Finanzlexikon Die Value-Strategie
Die Value-Strategie gehört zu den bekanntesten und ältesten Anlagestrategien, die vor allem durch den berühmten Investor Warren Buffett populär gemacht wurde. Sie basiert auf der Idee, unterbewertete Aktien zu kaufen, die am Markt zu einem Preis gehandelt werden, der unter ihrem eigentlichen inneren Wert liegt.
Diese Strategie, auch bekannt als wertorientiertes Investieren, setzt auf langfristige Gewinne, indem Investoren darauf spekulieren, dass der Markt diese Diskrepanz irgendwann korrigiert und die Aktien ihren fairen Wert erreichen. In diesem Artikel wird die Value-Strategie detailliert erklärt, einschließlich ihrer Funktionsweise, ihrer Vorteile und Risiken sowie der Rolle, die sie im modernen Investieren spielt.
1. Was ist die Value-Strategie?
Die Value-Strategie zielt darauf ab, Aktien oder andere Vermögenswerte zu finden, die der Markt aus unterschiedlichen Gründen zu einem niedrigeren Preis bewertet, als sie tatsächlich wert sind. Investoren, die dieser Strategie folgen, versuchen, den „inneren Wert“ eines Unternehmens zu bestimmen und vergleichen diesen mit dem aktuellen Marktpreis. Ist der aktuelle Kurs niedriger als der innere Wert, betrachten Value-Investoren das Unternehmen als unterbewertet und kaufen die Aktie in der Erwartung, dass der Markt diese Fehleinschätzung korrigieren wird.
Der innere Wert eines Unternehmens wird dabei durch verschiedene fundamentale Analysen bestimmt, wie etwa die Untersuchung der Finanzkennzahlen, des Geschäftsmodells, der Marktposition und der Zukunftsaussichten eines Unternehmens. Der grundlegende Gedanke ist, dass der Aktienmarkt kurzfristig unberechenbar sein kann, aber langfristig den wahren Wert eines Unternehmens widerspiegelt.
Box
2. Die Grundprinzipien der Value-Strategie
Die Value-Strategie beruht auf mehreren wesentlichen Prinzipien:
a) Unterbewertung identifizieren
Value-Investoren suchen nach Unternehmen, die am Markt niedriger bewertet sind als ihr innerer Wert. Dies kann durch verschiedene Gründe passieren, z. B. aufgrund von schlechten Nachrichten, konjunkturellen Rückgängen oder allgemeinen Marktstimmungen, die das Potenzial des Unternehmens übersehen.
b) Fundamentalanalyse
Um den inneren Wert eines Unternehmens zu bestimmen, wird eine gründliche Fundamentalanalyse durchgeführt. Dies beinhaltet die Analyse von Bilanzkennzahlen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie der Cashflow-Analyse. Zu den wichtigen Kennzahlen zählen unter anderem:
- Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV): Eine niedrige Kennzahl im Vergleich zu Branchenkollegen kann auf eine Unterbewertung hindeuten.
- Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV): Zeigt das Verhältnis des Marktpreises zum Buchwert des Unternehmens.
- Eigenkapitalrendite und Gesamtkapitalrendite: Diese Kennzahlen geben Auskunft über die Effizienz, mit der ein Unternehmen Kapital verwendet, um Gewinne zu generieren.
- Free Cashflow: Gibt Aufschluss darüber, wie viel Barmittel dem Unternehmen nach Abzug aller Ausgaben zur Verfügung stehen.
c) Langfristiger Horizont
Die Value-Strategie ist eine langfristig ausgerichtete Strategie. Value-Investoren sind darauf vorbereitet, Aktien über Jahre zu halten, bis der Markt die Unterbewertung erkennt und der Aktienkurs steigt. Kurzfristige Schwankungen werden dabei ignoriert, da man auf den langfristigen Erfolg des Unternehmens setzt.
d) Sicherheitsmarge (Margin of Safety)
Ein zentrales Konzept der Value-Strategie ist die Sicherheitsmarge. Value-Investoren kaufen nur dann, wenn der Marktpreis des Unternehmens deutlich unter dem inneren Wert liegt. Diese Differenz dient als Puffer, falls die Einschätzung des inneren Wertes zu optimistisch war oder sich die Marktbedingungen verschlechtern.
3. Beispiele für die Anwendung der Value-Strategie
Der berühmteste Value-Investor ist Warren Buffett, CEO von Berkshire Hathaway, der sein Vermögen hauptsächlich durch die Anwendung der Value-Strategie aufgebaut hat. Buffett und sein Mentor Benjamin Graham, der als „Vater des Value-Investing“ gilt, betonten die Bedeutung, in Unternehmen zu investieren, die eine solide finanzielle Basis und eine starke Marktposition haben, deren Aktien jedoch unterbewertet sind.
Ein klassisches Beispiel für die Value-Strategie ist der Kauf von Aktien während einer Wirtschaftskrise. In solchen Zeiten neigen die Märkte dazu, Unternehmen aufgrund allgemeiner Marktängste abzuwerten. Value-Investoren sehen dies als Chance, stark unterbewertete Unternehmen zu günstigen Preisen zu kaufen, in der Überzeugung, dass sich die Märkte erholen und die Bewertungen steigen werden.
