Detlef Esslinger von der Süddeutschen Die Freude, Steuern zahlen zu dürfen
Glücksgefühle beim Steuerabzug halten sich im Allgemeinen in Grenzen. Die Pflicht, Steuern zahlen zu müssen, wird von den meisten Steuerpflichtigen als Last empfunden. Für eine andere Sichtweise plädiert Detlef Esslinger von der Süddeutschen Zeitung.
Erst jüngst bestätigte eine OECD-Studie wieder, dass der Fiskus in Deutschland besonders stark zulangt. Nur in Belgien ist die öffentliche Hand noch begehrlicher. Im internationalen Vergleich liegt die Bundesrepublik bei Steuern und Abgaben auf Platz zwei. Ein durchschnittlicher Angestellter ohne Frau und Kinder muss deswegen auf die Hälfte seines Einkommens verzichten. Verzichten? Für Detlef Esslinger ist das eine falsche Sichtweise.
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Keine Last, sondern Beitrag zur Gemeinschaft
Ihm missfällt überhaupt der sprachliche Umgang mit Steuern und Abgaben. Da sei immer von "Last" oder "Belastung" die Rede, etwas, was drückt und "Entlastung" oder "Erleichterungen" fordert. Diese Metaphern sind im allgemeinen Sprachgebrauch im Zusammenhang mit Steuern üblich und werden als solche kaum noch wahrgenommen. Dabei stellen sie nach Ansicht von Esslinger ein schiefes und einseitiges Bild dar.
Steuern und Abgaben dienen schließlich einem - guten - Zweck. Sie ermöglichen es der öffentlichen Hand überhaupt erst, Leistungen zu erbringen. Sicherheit, Schulen, Kitas, Sozialleistungen und Vieles mehr würde es ohne Besteuerung nicht geben. Wie das aussieht, wenn der Staat nicht funktioniert und das Steuersystem rudimentär ist, lässt sich in vielen Weltgegenden besichtigen. In der Regel treten dann an die Stelle von Steuerzahlungen Bestechung und andere zweifelhafte Aktivitäten, um an bestimmte Leistungen zu kommen.
Insofern plädiert Esslinger dafür, Steuern nicht als "Last" zu sehen, sondern als "Beitrag" für die Gemeinschaft, damit diese gewünschte öffentliche Güter zur Verfügung stellen kann. Selbst an dem Begriff "Steuern zahlen" stört sich Esslinger und präferiert den positiver besetzten Begriff "beitragen". Der Terminus "Last" befördere einen "gedanklichen Abbau des Gemeinschaftssinns".
Schon der berühmte Kirchenlehrer Thomas von Aquin bezeichnete Steuern im 13. Jahrhundert als "erlaubten Fall von Raub"."
Noch weit bis zur "Steuerlust"
In der Tat ist es widersprüchlich, auf der einen Seite möglichst wenig Steuern zahlen zu wollen, andererseits aber vom Staat viele Leistungen zu erwarten. Wenn alle diese Haltung einnähmen und die Besteuerung nicht obligatorisch wäre, könnte ein Staatswesen nicht existieren. Da allerdings kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen geleisteten Beiträgen (= Steuern und Abgaben) und empfangener Gegenleistung besteht, dürfte es schwerfallen, diese Sichtweise zu vermitteln.
Dass einem mit Steuern etwas weggenommen wird, ist überdies ein Eindruck, der bereits seit vielen Jahrhunderten besteht. Schon der berühmte Kirchenlehrer Thomas von Aquin bezeichnete sie im 13. Jahrhundert als "erlaubten Fall von Raub". An dieser Beurteilung hat sich wenig geändert. Von daher steht nicht zu erwarten, dass aus der "Steuerlast" eine "Steuerlust" wird.
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