„SOS-Kinderdörfer“ und Co. Wenn das Erbe an Fremde geht
Immer mehr Menschen entscheiden sich, ihr Vermögen oder Teile ihres Nachlasses nicht an Angehörige, sondern an gemeinnützige Organisationen zu vermachen.
Große Organisationen wie die „SOS-Kinderdörfer weltweit“, „Ärzte ohne Grenzen“ oder das „Deutsche Rote Kreuz“ erhalten zunehmend Häuser, Autos, Boote oder Geld als Erbe von Verstorbenen. Was motiviert Menschen zu dieser Entscheidung, und welche Konflikte entstehen dadurch mit den Familien der Vererbenden?
Warum gemeinnützige Organisationen im Testament bedacht werden
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Die Beweggründe, gemeinnützige Organisationen zu bedenken, sind vielfältig. Viele Menschen fühlen sich im Alter stark mit humanitären oder sozialen Anliegen verbunden und möchten über den Tod hinaus Gutes tun. Für manche ist es eine Möglichkeit, ein Lebenswerk zu hinterlassen, das anderen zugutekommt.
Werte und Ideale als Motivation
Besonders kinderlose Erblasser entscheiden sich häufig für diesen Weg. Da sie keine direkten Nachkommen haben, sehen sie die Möglichkeit, durch die Unterstützung einer gemeinnützigen Organisation nachhaltige Wirkung zu erzielen. Aber auch Eltern, die eigene Kinder haben, treffen mitunter diese Entscheidung. Dies geschieht oft, wenn die Erblasser der Ansicht sind, dass ihre Kinder bereits finanziell abgesichert sind oder nicht auf das Erbe angewiesen sind.
Steuerliche Vorteile
Ein weiterer Anreiz sind steuerliche Vorteile: Gemeinnützige Organisationen sind von der Erbschaftssteuer befreit. Im Vergleich dazu kann das Vererben an Kinder oder andere Verwandte mit hohen Steuerlasten verbunden sein, insbesondere bei größeren Vermögen.
Was passiert mit geerbtem Eigentum?
Organisationen wie die „SOS-Kinderdörfer weltweit“ oder „Ärzte ohne Grenzen“ haben oft spezialisierte Abteilungen, die sich um Nachlassabwicklungen kümmern. Häuser, Grundstücke oder Fahrzeuge, die vererbt werden, werden in der Regel verkauft. Der Erlös fließt dann direkt in die Projekte der Organisationen – etwa in den Bau von Schulen, die medizinische Versorgung in Krisengebieten oder die Unterstützung von Waisenhäusern.
Verantwortungsvoller Umgang mit dem Erbe
Die Organisationen legen großen Wert darauf, die Wünsche der Erblasser zu respektieren. Viele Testamente enthalten konkrete Vorgaben, wie das Vermögen verwendet werden soll. Beispielsweise kann ein Nachlass ausdrücklich für ein bestimmtes Projekt oder eine Region bestimmt sein.
Konflikte mit Angehörigen: Ein Erbe sorgt für Spannungen
Die Entscheidung, das Erbe an eine gemeinnützige Organisation zu geben, ist eine sehr persönliche. Sie spiegelt oft die Werte und Überzeugungen des Erblassers wider und kann über den Tod hinaus positive Veränderungen bewirken."
Nicht selten sorgt die Entscheidung, das Erbe an eine gemeinnützige Organisation zu geben, für Spannungen innerhalb der Familie. Insbesondere Kinder oder andere nahe Angehörige fühlen sich übergangen oder benachteiligt.
Gefühl der Zurückweisung
Viele Kinder empfinden die Entscheidung ihrer Eltern, das Erbe an eine Organisation zu geben, als Zurückweisung. Sie sehen es nicht nur als finanziellen Verlust, sondern auch als Zeichen mangelnder Wertschätzung. Oft kommen ungeklärte familiäre Konflikte ans Licht, die durch das Testament noch verstärkt werden.
Anfechtung des Testaments
In manchen Fällen versuchen Angehörige, das Testament anzufechten. Zwar können Erblasser frei über ihr Vermögen verfügen, allerdings steht Kindern oder Ehepartnern ein Pflichtteil zu, der ihnen nicht vorenthalten werden darf. Das Pflichtteilsrecht ist ein gesetzlicher Mindestanspruch und kann auch nicht durch ein Testament umgangen werden.
Wie Organisationen mit Konflikten umgehen
Gemeinnützige Organisationen sind sich der Sensibilität solcher Fälle bewusst und bemühen sich um Transparenz und Einfühlungsvermögen im Umgang mit Angehörigen. Einige bieten bereits zu Lebzeiten der Erblasser Beratungsgespräche an, um sicherzustellen, dass die Entscheidung gut durchdacht ist.
Kommunikation als Schlüssel
Experten raten dazu, die Entscheidung offen mit der Familie zu besprechen. Ein frühzeitiges Gespräch kann Missverständnisse vermeiden und den Angehörigen die Möglichkeit geben, die Beweggründe des Erblassers nachzuvollziehen.
Vorab-Testamentsplanung
Organisationen empfehlen außerdem, frühzeitig eine rechtssichere Testamentsplanung vorzunehmen. Dadurch lassen sich Unklarheiten vermeiden, und die Wünsche des Erblassers können bestmöglich umgesetzt werden.
Ein Erbe mit Bedeutung
Für Angehörige ist es wichtig, die Beweggründe zu respektieren und die Entscheidung als Ausdruck der persönlichen Freiheit zu akzeptieren. Durch offene Kommunikation und rechtliche Klarheit kann verhindert werden, dass diese Entscheidung zu Konflikten führt. Letztlich bleibt das Ziel, dass das Vermögen dort ankommt, wo es wirklich gebraucht wird – und Gutes bewirkt.
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