Niedrigzinsen verursachen Probleme Zusatzversorgungskassen (ZVK) in Nöten
Wenn von Problemen durch anhaltende Niedrigzinsen für die Altersversorgung die Rede ist, stehen meistens Lebensversicherer oder betriebliche Pensionseinrichtungen im Fokus, von Zusatzversorgungskassen ist seltener die Rede. Dabei sind sie nicht minder betroffen.
Das mag an der Unübersichtlichkeit und Intransparenz der Zusatzversorgungskassen liegen. Weder arbeiten sie nach einheitlichen Prinzipien, noch unterliegen sie einer gemeinsamen Aufsicht. Während bei Versicherern und Pensionskassen die BaFin über die Einhaltung von Regeln und die Funktionsfähigkeit wacht, ist die Aufsicht bei den Zusatzversorgern stark dezentralisiert. Das macht einen Gesamtüberblick schwierig, zumal die Kassen nicht mit Publizität glänzen.
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Beachtliche Größe im System der Altersversorgung
Dabei stellen sie eine beachtliche Größe dar. Die Zusatzversorgung richtet sich an Arbeitnehmer und Angestellte des öffentlichen sowie des kirchlichen Dienstes, die anders als Beamte keine Pensionsansprüche besitzen. Sie ergänzt und ersetzt zum Teil deren Altersversorgung, die sonst über die gesetzliche Rentenversicherung stattfindet. Derzeit gibt es in Deutschland insgesamt 23 Zusatzversorgungskassen, die für 5,3 Millionen Mitarbeiter in öffentlichen oder kirchlichen Einrichtungen zuständig sind. Hinzu kommen 6,2 Millionen Anspruchsberechtigte, die dort zeitweise beschäftigt waren und derzeit beitragsfrei sind.
Die Kassen arbeiten teils - wie die Rentenversicherung - nach den Umlageverfahren, teils funktionieren sie - wie Lebensversicherungen - kapitalgedeckt. Hier belasten die niedrigen Zinsen besonders. Betroffen sind aber auch die nach dem Umlageverfahren arbeitenden Einrichtungen, die für vorübergehende Anlagen ebenfalls kaum noch Erträge erwirtschaften. Die niedrigen Zinsen verschärfen aber auch noch andere Mängel im System.
Die Zusatzversorgung richtet sich an Arbeitnehmer und Angestellte des öffentlichen sowie des kirchlichen Dienstes.
Mängel im System
Seit 2002 werden die Versorgungsansprüche auf der Basis eines bundeseinheitlichen Punktemodells berechnet. Die bei der Kalkulation damals zugrundegelegten Rechnungszinssätze und Sterbetafeln entsprechen aber nicht mehr der Wirklichkeit. Der Rechnungszins von im Schnitt vier Prozent ist heute kaum noch darstellbar, auch wenn die Zusatzversorger im Gegensatz zu Lebensversicherungen bei Kapitalanlagen weniger restringiert sind. Nicht minder problematisch ist die Anwendung der Sterbetafeln. So wurde bei der Einführung des Punktesystems davon ausgegangen, dass ein Mann mit 60 Jahren noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von 22,3 Jahren hat. Aktuelle Berechnungen gehen aber davon aus, dass es sieben Jahre mehr sind.
Überhöhte Rechnungszinsen bei der Kalkulation und eine systematische Unterschätzung der Lebenserwartung - es dürfte klar sein, dass das Löcher reißt und die Kassen in Bedrängnis bringen muss. Ein Ausfall ist dennoch kaum zu erwarten, da letztlich die öffentliche Hand bzw. die Kirchen hinter den Kassen stehen. Einige Zusatzversorger haben in den letzten Jahren aber mit Beitragsanhebungen reagiert, dennoch zeigt man sich diesbezüglich zögerlich. Eine grundlegende Reform des Zusatzversorgungssystems in Richtung mehr Realitätsnähe scheint jedenfalls angezeigt.
Autor: Holger B. Nentwig, holger.nentwig@gfmsnentwig.de