Frauen investieren seltener in Wertpapiere

DWS ändert Strategie Erfolgloser „Frauenfonds“

Es war ein ambitioniertes Projekt mit gesellschaftlichem Anspruch: Als die DWS im Jahr 2021 den Fonds „Women for Women“ auflegte, wollte sie mehr erreichen als eine attraktive Rendite. Der Fonds sollte von Frauen gemanagt werden, gezielt Frauen als Anlegerinnen ansprechen – und damit nicht nur einen finanziellen, sondern auch einen strukturellen Beitrag zur stärkeren Teilhabe von Frauen am Kapitalmarkt leisten. Die Resonanz in den Medien war groß, das Thema gesellschaftlich aufgeladen, der Zeitpunkt günstig.

Doch drei Jahre nach dem Start ist die Bilanz ernüchternd. Das Fondsvolumen blieb weit hinter den Erwartungen zurück, das Anlegerinteresse war verhalten – trotz vielfältiger Kommunikationskampagnen. Nun zieht die DWS die Reißleine und kündigt eine strategische Neuausrichtung an. Der Fonds bleibt zwar bestehen, doch das Frauen-für-Frauen-Konzept wird entschärft, teils aufgegeben. Der Neustart kommt leise – aber mit deutlicher Signalwirkung.


Die Idee: Mehr Sichtbarkeit für weibliches Finanzhandeln

Der ursprüngliche Gedanke hinter dem Fonds war doppelt motiviert. Zum einen wollte die DWS aufzeigen, dass Frauen als Fondsmanagerinnen nicht nur unterrepräsentiert, sondern oft auch erfolgreicher als ihre männlichen Kollegen sind – zumindest was Langfristigkeit, Risikobewusstsein und Diversifikation betrifft.

Zum anderen sollte der Fonds dazu beitragen, Frauen als Anlegerinnen zu gewinnen – insbesondere jene, die bislang nur als Sparerinnen in Erscheinung traten. Zahlreiche Studien hatten zuvor gezeigt: Frauen investieren seltener in Wertpapiere, obwohl sie statistisch gesehen besser diversifizieren und langfristiger anlegen. Die DWS wollte diese Zielgruppe ansprechen – mit einem identitätsstiftenden, vertrauensbildenden Konzept.

Der „Women for Women“-Fonds wurde von einem rein weiblichen Managementteam geführt und sollte ein Portfolio abbilden, das sich an nachhaltigen, langfristig stabilen Unternehmen orientierte – auch mit einem Fokus auf Gender-Diversity innerhalb der Zielunternehmen.


Die Realität: Gute Absicht, begrenzte Nachfrage

Doch trotz aller PR-Arbeit, Webinare, Influencer-Kampagnen und gezielter Kommunikation in frauenspezifischen Kanälen blieb der Erfolg überschaubar.

Das verwaltete Volumen stagnierte lange unterhalb der 20-Millionen-Euro-Marke – eine kaum signifikante Größe in der Welt der Publikumsfonds.

Auch die mediale Aufmerksamkeit, die zu Beginn groß war, ebbte rasch ab.

Interne Analysen der DWS und externer Vertriebspartner legen nahe: Das Konzept fand Anerkennung – aber keine Anschlussfähigkeit. Viele Frauen, die sich grundsätzlich für das Thema Vermögensaufbau interessieren, fühlten sich nicht durch ein dediziertes Frauenprodukt angesprochen, sondern durch Angebote, die kompetent, nachvollziehbar und unabhängig von geschlechtlicher Ansprache funktionieren.

Zudem zeigte sich, dass die Themen „Nachhaltigkeit“, „Diversität“ und „Gender Investing“ in vielen Fällen überlappend sind – aber nicht zwangsläufig in einem einzigen Produkt zusammengefasst werden müssen. Kurz: Die gute Absicht wurde als solche erkannt, aber der konkrete Produktnutzen blieb unklar.


Der Umbau: Von exklusiv zu integrativ

Die Neuausrichtung des „Women for Women“-Fonds ist kein abruptes Ende, sondern ein vorsichtiger Neuanfang. Die DWS versucht, aus einem gescheiterten Produkt ein lernfähiges Konzept zu entwickeln. Ob das gelingt, wird vom neuen Profil, aber auch von der Marktkommunikation abhängen."

Nun also der Kurswechsel. Die DWS hat angekündigt, das Profil des Fonds grundlegend zu verändern. Künftig soll der Fonds nicht mehr ausschließlich auf ein rein weibliches Managementteam setzen – obwohl Frauen weiterhin eine zentrale Rolle in der Steuerung behalten. Auch die direkte Zielgruppenansprache „von Frauen für Frauen“ wird zurückgenommen. Stattdessen will man den Fonds als nachhaltiges, qualitätsorientiertes Aktienprodukt neu positionieren – offen für alle Anlegerinnen und Anleger, mit klarem ESG-Profil und einem betonten Fokus auf Unternehmensverantwortung.

Der Name bleibt erhalten, wird jedoch inhaltlich neu interpretiert. Der neue Fondsansatz soll weniger exklusiv, dafür breiter anschlussfähig wirken – und dennoch eine gewisse ideelle DNA bewahren. Damit verabschiedet sich die DWS zwar vom ursprünglichen Pioniercharakter des Produkts, versucht aber, das Konzept unter veränderten Vorzeichen zu retten.


Was der Fall über Finanzprodukte mit gesellschaftlichem Anspruch verrät

Der Fall „Women for Women“ wirft ein Schlaglicht auf die Grenzen gut gemeinter Finanzinnovation. Finanzprodukte, die gesellschaftliche Anliegen aufgreifen – sei es Gendergerechtigkeit, Nachhaltigkeit oder soziale Teilhabe –, bewegen sich auf einem schmalen Grat zwischen Relevanz und Überladung.

Wenn ein Produkt zu stark mit einem gesellschaftlichen Anspruch aufgeladen ist, ohne zugleich einen klaren Mehrwert im Portfoliozusammenhang zu liefern, kann es am Markt scheitern – nicht aus Ablehnung, sondern aus Überforderung. Anlegerinnen und Anleger wollen verstanden, aber nicht etikettiert werden. Die Botschaft muss glaubwürdig, aber auch investierbar sein.

Zudem zeigt sich: Finanzentscheidungen sind zutiefst individuell – und nicht immer entlang gesellschaftlicher Identitäten strukturierbar. Der Wunsch nach Unabhängigkeit, Rendite und Transparenz ist geschlechterübergreifend. Eine spezifische Ansprache braucht starke Argumente – nicht nur symbolische.


Fazit: Ein Schritt zurück – oder ein Schritt zur Seite?

Die Neuausrichtung des „Women for Women“-Fonds ist kein abruptes Ende, sondern ein vorsichtiger Neuanfang. Die DWS versucht, aus einem gescheiterten Produkt ein lernfähiges Konzept zu entwickeln. Ob das gelingt, wird vom neuen Profil, aber auch von der Marktkommunikation abhängen.

Der Fall zeigt exemplarisch, wie schwer es ist, gesellschaftlichen Wandel mit Produktinnovation zu verknüpfen. Doch er zeigt auch, dass Scheitern in der Fondsbranche nicht das Ende, sondern oft der Beginn einer ehrlicheren Auseinandersetzung mit Zielgruppen und Bedürfnissen sein kann.

Vielleicht ist es kein Rückschritt – sondern eine Kurskorrektur auf dem Weg zu einem inklusiveren, aber auch glaubwürdigeren Finanzmarkt.

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