Eiopa fordert vollen Kapitalpuffer Krypto-Assets unter Druck
Die zunehmende Professionalisierung des Kryptomarktes hat in den vergangenen Jahren auch Versicherungsunternehmen auf den Plan gerufen. Auf der Suche nach attraktiven Renditen in einem anhaltenden Niedrigzinsumfeld und angesichts der steigenden Nachfrage nach innovativen Kapitalanlagen rücken digitale Vermögenswerte wie Bitcoin, Ethereum oder tokenisierte Wertpapiere zunehmend ins Visier der Assekuranz.
Doch wo neue Anlagechancen locken, steht auch die Regulierungsseite nicht still. Die EU-Versicherungsaufsicht Eiopa (European Insurance and Occupational Pensions Authority) hat nun einen Vorschlag vorgelegt, der für Versicherer ein deutlicher Dämpfer sein dürfte: Krypto-Assets sollen mit einem Kapitalpuffer von 100 Prozent unterlegt werden. Was nach einem bürokratischen Detail klingt, ist in Wahrheit eine klare Risikoabsicherung – mit weitreichenden Folgen für die Investmentpraxis der Branche.
Hintergrund: Versicherer entdecken den Kryptomarkt – doch Regeln fehlen
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Versicherungen gehören zu den größten institutionellen Investoren in Europa.
Ihre Kapitalanlagen sind meist sehr konservativ strukturiert, unterliegen strengen Solvenzvorschriften (Stichwort: Solvency II) und müssen jederzeit sicher, liquide und wertbeständig sein.
Dennoch suchen einige Marktteilnehmer seit geraumer Zeit nach Wegen, auch in nicht-traditionelle Anlageklassen zu investieren – sei es in Form von Direktbeteiligungen, Infrastruktur oder eben digitalen Assets.
Die Motive sind nachvollziehbar:
- Renditepotenzial bei begrenzter Korrelation mit klassischen Märkten.
- Zugang zu innovativen Technologien.
- Wachsendes Kundeninteresse und neue Versicherungsprodukte rund um Krypto-Vermögen.
Doch: Bisher fehlen klare regulatorische Vorgaben, wie Krypto-Assets aus Sicht der Versicherungsaufsicht risikotechnisch einzuordnen sind. Genau hier setzt der Eiopa-Vorschlag an.
100-Prozent-Kapitalpuffer: Was bedeutet das konkret?
Der Vorschlag der Eiopa sieht vor, dass Versicherer für jedes in Krypto-Assets investierte Euro die gleiche Summe als Eigenkapital vorhalten müssen – ein sogenannter 100-Prozent-Kapitalpuffer. Anders formuliert: Krypto-Investments werden als ebenso riskant wie vollkommen unsicher eingestuft.
Die Idee dahinter: Sollte der Wert des Krypto-Assets vollständig verfallen, wäre das Eigenkapital vorhanden, um die Solvenz des Unternehmens aufrechtzuerhalten. Aus Sicht der Aufsicht ist das ein pragmatischer Ansatz zur Risikobegrenzung, solange noch keine fundierten Bewertungs- und Klassifizierungsmechanismen bestehen.
Für Versicherer hat das allerdings weitreichende Konsequenzen:
- Kapitalintensive Investitionen: Ein Investment von 10 Millionen Euro in Bitcoin würde einen Eigenkapitalbedarf von ebenfalls 10 Millionen Euro auslösen.
- Rendite relativiert sich: Selbst bei positiver Kursentwicklung sinkt der Kapitalrenditeeffekt durch die hohe Eigenmittelbindung.
- Geringere Wettbewerbsfähigkeit: Im Vergleich zu anderen Investoren (etwa Fonds oder Family Offices) sind Versicherer im Krypto-Bereich deutlich eingeschränkt.
Signalwirkung: Vorsicht statt Experimentierfreude
Mit dem Vorstoß signalisiert die Eiopa deutlich: Vorsicht geht vor Fortschritt. Während andere Akteure, etwa Banken im Rahmen der Basel-Regulierung, bereits differenziertere Risikogewichtungen diskutieren, wählt die Versicherungsaufsicht den maximalen Sicherheitspfad.
