweile so kritisch angesehenen klassischen Finanzsystemen zu bezahlen.

4. Beispiel Arnheim

Manuel Krämers Beispiel ist ein Positives. Allerdings ist man in den Niederlanden schon ein gutes Stück weiter. Hier, wo das malerische Arnheim sich selbst Bitcoin-freundlichste Stadt der Welt nennt, wo weit über hundert Händler, Handwerker, Dienstleister sich zu einem Verbund zusammenschlossen, der nur eine Gemeinsamkeit hat: Alle nehmen Bitcoins. Natürlich neben den üblichen Zahlungsweisen. Das mag für manche den Charakter eines weiteren Testballons haben. Aber es sollte ein Signal sein: So etwas würde man normalerweise aus Palo Alto erwarten, aus Sunnyvale oder einer der anderen Städte des Silicon Valley bzw. den anderen Kommunen dieser Welt, in denen an der digitalen Zukunft geschraubt wird.

Aber es ist Arnheim. Keine Stadt, die man sonderlich mit Zukunft oder Digitalisierung verbinden würde – ohne dass dies negativ gemeint wäre. Eine freundliche, immer leicht verschlafen wirkende 150.000-Seelen-Gemeinde, die man vor allem für ihr reichhaltiges Kulturangebot kennt und die legendäre Brücke. Wenn hier der Mut der Einzelhändler, der Handwerker vorhanden ist – und das alles entstand wohlgemerkt in Privatinitiative durch einige Visionäre ohne staatliches Zutun – dann darf man annehmen, dass es anderswo auch funktionieren würde.