Bleibende Lektionen für Anleger Abschied einer Ikone
Warren Buffett, der Jahrhundertinvestor aus Omaha, kündigt nach sechzig Jahren seinen Rückzug von der Spitze von Berkshire Hathaway an. Eine Ära geht zu Ende – nicht nur für das Unternehmen, das er aufgebaut hat, sondern für eine ganze Generation von Anlegern, die in ihm mehr sahen als nur einen erfolgreichen Finanzmanager.
Für viele war Buffett ein Vorbild, ein ruhiger Gegenpol zum hektischen Treiben der Wall Street – und ein lebender Beweis dafür, dass langfristiges Denken, Einfachheit und Disziplin an der Börse mehr zählen als technologische Raffinesse oder modische Trends.
Mit dem bevorstehenden Rücktritt beginnt nicht nur bei Berkshire ein neues Kapitel. Auch für Anlegerinnen und Anleger stellt sich die Frage: Was bleibt von Buffett? Was können wir lernen aus einer Karriere, die in einem winzigen Textilkonglomerat begann – und in einem der wertvollsten Unternehmen der Welt mündete? Und was sagt uns sein Ansatz über die viel beschworene Alternative zum aktiven Investieren: den ETF?
Der Reiz des Einfachen
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Einer der zentralen Mythen rund um Warren Buffett ist die Vorstellung, dass er ein Genie mit unerreichbarem Instinkt sei. Doch bei genauerem Hinsehen beruht sein Erfolg auf erstaunlich einfachen Grundprinzipien. Buffett investierte bevorzugt in Unternehmen, die er verstand, die stabile Erträge erwirtschafteten und langfristig wirtschaftlich attraktiv aufgestellt waren. Seine berühmteste Maxime: „Kaufe nur das, was du auch zehn Jahre halten würdest, wenn der Markt morgen schließt.“
Dabei ging es ihm nie um das Ausnutzen kurzfristiger Marktbewegungen, technischer Indikatoren oder hochfrequenter Strategien. Stattdessen setzte er auf:
- Geduld: Die Fähigkeit, auf den richtigen Moment zu warten – und dann entschlossen zu handeln.
- Disziplin: Ein klarer Rahmen für Anlageentscheidungen, frei von Emotion und Gruppendruck.
- Langfristigkeit: Investieren nicht als Spekulation, sondern als Beteiligung an echten Unternehmen.
Diese Haltung wirkt heute, im Zeitalter von Meme-Stocks, Krypto-Hypes und algorithmischem Trading, beinahe aus der Zeit gefallen. Und doch ist sie aktueller denn je – gerade in einem Umfeld, in dem viele Privatanleger in ETFs investieren, ohne die Unternehmen zu kennen, die hinter den Indexkürzeln stehen.
Besser als der Markt?
Dass Buffett nicht nur philosophisch überzeugt, sondern auch ökonomisch Erfolg hatte, zeigt sich an den Zahlen. Über Jahrzehnte hinweg schlug er mit seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway die großen Indizes – und das mit einem vergleichsweise geringen Risikoprofil. Zwar ist in den letzten Jahren der Vorsprung gegenüber dem S&P 500 geschmolzen, doch die Langfristbilanz bleibt beeindruckend.
Für viele Beobachter stellt sich deshalb die Frage: Ist Buffetts Ansatz der bessere ETF? Die Antwort hängt vom Blickwinkel ab. ETFs bieten Diversifikation, Transparenz und niedrige Kosten – und sind damit für viele Anleger sinnvoll. Doch sie setzen implizit voraus, dass man nicht besser sein kann als der Markt. Buffett aber hat gezeigt, dass es möglich ist – wenn man bereit ist, anders zu denken.
Nicht das Timing des Marktes war seine Stärke, sondern das Verstehen von Unternehmen. Nicht Geschwindigkeit, sondern Gründlichkeit. Nicht Breite, sondern Tiefe.
Die Psychologie des Erfolgs
Warren Buffett war nie ein Guru, der die Zukunft vorhersagen konnte. Doch er war – und bleibt – ein Maßstab dafür, wie man sich in einer komplexen Welt rational, diszipliniert und verantwortungsvoll verhalten kann. Sein Erfolg war kein Zufall, sondern das Ergebnis eines klaren, konsequenten Weges."
Ein oft übersehener Aspekt von Buffetts Wirken ist seine Gelassenheit. In Phasen von Euphorie und Panik blieb er ruhig – ein Anker in stürmischen Zeiten. Dieses Verhalten ist schwer zu kopieren, aber lehrreich: Denn der größte Feind des Anlegers ist oft nicht der Markt, sondern die eigene Emotion.
Buffett warnte immer wieder davor, aus Angst zu verkaufen oder aus Gier zu kaufen. Stattdessen setzte er auf antizyklisches Verhalten: kaufen, wenn andere verkaufen, und Geduld haben, wenn andere nervös werden. Diese innere Haltung, gepaart mit einem tiefen Vertrauen in den Kapitalismus als langfristiges Wohlstandsmodell, prägte sein gesamtes Denken.
Dabei machte er auch Fehler – etwa bei Investitionen in Fluggesellschaften oder Technologieunternehmen in früheren Jahren. Doch statt diese zu verschweigen, analysierte er sie offen und zog seine Lehren daraus. Auch das: ein Unterschied zu vielen modernen Anlageberatern.
Was bleibt für die nächste Generation?
Mit dem Abschied Buffetts wird die Frage nach der Zukunft seines Erbes laut. Greg Abel, sein designierter Nachfolger, gilt als sachlich, erfahren und loyal – doch ob er die gleiche Aura ausstrahlen kann, ist fraglich. Wichtiger aber ist die Frage, ob Buffetts Prinzipien auch ohne seine Person Bestand haben. Die Antwort ist: Ja – wenn man bereit ist, sich auf sie einzulassen.
Denn was Buffett hinterlässt, ist mehr als ein Portfolio. Es ist ein Denken über Geld, Risiko, Zeit und Verantwortung. Ein Denken, das gerade in einer unübersichtlichen Welt Orientierung bieten kann.
Fazit: Kein Guru – aber ein Maßstab
Warren Buffett war nie ein Guru, der die Zukunft vorhersagen konnte. Doch er war – und bleibt – ein Maßstab dafür, wie man sich in einer komplexen Welt rational, diszipliniert und verantwortungsvoll verhalten kann. Sein Erfolg war kein Zufall, sondern das Ergebnis eines klaren, konsequenten Weges.
Für Anleger heute bedeutet das: Es braucht nicht immer die neusten Tools oder exotischsten Produkte, um erfolgreich zu investieren. Oft reicht ein klarer Blick, Geduld und das Vertrauen in gute Unternehmen. ETFs sind ein sinnvolles Instrument – doch wer den Mut und die Zeit hat, kann mit einem Buffettschen Ansatz auch heute noch mehr erreichen.

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