EU-Kritik: Schiefe Leistungsbilanz, Investitonsmangel, überteuerte Immobilien

Deutschland berechtigt am Pranger? EU-Kommission fordert höhere Ausgaben

Kritiker der "Schwarzen Null" hierzulande dürfen sich über Zuspruch von außen freuen. Jetzt hat die EU-Kommission den deutschen Staat aufgefordert, mehr Geld für Investitionen auszugeben. Unter dem Strich bedeutet das mehr Schulden und Inkaufnahme von Defiziten. Andernfalls befürchtet man EU-seitig eine Verschärfung von wirtschaftlichen Ungleichgewichten im Unionsraum.

Deutschland steht nicht alleine unter Beobachtung. Die Empfehlung basiert auf dem sogenannten Warnmechanismus-Bericht. Dreizehn Mitgliedsstaaten werden darin aus Brüssel ob ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik gerüffelt. "Übersparsame" stehen genauso am Pranger wie "Schuldensünder". Sowohl ein Zuviel als auch ein Zuwenig an Ausgaben gefährdet laut Bericht das makroökonomische Gleichgewicht und die volkswirtschaftliche Stabilität im EU-Raum.

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EU-Kritik: Schiefe Leistungsbilanz, Investitonsmangel, überteuerte Immobilien

Die Vorwürfe gegen Deutschland sind nicht neu. Ein zu hoher Leistungsbilanzüberschuss, zu geringe private Konsumausgaben und Investitionen - das hört man schon seit Jahren von verschiedenen Seiten. Neu ist die Warnung vor einer möglichen Überbewertung von Immobilien im Land durch die stark gestiegenen Preise - Blasen-Gefahr liegt aus Brüsseler Sicht in der Luft. Ähnlich kritisiert wie Deutschland werden auch die Niederlande. Deren wirtschaftliche Bedeutung ist nur geringer. Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis fordert daher besonders die öffentliche Hand in Deutschland auf, mehr Geld auszugeben - also de facto eine Abkehr von der "Schwarzen Null".

Aber sind solche Forderungen überhaupt begründet? Der EU-Bericht beruht im Wesentlichen auf Ist-Daten, die sich auf die Vergangenheit beziehen. Unberücksichtigt bleiben dabei einige zwischenzeitlich eingetretene Entwicklungen und die finanziellen Folgen von politischen Beschlüssen, die erst in der Zukunft wirksam werden. Das gilt zum Beispiel für die Grundrente. Der Leistungsbilanzüberschuss hat sich schon erheblich verringert. Weniger durch eigene Aktivität als durch die weltwirtschaftliche Lage - Stichwort: Handelskonflikte, wachsende Unsicherheit.

Deutschland betreibt bereits expansive Finanzpolitik

Der deutsche Stabilitätsrat bescheinigt der Bundesregierung bereits den Übergang zu einer expansiven Ausgabenpolitik."

Aber auch in puncto Staatsausgaben ist Deutschland nicht so sparsam, wie es mit dem Blick zurück scheint. Der für die Überwachung der Schuldenbremse zuständige deutsche Stabilitätsrat bescheinigt der Bundesregierung bereits den Übergang zu einer expansiven Ausgabenpolitik. Die Haushaltsüberschüsse werden demnächst Geschichte sein.

Die Staatsausgaben steigen bis Ende 2021 um 70 Milliarden Euro stärker als die Einnahmen. Sozialreformen, Klimabeschlüsse, höhere Verteidigungsausgaben und andere Maßnahmen zeigen Wirkung.

Für ein zusätzliches ausgabenwirksames Konjunkturprogramm sehen Experten derzeit überdies keinen Anlass. Trotz etwas schwächere Konjunktur drohe keine Rezession.

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