4. Vorteile der Value-Strategie
Die Value-Strategie bietet zahlreiche Vorteile für langfristig orientierte Anleger:
a) Langfristiges Wachstumspotenzial
Die Value-Strategie zielt darauf ab, Aktien zu finden, die das Potenzial haben, sich langfristig zu erholen und zu wachsen. Anleger profitieren somit nicht nur von Kurssteigerungen, sondern oft auch von Dividendenzahlungen.
b) Weniger spekulativ
Im Vergleich zu anderen Anlagestrategien, die auf kurzfristige Kursbewegungen spekulieren, ist die Value-Strategie weniger risikoreich, da sie auf einer gründlichen Analyse der fundamentalen Kennzahlen eines Unternehmens basiert. Der Fokus liegt auf der Sicherheit und der Beständigkeit des Investments.
c) Marktunabhängigkeit
Value-Investoren können in verschiedenen Marktphasen Erfolg haben. Selbst in einem allgemein schwachen Markt können sie unterbewertete Aktien finden, die langfristig Potenzial haben.
d) Sicherheitsmarge
Die Sicherheitsmarge schützt Investoren vor großen Verlusten, da sie nur in Unternehmen investieren, die deutlich unterbewertet sind. Diese Pufferzone minimiert das Risiko und erhöht die Chance auf Gewinne.
5. Risiken und Nachteile der Value-Strategie
Trotz ihrer Vorteile gibt es auch einige Risiken und Herausforderungen, die Value-Investoren berücksichtigen müssen:
a) Zeitfaktor
Die Value-Strategie erfordert Geduld. Es kann Jahre dauern, bis der Markt die Unterbewertung eines Unternehmens erkennt und der Aktienkurs ansteigt. Dies kann für Anleger, die kurzfristige Gewinne anstreben, frustrierend sein.
b) Falsche Bewertung
Die Bestimmung des inneren Wertes eines Unternehmens ist keine exakte Wissenschaft. Es besteht das Risiko, dass der Investor das Unternehmen überschätzt und die Aktie aufgrund fundamentaler Probleme tatsächlich fair oder sogar zu hoch bewertet ist.
c) Langsamere Marktreaktionen
In einem Markt, der von Technologie- und Wachstumsaktien dominiert wird, können Value-Aktien im Vergleich zu wachstumsstarken Unternehmen unterperformen, insbesondere in Zeiten von Bullenmärkten, in denen spekulative Aktien schnell an Wert gewinnen.
d) Risiko eines „Value Traps“
Eine „Value Trap“ tritt auf, wenn eine Aktie scheinbar unterbewertet ist, aber langfristig nicht das erwartete Potenzial bietet. Dies kann der Fall sein, wenn fundamentale Probleme das Unternehmen nachhaltig beeinträchtigen, sodass der Aktienkurs nie sein Potenzial erreicht.
6. Value-Investing vs. Growth-Investing
Die Value-Strategie steht im Kontrast zur Growth-Strategie (Wachstumsstrategie). Während Value-Investoren nach unterbewerteten Aktien suchen, die bereits über eine solide Basis verfügen, zielt die Growth-Strategie darauf ab, Unternehmen zu finden, die hohe Wachstumsraten aufweisen und deren Aktienkurse aufgrund zukünftiger Gewinne stark steigen könnten.
Unterschiede zwischen Value und Growth:
- Value-Investing: Fokus auf unterbewertete Aktien mit einem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und einer stabilen Geschäftsgrundlage.
- Growth-Investing: Fokus auf wachstumsstarke Unternehmen, oft mit hohem KGV, die in der Zukunft überproportionales Gewinnpotenzial aufweisen.
Beide Strategien können erfolgreich sein, doch sie sprechen unterschiedliche Anlegerprofile an. Value-Investing wird oft als sicherer und weniger spekulativ betrachtet, während Growth-Investing kurzfristig höhere, aber risikoreichere Renditen verspricht. Über lange Zeiträume hinweg konnte die Value-Strategie in Bezug auf die Rendite einen Vorteil generieren. Da Prognosen kaum möglich sind, lässt sich auch nicht sagen, welche Strategie für die Zukunft die bessere sein wird. Es kann daher durchaus sinnvoll sein, beide Investment-Ansätze zu verfolgen.
Obwohl die Value-Strategie Geduld und Disziplin erfordert, bietet sie eine sinnvolle Möglichkeit, um in unterbewertete Unternehmen zu investieren."
7. Fazit
Die Value-Strategie ist eine bewährte Methode, die auf der Annahme basiert, dass der Markt gelegentlich Aktien zu niedrigen Preisen handelt und diese Diskrepanz langfristig korrigiert wird. Value-Investoren, die auf gründliche Fundamentalanalysen und eine Sicherheitsmarge setzen, können langfristig solide Renditen erzielen, während sie gleichzeitig Risiken minimieren.
Obwohl die Value-Strategie Geduld und Disziplin erfordert, bietet sie eine sinnvolle Möglichkeit, um in unterbewertete Unternehmen zu investieren, die solide Geschäftsmodelle und stabile Finanzkennzahlen aufweisen. In Zeiten hoher Marktvolatilität oder allgemeiner Unsicherheit bietet diese Strategie zudem einen konservativen Ansatz, der auf langfristigen Wertzuwachs statt auf spekulative Gewinne abzielt.
Die Value-Strategie bleibt eine der beständigsten und am häufigsten angewandten Anlagestrategien, die sowohl Privatanleger als auch institutionelle Investoren nutzen, um stabile und nachhaltige Renditen zu erzielen.
fair, ehrlich, authentisch - die Grundlage für das Wohl aller Beteiligten