In Deutschland findet ein Umdenken statt "Volk der Mieter" will Eigentum
Beim Thema Wohnen gibt es in Deutschland einen bemerkenswerten Unterschied zu anderen europäischen Ländern. Die Mehrzahl der Deutschen - konkret 56 Prozent - wohnt zur Miete. Woanders sieht das genau umgekehrt aus. Ist die Mietwohnung für Bundesbürger ein Wunsch oder eine Notlösung? Aufschluss dazu gibt eine aktuelle Umfrage im Auftrag der ING-Diba.
Nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung lebt hierzulande in den eigenen vier Wänden - und das in einem Land, in dem die Bausparkassen erfunden wurden und seit nahezu hundert Jahren existieren. Bei unseren südeuropäischen Nachbarn unvorstellbar. 83 Prozent der Spanier besitzen ein Eigenheim, in Italien sind es immerhin 69 Prozent. In der ING-Diba-Studie wurden insgesamt 13 europäische Staaten untersucht. Nur in einem waren Eigentümer in der Minderheit - eben in Deutschland: Wie ist das zu erklären?
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Warum die Mehrheit der Deutschen zur Miete wohnt
Am aktuellen Wohlstand kann es nicht liegen, denn hier befinden wir uns weit vorne. Die Gründe sind eher in der Vergangenheit zu suchen. Zweimal wurden im 20. Jahrhundert die privaten Geldvermögen durch Krieg und Inflation nahezu vollständig vernichtet. Für den Eigentumserwerb eine schlechte Ausgangsposition. Dazu kommt die reale Zerstörung von Immobilieneigentum im Zweiten Weltkrieg. Alleine in Berlin waren bei Kriegsende rund 560.000 Wohnungen vernichtet. Millionen Deutsche verloren überdies ihr Eigenheim bei Flucht und Vertreibung. Und in der DDR stand die Bildung von privatem Wohneigentum sicher nicht auf der politischen Agenda - im Gegenteil.
Auch andere Länder hatten ihre Krisen und Verwüstungen, doch so geballt wie bei uns war es wohl nirgends. Außerdem haben sich die Deutschen seit den Wirtschaftswunderjahren ganz gut mit der Mietwohnung eingerichtet. Der soziale Wohnungsbau schuf viel Angebot und Wohnen zur Miete hat auch Vorteile. Man bleibt flexibel und muss sich um wenig kümmern. Doch so ganz glücklich sind Deutschlands Mieter offenbar heute nicht. Das zeigt die Umfrage.
51 Prozent der Mieter sagen, sie würden eigentlich lieber in eigenen vier Wänden leben."
Der Wille ist da, es fehlt das Können
Zwar ist man als Mieter im Großen und Ganzen zufrieden, bei den Eigenheimbesitzern ist die Zufriedenheit aber ein Stückchen größer. Und 51 Prozent der Mieter sagen, sie würden eigentlich lieber in eigenen vier Wänden leben.
Umgekehrt erklärt nur jeder zehnte Eigentümer, er wünsche sich eine Mietwohnung. Knapp 58 Prozent der Befragten sind der Ansicht, es würde mehr Wohneigentum erworben, wenn man es sich leisten könnte. Und eine gute Portion Resignation ist auch festzustellen: 56 Prozent der Mieter meinen, sie würden sich Wohneigentum wahrscheinlich nie leisten können.
Die hohen Preise machen anscheinend trotz Wohlstand die Hoffnung auf Wohneigentum zunichte.
Freiräume schaffen für ein gutes Leben.