Finanzlexikon Artikel 9-Fonds
Nachhaltigkeit mit Ansage.
Immer mehr Fonds tragen das Etikett „nachhaltig“. Doch nur ein kleiner Teil fällt in die strengste Kategorie der EU-Offenlegungsverordnung – die Artikel 9-Fonds. Sie versprechen, gezielt in Anlagen zu investieren, die ein nachhaltiges Ziel verfolgen. Das ist mehr als ein guter Vorsatz oder ein Ausschluss bestimmter Branchen. Hier steht Wirkung im Mittelpunkt: Das investierte Geld soll messbar Positives bewirken – für Umwelt oder Gesellschaft.
Was Artikel 9 bedeutet
box
Die EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) teilt Fonds in drei Stufen:
- Artikel 6: Keine besonderen Nachhaltigkeitsziele.
- Artikel 8: Fonds, die ökologische oder soziale Merkmale fördern.
- Artikel 9: Fonds, die ein klares, nachhaltiges Anlageziel verfolgen – mit überprüfbarer Wirkung.
Artikel 9-Fonds müssen offenlegen, welches Ziel sie erreichen wollen (z. B. CO₂-Reduktion, Zugang zu Bildung, erneuerbare Energien) und wie sie messen, ob das gelingt.
Wie Wirkung definiert wird
Nachhaltige Wirkung heißt: Das investierte Kapital verändert reale Abläufe. Ein Solarpark wird gebaut, Energieeffizienz gesteigert oder ein Bildungsprojekt finanziert. Entscheidend ist der Kausalzusammenhang – also ob der Fondsbeitrag tatsächlich einen Unterschied macht, nicht nur Anteile an bereits bestehenden grünen Firmen kauft.
So kann das aussehen: Ein Fonds investiert in Anleihen, mit deren Erlös Windparks gebaut werden. Die Emission wird überprüft, der Energieertrag gemessen, der CO₂-Vorteil berechnet. Damit entsteht eine überprüfbare Wirkung. Dagegen gilt der bloße Kauf von Aktien großer Energiekonzerne mit „grünem Image“ nicht als Impact im Sinne von Artikel 9.
Kontrolle und Nachweis
Artikel 9-Fonds müssen regelmäßig berichten, wie nah sie ihrem Ziel kommen. Die EU schreibt dazu Indikatoren vor, etwa:
- Treibhausgasreduktion (z. B. vermiedene Tonnen CO₂)
- Sozialer Nutzen (z. B. neue Arbeitsplätze, Zugang zu sauberem Wasser)
- Gute Unternehmensführung (z. B. Korruptionsprävention, Transparenz)
Diese Angaben sollen vergleichbar sein. Doch noch fehlt Einheitlichkeit. Manche Anbieter berichten detailliert mit geprüften Daten, andere nur mit Hochrechnungen. Die EU arbeitet an Standards, um Greenwashing zu vermeiden.
Herausforderungen in der Praxis
Artikel 9-Fonds sind das ehrgeizigste Segment nachhaltiger Geldanlage. Sie verbinden Rendite mit dem Anspruch messbarer Veränderung."
Der Anspruch ist hoch, die Umsetzung komplex. Viele Fonds müssen erst verlässliche Datenquellen aufbauen. Wirkung entsteht oft über Jahre, während Anleger Ergebnisse nach Monaten erwarten. Hinzu kommt: Wenn ein Unternehmen seine Nachhaltigkeitsdaten ändert, muss der Fonds laufend nachjustieren. Das erhöht Aufwand und Unsicherheit.
Auch der Markt selbst bewegt sich: Einige Fonds, die zunächst als Artikel 9 galten, wurden herabgestuft, weil ihre Datenbasis oder Zieldefinition zu schwach war. Das zeigt: Die Regeln greifen, aber sie fordern Transparenz ein – auch über Rückschritte.
Chancen für Anleger
Artikel 9-Fonds zielen nicht nur auf Rendite, sondern auch auf Wirkung. Das kann langfristig attraktiv sein, wenn gesellschaftliche und politische Ziele in dieselbe Richtung zeigen – etwa bei Energie, Infrastruktur oder Bildung. Anleger profitieren von doppelter Rendite: finanziell und in Form realer Fortschritte.
Doch der Preis ist höherer Prüfaufwand. Wer hier investiert, sollte bereit sein, Berichte zu lesen und Zwischenziele zu verfolgen. Es geht nicht um „grünes Gefühl“, sondern um nachvollziehbare Ergebnisse.
Praxis-Check: Worauf Sie achten sollten
- Klares Ziel: Ist das Nachhaltigkeitsziel eindeutig formuliert und nachvollziehbar messbar?
- Transparente Methodik: Erklärt der Fonds, wie Wirkung gemessen und unabhängig überprüft wird?
Hilfreich ist auch der Blick auf Drittbewertungen. Seriöse Anbieter veröffentlichen Gutachten oder nutzen externe Prüfer. Fehlende Nachweise oder unklare Kennzahlen sind Warnsignale.
Warum Kontrolle Vertrauen schafft
Wirkung braucht Vertrauen – und Vertrauen braucht Kontrolle. Gute Fonds machen aus beidem kein Gegensatzpaar. Sie zeigen offen, wo Fortschritte sichtbar sind und wo sie noch Lücken haben. Diese Ehrlichkeit wird zunehmend zum Qualitätsmerkmal. Anleger sollten sich daher weniger von Marketingbegriffen leiten lassen, sondern von geprüfter Wirkung.
Fazit
Artikel 9-Fonds sind das ehrgeizigste Segment nachhaltiger Geldanlage. Sie verbinden Rendite mit dem Anspruch messbarer Veränderung. Der Weg dorthin ist anspruchsvoll: Wirkung braucht Zeit, Daten und klare Kommunikation. Wer bereit ist, diese Transparenz einzufordern, investiert nicht nur nachhaltig, sondern auch bewusst. Nachhaltigkeit ist hier kein Etikett – sondern ein Versprechen mit Berichtspflicht.
Maßgeschneiderte Anlagelösungen mit zuverlässigem Risikomanagement. Dabei stets transparent, ehrlich & fair.




