Digitaler Notstand an den meisten deutschen Schulen

Corona-Lockdown droht Digitales Versagen der Bildungspolitik

Als im März der Corona-Lockdown den Schulbesuch unmöglich machte, zeigte sich überdeutlich der digitale Notstand an den meisten deutschen Schulen. Plötzlich war digitaler Unterricht gefordert. Vorbereitet darauf waren nur die wenigsten Bildungseinrichtungen, weder hardware-, noch softwaremäßig, weder konzeptionell, noch in der praktischen Wissensvermittlung.

Jetzt - ein gutes halbes Jahr später - scheinen angesichts dramatisch steigender Infektionszahlen erneute Schulschließungen nicht mehr ausgeschlossen. Wer erwartet hätte, die Zwischenzeit sei genutzt worden, um die digitalen Lücken im Bildungswesen zu schließen und jetzt besser vorbereitet in den nächsten Ausnahmezustand zu gehen, irrt.

Bildungsföderalismus ohne gemeinsame Kraft

Die deutsche Bildungslandschaft ist in digitaler Hinsicht nicht viel besser aufgestellt als im Frühjahr. Schon gar nicht gibt es einheitliche digitale Standards, dem steht schon der deutsche Bildungsföderalismus entgegen.

Trotz der Corona-Lage konnte man sich bisher nicht zu einem gemeinsamen koordinierten Vorgehen aufraffen. Und so werkelt jedes Land, oft auch jeder Schulträger oder die einzelne Schule selbst vor sich hin.

Das Bild ist - wie nicht anders zu erwarten - buntscheckig. Mancher Rektor oder Lehrer hat Vorbildliches geleistet, um die digitalen Möglichkeiten für den Unterricht und die Schüler nutzbar zu machen - auch nach Ende des ersten Lockdowns. Aber persönliches und berufliches Engagement kann mangelhafte Bildungspolitik nicht heilen. Andernorts herrscht bis heute Funkstille in Sachen Digitalisierung. 

E-Mail-Account nach 50 Jahren

Beispiele dafür gibt u.a. die Weltmetropole Berlin. Hier hat nach wie vor noch längst nicht jede Schule WLAN. Bis alle Schulen einen Breitbandanschluss besitzen, wird es nach Angaben der Berliner Bildungsverwaltung noch bis 2024 dauern. Und erst bis Ende 2021 ist es zu schaffen, dass jeder Berliner Lehrer an staatlichen Schulen einen offiziellen E-Mail-Account hat - genau 50 Jahre nach Erfindung des E-Mails, eine atemberaubende Leistung.

Die deutsche Bildungslandschaft ist in digitaler Hinsicht nicht viel besser aufgestellt als im Frühjahr."

In Sachen digitaler Lehr- und Lernmittel sind private Unternehmen schon erheblich weiter. Ihre Angebote finden vielfach außerhalb der Schule "im Netz" statt. Manche Schule kauft inzwischen bei solchen Anbietern ein, da auch die klassischen Schulbuch-Verlage bei digitalen Offerten eher zögerlich sind - sie fürchten um ihr angestammtes Geschäft.

Doch Improvisieren und Flickwerk können keine Dauerlösung sein. Es ist höchste Zeit, dass den vielen verbalen Bekenntnissen zum digitalen Lehren und Lernen Taten folgen - durch überzeugende Konzepte und überzeugende Umsetzung!

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