Hat er den Euro gerettet? Die Bilanz von Mario Draghi
"Whatever it takes" - diese drei Worte von Mario Draghi werden in Erinnerung bleiben und stehen für seine achtjährige Amtszeit an der Spitze der Euro-Notenbank. Am 1. November tritt Christine Lagarde offiziell ihr Amt als EZB-Chefin an und folgt damit Draghi nach.
Wohl kein Euro-Notenbankchef war bisher so umstritten wie der gebürtige Römer. Und keiner musste den Euro durch so schwieriges Fahrwasser führen. Als Draghi 2011 startete, steuerte die europäische Gemeinschaftswährung auf einen kritischen Punkt zu. In der Folge der Finanzkrise kam es in der Eurozone zu einer Banken-, Staatsschulden- und Wirtschaftskrise. Der Euro verlor massiv an Vertrauen und seine Zukunft erschien ungewiss.
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Niedrigzinsen und Anleihekäufe
In dieser Situation hielt Draghi Mitte 2012 seine berühmt gewordene Londoner Rede, in der er versicherte, "alles Notwendige" ("whatever it takes") zu tun, um den Euro zu retten. Tatsächlich gelang es in den kommenden Jahren, den Euro zu stabilisieren und die Bankenkrise ebenso in den Griff zu bekommen wie die Staatsschuldenkrise. In dieser Zeit wurden die diversen Rettungsschirme ins Leben gerufen. Gleichzeitig zeigte Draghis Ankündigung den künftigen EZB-Kurs mit einer ultralockeren Geldpolitik und niedrigen Zinsen an.
Ziel war, mit "billigem Geld" eine Deflationsspirale zu verhindern und positive Impulse für die europäische Wirtschaft zu setzen. In vielen Euro-Ländern herrschte infolge der Krise Rezession. Der EZB-Leitzins wurde schrittweise auf Null abgesenkt, die Einlagenzinsen wurden sogar negativ. So ist es bis heute. Als diese Maßnahmen nicht richtig zogen, startete Draghi im Frühjahr 2015 das Anleiheaufkaufprogramm - seine wohl umstrittenste Aktion. In den folgenden Jahren wurden in gigantischem Umfang - für über eine Billion Euro - Staats- und Unternehmensanleihen angekauft, um Geld in die Märkte zu pumpen.
Whatever it takes."
Auf unabsehbare Zeit?
Erst 2017 schien diese Strategie aufzugehen, als sich in der Eurozone erstmals auf breiter Front ein dynamischeres Wirtschaftswachstum einstellte. Das Aufkaufprogramm wurde daraufhin zurückgefahren und schließlich eingestellt. Mittlerweile schwächelt die Konjunktur im Euro-Raum erneut und die Anleihekäufe werden wieder aufgenommen. Eine Ende der ultralockeren Geldpolitik ist nicht absehbar. Es gibt namhafte Experten, die diesen Kurs für verfehlt halten. Dass die Anleihekäufe eine verdeckte Staatsfinanzierung darstellen und Niedrigzinsen die Sparer enteignen, sind dabei nur zwei Vorwürfe. Die Bilanz von Mario Draghi bleibt zwiespältig.