Neue Strategien in der Personalabteilung Über Mitarbeiterwohnungen Fachkräfte an sich binden
Das Konzept ist alt: Mitarbeiter mit Wohnungsvermietung an ein Unternehmen zu binden. Werkswohnungen gab es schon bei Krupp im 19. Jahrhundert. Sie prägen bis heute ganze Viertel in Städten des Ruhrgebiets. In Zeiten des Fachkräftemangels und explodierender Mieten kommt das Konzept zu neuen Ehren.
Noch in den 1970er Jahren gab es in der alten Bundesrepublik rund 450.000 Werkswohnungen. Danach trennte sich manches Unternehmen von seinen Immobilien und machte sie zu Geld. Gerade in der kriselnden Kohle- und Stahlindustrie mit ihren rückläufigen Beschäftigtenzahlen hatten Werkswohnungen an Bedeutung verloren. Anderen Branchen erging es ähnlich und sie reagierten ähnlich.
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Bindung mit Licht und Schatten
Heute erlebt das Konzept in veränderter Form eine Renaissance. Bezahlbarer Wohnraum ist selbst für qualifizierte Arbeitskräfte mit guten Gehältern eine Herausforderung geworden. Das gilt besonders in wirtschaftsstarken Großstädten und Ballungsräumen. In Zeiten eines zunehmenden Fachkräftemangels gehen Firmen verstärkt wieder dazu über, Mitarbeitern firmeneigene Wohnungen zu bezahlbaren Mieten zur Verfügung zu stellen. Sie bieten damit nicht nur attraktiven Anreize, sondern binden Fachkräfte auch.
Der besondere Clou: seit Jahresbeginn 2020 gilt eine steuerliche Neuregelung, nach der Arbeitnehmer den Vorteil einer verbilligten Wohnung vom Arbeitgeber nicht mehr versteuern müssen - ein deutlicher Unterschied zu anderen geldwerten Vorteilen. Natürlich gibt es auch einen Wermutstropfen. Ist die Arbeitsstelle weg, ist auch die Wohnung weg. Das ist die andere Seite der "Bindungswirkung". Eine Firmenwohnung verstärkt die Abhängigkeit.
Werkswohnungen gab es schon bei Krupp im 19. Jahrhundert."
10.000 neue Firmenwohnungen jährlich
Trotzdem: die meisten Arbeitnehmer dürften sich über billigen Wohnraum - vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt - freuen. Erstmals seit längerer Zeit wird auch wieder aktiv in den Neubau von Firmenwohnungen investiert. Laut Prognose des Instituts Regiokontext dürften in den nächsten Jahren 10.000 zusätzliche Mitarbeiterwohnungen p.a. entstehen. Damit ist man zwar von den Größenordnungen früherer Zeiten noch ein ganzes Stück entfernt - aber immerhin.
Zu den Bauherren zählen bekannte Namen wie Deutsche Bahn oder Volkswagen, aber auch Unternehmen mit regionalem Schwerpunkt und geringerer Bekanntheit nutzen die Mitarbeiterwohnung als Bindungsinstrument. Nähe zum Arbeitsort ist nach wie vor ein wichtiges Kriterium. Ansonsten haben die Wohnungen mit den Werkswohnungen des 19. Jahrhunderts nur wenig gemein, ebenso wie ihre Bewohner - White Collar-Worker statt Kumpel und Stahlkocher prägen das Bild.
Autor: Lothar Schmidt, ls-finanzcoaching.de