2 nach unten 4 im Sinn

Kritischer Blick auf die Realität Liebling, ich habe unseren Verstand geschrumpft

Wir hätten es eigentlich wissen müssen. Ein Präsidial-Fauxpas wie Donald Trump war nur eine Frage der Zeit. Doch Vorsicht – Am Ende dürfen auch wir uns nicht wundern, wenn uns früher oder später in Deutschland ein ähnliches Desaster widerfährt.

Mit Fernsehformaten wie „Ich tanz mir einen Wolf“, „Kochen bis der Arzt kommt“ und „Pietro Lombardi allein zu Haus“ wird auch unsere kollektive Intelligenz nach und nach auf ein bemitleidenswertes Maß zurückschrumpfen. Amerika ist uns auch in dieser Beziehung vermutlich nur einfach mal wieder einen Schritt voraus.

Autor bitte nicht verändern)

Bei einem Blick auf das Kapitalmarktumfeld fühle ich mich von der kollektiven Intelligenz derzeit etwas abgekoppelt und bekomme den geltenden Meinungs-Mainstream nicht so richtig unter meine Mütze.

Zinslos, alternativlos, Geld los

Nehmen wir zum Beispiel mal die Aktien, mit denen mich – allein schon aus beruflichen Gründen – eine Art erotische Leidenschaft verbindet. Seit Erfindung des Nullzinses scheinen sich alle Fachleute einig zu sein, dass Aktien alternativlos sind. Alle außer mir. Dafür kann es nur zwei Erklärungsansätze geben: Entweder – ich bin gar kein Fachleut. Oder alle echten Fachleute irren. Das wäre dann allerdings sicherlich eine durchaus sportliche Annahme meinerseits.

Warum tue ich mich mit dem Begriff „alternativlos“ so schwer? Nun, zum einen, weil ich persönlich ziemlich froh bin, wenn ich die Alternative mitunter mal los bin. Beispielsweise dann, wenn die Erotik der Aktien im Baumwollschlüpfer der 50%-Baisse nicht so recht rüber kommen will und Aktien ein Jahrzehnt und länger im biederen Vollbrustkorsett einer Verlustphase eingepfercht sind.

Die vermeintliche Alternativlosigkeit von Aktien

Zum anderen erinnert mich die vermeintliche Alternativlosigkeit von Aktien auffallend an die Dotcom-Blase. Auch seinerzeit führte an Aktien kein Weg vorbei, da das Internetzeitalter angeblich neue Bewertungsmaßstäbe bei Unternehmen rechtfertigte. Das zumindest sagten die Fachleute. Anschließend hatte dann eine Anlegergeneration nur noch ein Ziel: Sich aus der Sadomaso-Umklammerung der Aktien zu befreien.

Sind wir doch mal ehrlich: Bei Aktien ist mit einer jährlichen Rendite von rund 6% zu rechnen. Zumindest ist das die Zahl, die die Fachleute – aufgrund der etwas gedämpften Wachstumsperspektiven – heute für realistisch halten. An den Risiken der Aktienanlage wird sich aller Voraussicht nach wenig ändern. Also geht es ab und an mal 50% gen Süden. Und verharren wir zwischendurch immer mal wieder gut 10 Jahre dauerhaft in der Verlustzone. 

An den Risiken der Aktienanlage wird sich aller Voraussicht nach wenig ändern

6% Rendite, 50% Schluckatmung, 10 Jahre Sauerstoffzelt ergibt – 2 nach unten 4 im Sinn – summa summarum bei aller Leidenschaft kein wirklich alternativloses Chance/Risiko-Verhältnis. Allein in der Kategorie der aktiv gemanagten Fonds finde ich da einige deutlich alternativlosere Alternativen.

Aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit und der nun bereits 8 Jahre andauernden Aktienmarktrallye sollte sich unsere Branche ihrer Verantwortung bewusst sein. Es ist der falsche Weg, Lieschen und Karlchen Müller erneut mit Plattitüden pauschal in die sirenenhafte Erotik der Aktien zu treiben.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die mit Silicon-Erotik aufgemopsten Notenbanken dieses intelligenzfreie Kapitalmarktumfeld noch einige Zeit aufrecht erhalten werden und Hot Chocolate‘s You Sexy Thing zunächst weiterhin als Begleitmusik für die Aktienmärkte auf dem Plattenteller rotieren sollte.