Diese Entscheidung ist weniger als Verbot, aber auch kaum als Einladung zu verstehen. Denn in der Praxis bedeutet ein 100-Prozent-Kapitalpuffer, dass nur sehr wenige Versicherer überhaupt in Erwägung ziehen werden, in größerem Umfang in Krypto-Assets zu investieren – schlicht weil es sich bilanziell kaum rechtfertigen lässt.
Dazu kommt: Solvency II zielt auf langfristige Stabilität und Berechenbarkeit ab. Volatile, wenig regulierte und schwer bewertbare Anlagen wie Kryptowährungen stehen im direkten Gegensatz zu diesen Prinzipien – unabhängig von ihrem mittelfristigen Marktpotenzial.
Kritik und Reaktionen aus der Branche
Die Diskussion ist eröffnet – und dringend notwendig. Denn je weiter digitale Vermögenswerte in das Zentrum der Finanzwelt rücken, desto mehr braucht es Rahmenbedingungen, die sowohl Sicherheit als auch Innovation ermöglichen. Die 100-Prozent-Vorgabe mag ein erster Schritt sein – sie darf aber nicht der letzte bleiben."
Aus der Versicherungswirtschaft sind bereits kritische Stimmen zu vernehmen. Zwar zeigt man Verständnis für den Schutzgedanken, doch der Vorschlag werde der Realität der Märkte nicht gerecht. Einige Argumente lauten:
- Differenzierung notwendig: Nicht alle Krypto-Assets sind gleich – stabile, liquide und transparente Produkte (etwa börsengehandelte Krypto-ETPs) sollten anders behandelt werden als kleine, spekulative Token.
- Technologischer Rückstand: Eine pauschale Abschreckung behindere die Innovationsfähigkeit europäischer Versicherer im internationalen Wettbewerb.
- Zukunftsthemen wie Tokenisierung und digitale Infrastruktur könnten blockiert werden, obwohl sie langfristig systemrelevant seien.
- Eigenverantwortung und Risikomanagement: Gut geführte Versicherer könnten sehr wohl Risiken einschätzen – sie bräuchten dafür aber regulatorischen Spielraum.
Gleichzeitig gibt es Stimmen, die den Vorschlag als Chance zur Positionierung betrachten: Wer trotz 100-Prozent-Puffer bewusst und begrenzt in Krypto investiert, sendet ein starkes Signal – und profitiert möglicherweise, wenn die Regulierung später differenziert.
Blick nach vorn: Zwischen Regulierung, Marktpotenzial und Innovationsdruck
Der Eiopa-Vorschlag ist noch nicht rechtsverbindlich, sondern Teil einer anhaltenden Debatte über die Zukunft von Krypto-Anlagen im institutionellen Kontext. Es ist zu erwarten, dass auch andere Aufsichtsbehörden, insbesondere auf europäischer Ebene, eigene Positionen nachschärfen oder anpassen werden – im Zusammenspiel mit der Entwicklung des MiCAR-Regelwerks (Markets in Crypto-Assets Regulation).
Was bleibt, ist ein Spannungsfeld zwischen Innovationsdruck und Regulierungsbedarf:
- Die Krypto-Märkte reifen weiter – mit besseren Verwahrungslösungen, steigendem institutionellem Volumen und wachsender Markttransparenz.
- Versicherer brauchen klare Regeln, um verantwortungsvoll und effizient investieren zu können.
- Regulierer wollen Risiken minimieren, dürfen aber nicht den Anschluss an internationale Entwicklungen verlieren.
Fazit: Ein klares Stoppsignal – oder der Auftakt zur differenzierten Debatte?
Die Eiopa fordert mit dem Kapitalpuffer von 100 Prozent ein deutliches Sicherheitsnetz für die Versicherungsbranche, wenn es um Krypto-Assets geht. Ob das kluge Vorsicht oder übertriebene Regulierungsstrenge ist, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

Ich glaube, dass die Zusammenarbeit mit motivierten Menschen auf beiden Seiten zusätzliche Energie freisetzt