Anleihen sind nicht mehr das ungeliebte Anhängsel in Portfolios, sondern könnten in den kommenden Jahren eine Hauptrolle übernehmen

Pimco-Anlagechef Anleihen so attraktiv wie selten

Von der Zinsdürre zum Comeback.

Über viele Jahre hinweg galten Anleihen als wenig reizvolle Anlageklasse. Die Niedrigzinsphase nach der Finanzkrise 2008 drückte ihre Renditen auf historische Tiefststände, in Europa teilweise sogar in den negativen Bereich. Anleger mieden Zinspapiere, weil sie kaum Erträge boten und real durch Inflation Verluste verursachten. Doch die Zinswende seit 2022 hat das Bild grundlegend verändert. Dan Ivascyn, Group Chief Investment Officer beim US-Investmenthaus Pimco, spricht von einem „besonders attraktiven Einstiegszeitpunkt“ für Anleihen. Seine Einschätzung wirft die Frage auf: Warum sieht ein führender Bond-Investor gerade jetzt so große Chancen im Rentenmarkt – und wie positionieren sich Anleger klug zwischen Anleihen und Aktien?

Die neue Ausgangslage nach der Zinswende

Über mehr als ein Jahrzehnt hinweg hatten Notenbanken die Zinsen drastisch gesenkt, um Finanzkrisen zu bekämpfen und Wirtschaftswachstum zu stützen.

Das Resultat waren Anleiherenditen, die vielerorts nahe null oder darunter lagen. Erst mit dem Inflationsschub 2021–2022 änderte sich die Lage dramatisch:

  • Die US-Notenbank Fed hob ihre Leitzinsen in kurzer Zeit von nahezu null auf über 5 %.
  • Die Europäische Zentralbank folgte mit einer Serie historisch schneller Zinsschritte und erreichte ein Niveau von 4 %.
  • Die Renditen zehnjähriger US-Treasuries stiegen zeitweise über 4,5 %, deutsche Bundesanleihen kletterten von Negativrenditen auf über 2,5 %.

Für Anleihen bedeutet das: Nach Jahren der Ertragsschwäche sind wieder laufende Renditen möglich, die Anlegern reale Chancen bieten.

Ivascyns Argumente für Anleihen

Dan Ivascyn betont, dass die Kombination aus attraktiven Kupons und der Aussicht auf fallende Zinsen Anleihen derzeit besonders interessant macht. Seine Kernargumente:

  • Hohes Ausgangsniveau: Anleihen bieten wieder Zinsen, die in vielen Fällen oberhalb der Inflation liegen – ein Novum nach den langen Nullzinsjahren.
  • Risikobalance im Portfolio: In einem Umfeld, in dem Aktienbewertungen bereits hoch erscheinen, können Anleihen eine stabilisierende Rolle übernehmen.
  • Potenzial bei Zinssenkungen: Sollten die Notenbanken ihre Leitzinsen in den kommenden Jahren wieder senken, steigen die Kurse bereits ausgegebener Anleihen. Anleger profitieren also doppelt – von Kupons und Kursgewinnen.

Aus seiner Sicht ist dies ein Umfeld, das sich nur selten in dieser Kombination ergibt.

Vergleich mit Aktien

Anleihen sind nicht mehr das ungeliebte Anhängsel in Portfolios, sondern könnten in den kommenden Jahren eine Hauptrolle übernehmen – als Renditequelle und als Stabilisator in einem unsicherer werdenden Marktumfeld."

Über Jahrzehnte hinweg waren Aktien die klar überlegene Anlageklasse, wenn es um langfristigen Vermögensaufbau ging. Sie boten höhere Renditen, während Anleihen oft nur Kapitalerhalt oder geringe Zuwächse sicherten. Doch im aktuellen Umfeld stellt sich die Frage, ob das Verhältnis zwischen Risiko und Ertrag neu bewertet werden muss.

  • Aktienmärkte: In den USA haben große Technologiewerte die Kurse auf Rekordniveaus getrieben. Bewertungen sind hoch, die Gewinnentwicklung hängt stark von wenigen Unternehmen ab.
  • Anleihenmärkte: Hier bieten sich nach langer Durststrecke wieder berechenbare Erträge. Für Anleger, die Stabilität und kalkulierbare Einnahmen suchen, erscheinen Zinspapiere attraktiver als in den Jahren zuvor.

Ivascyn sieht daher eine Phase, in der Anleihen nicht nur als sicherer Baustein im Portfolio dienen, sondern auch im Renditevergleich mit Aktien bestehen können.

Chancen und Risiken für Anleger

Der Anleihenmarkt eröffnet neue Perspektiven – doch wie immer gibt es auch Risiken:

  • Chancen: Attraktive Kupons, mögliche Kursgewinne bei fallenden Zinsen, bessere Diversifikation im Portfolio.
  • Risiken: Bleibt die Inflation hartnäckig hoch, könnten Notenbanken gezwungen sein, Zinsen länger oben zu halten oder erneut zu erhöhen. In diesem Szenario bleiben Kursgewinne aus, und reale Erträge schrumpfen.

Anleger müssen also darauf achten, welche Segmente sie wählen: Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, Hochzinsanleihen oder Schwellenländerpapiere – jede Kategorie hat eigene Chancen und Risiken.

Psychologische Komponente

Die Einschätzung von Anleihen ist auch eine Frage der Wahrnehmung. Viele Privatanleger haben die langen Jahre der Niedrigzinsen noch im Kopf und betrachten Bonds als langweilig oder unattraktiv. Der Wechsel fällt schwer: Aktien sind das Symbol für Dynamik, Anleihen für Stillstand. Doch das Umfeld hat sich grundlegend geändert – und es braucht ein Umdenken, um Chancen zu erkennen.

Fazit

Anleihen sind zurück auf der Bühne. Nach Jahren der Enttäuschung eröffnet die Zinswende Anlegern Möglichkeiten, die es lange nicht gab.

  • Ja, Zinspapiere bieten wieder attraktive Erträge.
  • Ja, sie sind im Vergleich zu hoch bewerteten Aktien derzeit besonders interessant.
  • Aber nein, sie sind kein Selbstläufer. Inflation, Zinsentwicklung und Bonitätsrisiken müssen genau beobachtet werden.

Die Einschätzung von Pimco-Anlagechef Dan Ivascyn spiegelt eine Zeitenwende wider: Anleihen sind nicht mehr das ungeliebte Anhängsel in Portfolios, sondern könnten in den kommenden Jahren eine Hauptrolle übernehmen – als Renditequelle und als Stabilisator in einem unsicherer werdenden Marktumfeld.

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