Über eines sollten wir uns schlicht im Klaren sein: Der durchschnittliche deutsche Anleger mit seinen gut 4 Billionen Euro auf Sparbüchern, in Tagesgeldern und in Versicherungen ist für eine Buy&Hold - Aktienstrategie nicht geschaffen. Was zuhause vielleicht noch dem einen oder anderen Spaß macht – erst schmusen, dann peitschen – ist des Deutschen Geldanlage-Erotik definitiv nicht.

Übrigens, was ist eigentlich mit Aktien, wenn uns mal das so lieb gewonnene Wachstum ausgeht?

Kein weiteres Wachstum? Undenkbar? So undenkbar, wie Nullzinsen und Negativzinsen noch vor einigen Jahren waren? Rein logisch betrachtet sind und waren Null- bzw. Negativzinsen in der Tat undenkbar. Denn jemandem Geld zu leihen, ohne dafür Zinsen zu erhalten, ergibt – außer bei Oma – keinen Sinn.

Kein Wachstum hingegen, ergibt unter der unerotischen Brille der Logik durchaus irgendwie, irgendwann mal Sinn. Zumindest für die deutsche Eiche. Denn die hört irgendwann einfach auf zu wachsen. Selbst der Wal hat sich irgendwann gedacht, es reicht und hat sein Wachstum eingestellt. Was sollte dem auch daran liegen, sich vor lauter Größenwahn mit Heck und Flosse zwischen Lissabon und Boston zu verkanten und sich keinen Millimeter mehr bewegen zu können?

Zumindest die Natur zeigt uns also, dass grenzenloses Wachstum kein Selbstläufer ist. Kein Wachstum hieße für die alternativlosen Aktien dann, dass die Luft für die erwarteten 6% Rendite dünn wird.

Nur um das an dieser Stelle noch einmal klarzustellen: Aktien sind eine überaus interessante Anlageform. Daran besteht kein Zweifel. Alternativlos sind sie jedoch bei weitem nicht – insbesondere nicht für den typisch deutschen risikoaversen und zumeist unerfahrenen Anleger. Dieser ist in guten, aktiv gemanagten Fonds sicherlich deutlich besser aufgehoben.

Ausgestreut

Gute, aktiv gemanagte Fonds zeichnen sich durch eine hochflexible Anlagepolitik aus und nutzen im Zweifel fallende und steigende Trends und sind daher nicht auf permanentes Wachstum angewiesen. Das wiederum lässt sich mit der derzeitigen kollektiven Finanzmarkt-Intelligenz nicht so wirklich in Einklang bringen. Einhellige Sichtweise in unserer Branche scheint weiterhin zu sein, dass traditionelle Risikostreuung, also die ausgewogene Streuung des Vermögens auf Aktien, Anleihen & Co., der Schlüssel zum Erfolg ist.

Wir denken wenig und glauben viel."

Wie aber bitte soll in Zeiten von Nullzinsen und strukturell geringem Wachstum mit einem traditionell gestreuten Portfolio ein nachhaltig überzeugendes Chance/Risiko-Verhältnis erzielt werden? Das ist schlicht und ergreifend nicht machbar. Da hilft auch die vermeintliche Wunderwaffe ETF, in die die kollektive Finanzmarkt-Intelligenz heute so gerne investiert, nicht. Ja, zugegeben, auch ETFs haben ihre Berechtigung und sind mitunter durchaus interessant. Aber machen wir uns nichts vor. Ein ETF ist als Index-Tracker systematisch bedingt immer nur Durchschnitt. Also nix sexy Spitzenhöschen – da reden wir über Muttis selbstgestrickten Abstandhalter. Der muss und darf auch mal sein, na klar. Aber Durchschnitt sollte sicherlich nicht des Vermögensverwalters strategisches Ziel sein.

Aber so sind wir heute. Wir denken wenig und glauben viel, machen dabei alles wie die anderen und wundern uns am Ende, wie sich so viele gleichzeitig irren konnten.

Es macht also durchaus Sinn, immer mal wieder über den Tellerrand hinaus zu schauen und Dinge zu hinterfragen, statt sie ungeprüft zu übernehmen. Das hilft zu verhindern, dass man am Ende mit der Masse, der von der Schein-Erotik geblendeten Lemminge, auf der Nase bremst. 

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