Serie Meinung: Die Briten machen es vor Honorarberatung: Bessere Beratung
Großbritannien hat die Provisionen für Vorsorgeprodukte und Investmentfonds abgeschafft und gilt als Vorreiter. In Deutschland überwiegt immernoch das Provisionsmodell. Oft auch zum Nachteil der Verbraucher, wie ein vor kurzem veröffentlichter Bericht von Stiftung Warentest belegt.
"Vier Jahre hat es gebraucht", bekennt Gordon Wilson, Geschäftsführer bei Carbon Financial Services aus dem schottischen Teil der Insel. Der Finanzberater spricht über die Umstellung von Provisionen auf ein Stundenhonorar.
Nur die fähigsten Finanzberater haben überlebt. Denn zwischen dem provisionsorientierten Verkauf und dem gezielten Beraten liegen Welten. Oft kritisiert wurde, dass sich eine fundierte Honorarberatung nur die Oberschicht leisten könnte. Das stimmt nicht, denn Honorarberatersätze sind zum Teil wesentlich günstiger als die Vertriebsprovisionen die beim Abschluss fällig werden. Das belegen auch in Deutschland gemachte Studien.
Ist Honorarberatung besser als die herkömmliche Bankberatung?
"Ja das ist so", sagt Maximilian W., Geschäftsführer der 1870 Villenbau GmbH und Partner der Münchner Immobilien und Grundbesitz GmbH.
Wie ist die aktuelle Situation in Deutschland?
"Deutschland ist rund zehn Jahre zurück", schätzt ein Finanzberater, der in Großbritannien seit mehr als 30 Jahren in der Finanzdienstleistung tätig ist."
"Die Zahl der abhängigen Vermittler ist in Großbrittanien von 185.000 auf 11.000 zurückgegangen, es gibt rund 25.000 unabhängige Vermittler, die 85 Prozent des Neugeschäfts machen", teilt er mit.
An diesen Zahlen ist klar zu erkennen, dass eine Bereinigung hin zur Qualität stattgefunden hat. Anders ist die Entwicklung nicht zu erklären.
In Deutschland beherrschen aktuell noch abhängige Vermittler den Markt. Dies würde sich durch ein im Gesetz verankertes Provisionsverbot ändern. Hier ist jedoch die Politik gefragt.
Wie hat sich das Produktangebot in Großbrittanien verändert?
Viele Produktanbieter sind verschwunden und die Produktportfolien haben sich stark verändert: Heute dominieren Einmalzahlungen und ETF-Sparpläne den britischen Vorsorgemarkt. Teure aktive Fondskonstrukte sind fast komplett verschwunden.
An diesen Konstrukten verdienen deutsche Bankberater noch heute Provisionen in Höhe von bis zu 15 %. Bei einer Anlagesumme von 100.000 Euro sind das 15.000 Euro. Das diese Summe in vielen Fällen nicht mehr erwirtschaftet werden kann ist einleuchtend. Der Leidtragende ist der Kunde.
Fazit: Die Qualität von Produkten und die Arbeit der Finanzberater ist durch die Regulierung viel besser geworden.
Wie setzt sich das Honorar für die Honorarberater zusammen?
Seit dem 1. Januar gilt nun die "Retail Distribution Review" (RDR), die Provisionen bei Vorsorge- und Investmentprodukten für Makler abschafft. Für die Höhe der Gebühren gibt es allerdings keine staatlichen Vorgaben. "Das soll der Markt regeln", erklärt Johannes Weber, Geschäftsführer der 4vestor GmbH. Er ist sich sicher, dass sich die Honorare auf einem gewissen Niveau einpendeln werden.
Ein allgemeines Provisionsverbot war auch im Zuge der Mifid II angedacht, wurde aber von der guten Lobbyarbeit der Banken & Versicherungen zunichte gemacht.
Welche Relevanz haben die Schritte der britischen Regulierungsbehörde für Deutschland?
"Würde man die RDR in Deutschland umsetzen, wären vor allem ansparende Lebensversicherungen und aktive Investmentfonds betroffen", schätzt Norbert Porazik, Vorstand des Maklerpools Fonds Finanz. Profitieren würden ETF Anbieter wie Blackrock oder Amundi.
Hat Deutschland Nachholbedarf?
Im Vereinigten Königreich hat die Honorarberatung insgesamt einen Marktanteil von mehr als 10 Prozent. Dieser Anteil dürfte in den nächsten Jahren weiter steigen. In Deutschland hingegen dümpelt er seit Jahren um ein Prozent herum. Die Politik fordert seit Langem eine Aufwertung des Honorarberatungsansatzes in der Finanzberatung, hat aber fast fünf Jahre für einen Gesetzentwurf zur Honorarberatung gebraucht. Und dieser ist mehr als dürftig. Ein Provisionsverbot müsste her um den sinnlosen Verkauf von Produkten einzudämmen. Dieses findet sich aber nicht in dem Gesetz. Stattdessen wird erstmals ein Honorar-Anlageberater definiert und die üblichen Standards für Qualifikation, Haftpflicht und Register eingeführt. Zu wenig, zu schwammig, zu spät. Kritik kommt auch aus der Opposition.
Tenor: Das Gesetz ermögliche nach wie vor Mischmodelle aus Provision und Honorar, es beseitige die steuerliche Ungleichbehandlung von Provisionen und Honoraren nicht und lasse insbesondere den wichtigen Bereich der Versicherungen außen vor.
Die Bundesregierung will Honorarberatung fördern - Konkrete Maßnahmen sind nicht bekannt.
"So wird es nicht gelingen, den Marktanteil der Honorarberatung wesentlich auszubauen", sagt Pirmin Arnold vom Honorarberater-Portal beste-honorarberatung.de. Sein Fazit: Die Politik denke nicht weit genug.
Meinung von: Gastautor