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Finanzlexikon Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge regelt in Deutschland, wie das Vermögen eines Verstorbenen auf die Hinterbliebenen verteilt wird, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt.

Dieses System basiert auf dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und orientiert sich an der familiären Nähe der Erben zum Verstorbenen. Ziel ist es, das Erbe möglichst gerecht und nachvollziehbar unter den Angehörigen zu verteilen.


1. Grundprinzipien der gesetzlichen Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn:

  1. Kein Testament oder Erbvertrag existiert.
  2. Ein vorhandenes Testament unwirksam ist.
  3. Der Erbe im Testament die Erbschaft ausschlägt.

Zentraler Ansatz der gesetzlichen Erbfolge ist die Einteilung der Erbberechtigten in Ordnungen, die die Abstammungslinien widerspiegeln.


2. Erbordnungen und ihre Reihenfolge

Die gesetzlichen Erben werden in sogenannte Ordnungen eingeteilt. Die Angehörigen der jeweils niedrigeren Ordnung kommen nur dann zum Zug, wenn keine Erben der höheren Ordnung vorhanden sind.

a) Erste Ordnung: Abkömmlinge des Erblassers

  • Dazu gehören Kinder, Enkel und Urenkel.
  • Kinder des Erblassers erben zu gleichen Teilen.
  • Sind Kinder des Verstorbenen bereits verstorben, treten deren Abkömmlinge (Enkel) an deren Stelle.

b) Zweite Ordnung: Eltern und deren Nachkommen

  • Sind keine Abkömmlinge vorhanden, erben die Eltern des Verstorbenen.
  • Falls ein Elternteil bereits verstorben ist, treten dessen Kinder (Geschwister des Erblassers) an seine Stelle.

c) Dritte Ordnung: Großeltern und deren Nachkommen

  • Sind weder Abkömmlinge noch Eltern oder Geschwister des Erblassers vorhanden, erben die Großeltern.
  • Falls ein Großelternteil verstorben ist, treten dessen Nachkommen (Onkel, Tanten) ein.

d) Weitere Ordnungen

  • In den folgenden Ordnungen werden entferntere Verwandte wie Urgroßeltern oder deren Nachkommen berücksichtigt.

3. Ehegatten und Lebenspartner

Ehegatten und eingetragene Lebenspartner haben in der gesetzlichen Erbfolge eine Sonderstellung. Ihre Erbquote hängt von der Güterstandsgemeinschaft und den weiteren vorhandenen Erben ab.

a) Erbanteil des Ehegatten

  • Neben Erben der ersten Ordnung (Kinder): 50 %.
  • Neben Erben der zweiten Ordnung (Eltern, Geschwister) oder Großeltern: 75 %.
  • Sind keine Verwandten vorhanden: Der Ehegatte erbt alles.

b) Einfluss des Güterstands

  • Zugewinngemeinschaft: Der gesetzliche Erbanteil des Ehegatten erhöht sich um ein Viertel.
  • Gütertrennung: Der Ehegatte erbt gleichberechtigt mit den Kindern.
  • Gütergemeinschaft: Der Erbanteil richtet sich nach dem vertraglich vereinbarten Anteil am Gesamtvermögen.

4. Sonderfall: Pflichtteilsanspruch

Der Pflichtteil garantiert nahen Angehörigen einen Mindestanspruch am Nachlass, auch wenn sie durch ein Testament enterbt wurden. Pflichtteilsberechtigt sind:

  • Kinder, Enkel und Urenkel.
  • Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner.
  • Eltern des Verstorbenen (nur, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind).

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs und wird ausschließlich in Geld ausgezahlt.


5. Erbfolge in der Praxis: Beispiele

Beispiel 1:

Der Erblasser hinterlässt Ehegatten und zwei Kinder. Die Ehepartner haben Gütertrennung vereinbart.

  • Die Kinder erben je 25 %.
  • Der Ehegatte erbt 50 %.

Beispiel 2:

Der Erblasser hinterlässt keine Kinder, aber Eltern und einen Ehegatten.

  • Der Ehegatte erbt 75 %.
  • Die Eltern teilen sich die restlichen 25 %.

Beispiel 3:

Der Erblasser ist unverheiratet und kinderlos, seine Eltern sind verstorben, er hat aber zwei Geschwister.

  • Die Geschwister erben jeweils 50 %.

6. Bedeutung und Herausforderungen der gesetzlichen Erbfolge

Das Verständnis der gesetzlichen Erbfolge ist nicht nur für Erblasser, sondern auch für potenzielle Erben wichtig, um ihre Rechte und Pflichten zu kennen."

a) Vorteile

  • Automatische Regelung: Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, ohne dass der Verstorbene Maßnahmen zu Lebzeiten treffen muss.
  • Schutz der nächsten Angehörigen: Das Vermögen bleibt in der Familie.

b) Herausforderungen

  • Individuelle Wünsche unberücksichtigt:
    Die gesetzliche Erbfolge entspricht ggf. nicht den persönlichen Vorstellungen des Verstorbenen.
  • Streitigkeiten:
    Die Aufteilung des Erbes kann zu Konflikten führen, insbesondere bei Immobilien oder Unternehmen.
  • Steuerliche Nachteile:
    Ohne Planung kann die Erbschaftssteuer eine erhebliche Belastung darstellen.

7. Abweichung durch Testament oder Erbvertrag

Durch ein Testament oder einen Erbvertrag kann der Erblasser die gesetzliche Erbfolge ändern. Dabei können:

  • Bestimmte Personen begünstigt oder ausgeschlossen werden.
  • Vermögensgegenstände (z. B. Immobilien) gezielt verteilt werden.
  • Steuerliche Optimierungen vorgenommen werden.

Ohne solche Regelungen wird jedoch ausschließlich die gesetzliche Erbfolge angewendet.


Fazit

Die gesetzliche Erbfolge bietet eine klare, gesetzlich geregelte Grundlage für die Vermögensverteilung nach dem Tod. Sie sichert nahen Angehörigen, insbesondere Kindern und Ehegatten, einen Anteil am Nachlass. Allerdings berücksichtigt sie keine individuellen Wünsche des Erblassers. Wer sein Vermögen gezielt und steuerlich optimiert weitergeben möchte, sollte deshalb ein Testament oder einen Erbvertrag aufsetzen.

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