Stolperfallen für unverheiratete Paare Keine Ehe, keine Absicherung
In Deutschland leben Millionen Paare in sogenannten wilden Ehen, also in festen Partnerschaften ohne standesamtliche Heirat. Viele von ihnen führen über Jahre oder Jahrzehnte einen gemeinsamen Haushalt, ziehen Kinder groß und planen ihre Zukunft – ohne formalen Trauschein. Was nach Freiheit und Selbstbestimmung klingt, birgt jedoch erhebliche rechtliche und finanzielle Risiken, die vielen nicht bewusst sind.
Vor allem wenn gemeinsame Vermögensentscheidungen getroffen werden, Kinder ins Spiel kommen oder einer der Partner deutlich mehr unbezahlte Sorgearbeit übernimmt, geraten diese Paare schnell in eine Schieflage, die im Falle von Trennung oder Tod existenzielle Folgen haben kann. Besonders betroffen sind dabei häufig Frauen, die für Familie und Haushalt beruflich zurückstecken – aber keinen rechtlichen Anspruch auf Ausgleich oder Absicherung haben.
Keine Ehe, keine Rechte: Der rechtliche Rahmen
box
Im Gegensatz zu verheirateten Paaren haben Lebensgemeinschaften ohne Trauschein keinerlei gesetzlich geregelten Anspruch auf Versorgung, Unterhalt oder Erbe.
Auch wenn beide jahrelang zusammenleben, gemeinsame Kinder haben oder ein gemeinsames Haus finanzieren – vor dem Gesetz gelten sie als rechtlich fremd.
Das bedeutet konkret:
- Im Trennungsfall gibt es keinen Zugewinnausgleich. Wer weniger verdient oder zu Hause bleibt, steht mit leeren Händen da.
- Bei Krankheit oder Tod des Partners gibt es kein automatisches Erbrecht, kein Mitspracherecht bei medizinischen Entscheidungen, keine gesetzliche Witwen- oder Witwerrente.
- Steuerlich werden beide als Einzelpersonen behandelt – mit allen Nachteilen bei Schenkung, Erbschaft oder gemeinsamem Vermögensaufbau.
All das kann besonders dann problematisch werden, wenn sich einer der Partner aus Liebe, Pragmatismus oder Notwendigkeit für familiäre Aufgaben entscheidet – ohne klare vertragliche Absicherung.
Sorgearbeit trifft auf finanzielle Abhängigkeit
Viele unverheiratete Frauen leisten über Jahre hinweg unbezahlte Sorgearbeit – sie kümmern sich um Kinder, pflegebedürftige Angehörige oder den Haushalt, während der Partner arbeitet und Vermögen aufbaut. In einer Ehe gäbe es durch den gesetzlichen Zugewinnausgleich einen finanziellen Ausgleich. In einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft existiert dieser Schutz nicht.
Das Risiko: Im Fall einer Trennung – ob einvernehmlich oder nicht – verliert die nicht erwerbstätige oder teilzeitbeschäftigte Person oft jeglichen Anspruch auf das gemeinsam aufgebaute Vermögen. Auch Rentenansprüche werden nicht geteilt, Unterhaltsverpflichtungen bestehen nur für gemeinsame Kinder.
Besonders brisant wird die Lage, wenn:
- nur einer der Partner Eigentümer der gemeinsamen Immobilie ist,
- der andere zwar mitfinanziert, aber nicht im Grundbuch eingetragen ist,
- gemeinsame Kredite bestehen, aber keine klaren Rückzahlungsregeln vereinbart wurden.
Was in der Partnerschaft als selbstverständlich gilt, kann im Ernstfall zu einer einseitigen Belastung und finanziellen Verletzbarkeit führen.
Was hilft: Klare Vereinbarungen statt romantischer Unklarheit
Unverheiratete Paare entscheiden sich bewusst gegen die Ehe – aus pragmatischen, emotionalen oder ideologischen Gründen. Doch mit der Freiheit kommt auch die Pflicht, die eigenen finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten aktiv zu regeln. Wer das unterlässt, geht große Risiken ein – oft ohne sich dessen im Alltag bewusst zu sein."
Um sich vor diesen finanziellen und rechtlichen Risiken zu schützen, müssen unverheiratete Paare aktiv Vorsorge treffen. Das bedeutet nicht Misstrauen, sondern Verantwortung – gegenüber sich selbst, dem Partner und gegebenenfalls den gemeinsamen Kindern.
Zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen gehören:
- Partnerschaftsvertrag: In ihm können individuelle Vereinbarungen zu Vermögensaufbau, Finanzierung, Haushaltsführung, Sorgearbeit oder Trennung geregelt werden.
- Testament: Ohne Trauschein gibt es kein gesetzliches Erbrecht. Ein Testament kann den Partner absichern – sollte aber notariell beglaubigt und mit Bedacht auf Pflichtteilsrechte anderer Angehöriger erstellt werden.
- Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung: Damit der Partner im Krankheitsfall entscheiden darf, braucht es ausdrücklich erteilte Vollmachten.
- Absicherung bei Immobilienkauf: Wer gemeinsam kauft, sollte sich auch gemeinsam ins Grundbuch eintragen lassen – mit klaren Regelungen im Falle der Trennung.
- Private Rentenversicherung oder Risiko-Lebensversicherung: Sie kann den wirtschaftlich abhängigen Partner im Ernstfall absichern – etwa als Ersatz für gesetzliche Witwenrente.
Auch steuerliche Beratung ist ratsam: Schenkungen zwischen Unverheirateten unterliegen einem sehr niedrigen Freibetrag von nur 20.000 Euro, während Ehepartner bis zu 500.000 Euro steuerfrei übertragen können. Wer gemeinsam Vermögen aufbaut, muss frühzeitig klären, wie Belastungen und Werte verteilt sind – und wie man im Fall der Fälle finanziell auseinandergeht.
Fazit: Partnerschaft ohne Ehe braucht doppelte Klarheit
Unverheiratete Paare entscheiden sich bewusst gegen die Ehe – aus pragmatischen, emotionalen oder ideologischen Gründen. Doch mit der Freiheit kommt auch die Pflicht, die eigenen finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten aktiv zu regeln. Wer das unterlässt, geht große Risiken ein – oft ohne sich dessen im Alltag bewusst zu sein.
Vor allem bei ungleicher Einkommensverteilung, bei gemeinsamer Immobilie, Familiengründung oder längerer Beziehung sollte über klare vertragliche Regelungen gesprochen werden – am besten, bevor Konflikte entstehen oder Lebenskrisen eintreten.
Denn eine stabile Beziehung basiert nicht nur auf Vertrauen, sondern auch auf einem realistischen Blick für wirtschaftliche Gerechtigkeit. Und wer ohne Trauschein lebt, muss eben auf andere Weise dafür sorgen, dass beide Partner im Leben – und notfalls auch im Abschied – gleichberechtigt abgesichert sind.

fair, ehrlich, authentisch - die Grundlage für das Wohl aller Beteiligten