Finanzlexikon Direktbanken - Provisionsvertrieb
Die Art und Weise, wie Menschen in Deutschland Bankgeschäfte abwickeln, hat sich in den vergangenen Jahren fundamental verändert. Digitalisierung, Kostendruck und wachsendes Informationsbedürfnis führen dazu, dass sich immer mehr Menschen bewusst entscheiden, wie und über wen sie Finanzprodukte abschließen. Dabei stehen sich zwei Modelle besonders deutlich gegenüber: Direktbanken und der klassische Provisionsvertrieb, etwa über Filialbanken oder unabhängige Finanzvermittler.
Beide Modelle haben ihre Berechtigung, ihre spezifischen Stärken und nicht zu vernachlässigende Schwächen. Wer Finanzdienstleistungen in Anspruch nimmt – sei es in der Geldanlage, bei Versicherungen oder bei Finanzierungen – sollte sich bewusst machen, welche Interessen, Vergütungsstrukturen und Beratungsmotive hinter dem jeweiligen Anbieter stehen. Denn die Art des Vertriebs beeinflusst nicht nur den Preis eines Produkts, sondern auch dessen Auswahl, die Empfehlung und am Ende die Qualität der Finanzentscheidung.
Direktbanken: Digitale Selbstbestimmung und Kostenbewusstsein
box
Direktbanken – also Finanzinstitute ohne eigenes Filialnetz – sind typischerweise über das Internet oder mobile Anwendungen erreichbar. Kunden nehmen hier ihre Bankgeschäfte selbstbestimmt, digital und oft zu sehr günstigen Konditionen vor. Persönliche Beratung in Filialen gibt es nicht; stattdessen setzen die Anbieter auf Telefon- oder Chatbetreuung, Informationsportale und nutzerfreundliche Apps.
Der Vertrieb erfolgt ohne Provisionen im klassischen Sinn. Produkte wie Fonds, Kredite, Tagesgeld oder Depots werden zu pauschalen Konditionen oder auf Honorarbasis angeboten.
Die Kostenstruktur ist meist transparent, Preisvergleiche sind problemlos möglich, und durch den Wegfall der Vertriebsprovisionen werden in der Regel niedrigere Produktkosten erreicht.
Direktbanken stehen somit für eine neue Form der Finanzbeziehung: informiert, kostenbewusst und technologieaffin.
Sie sprechen besonders digital versierte Kundengruppen an, die ihre Finanzentscheidungen eigenständig treffen wollen – mit Hilfe von Vergleichsportalen, Tutorials und digitalen Tools.
Der klassische Provisionsvertrieb: Beratung gegen Vergütung
Dem gegenüber steht der klassische Vertriebsweg über Filialbanken, Sparkassen, Versicherungsvertreter oder freie Finanzberater. Diese Akteure bieten persönliche Beratung vor Ort oder telefonisch an – oft über Jahre hinweg, mit Kenntnis der individuellen Lebensverhältnisse. Diese Betreuung ist jedoch nicht kostenlos, sondern wird durch Provisionen finanziert, die beim Abschluss von Produkten anfallen.
Kauft ein Kunde zum Beispiel einen Investmentfonds, erhält der Berater eine Vertriebsprovision – häufig in Form eines Ausgabeaufschlags und laufender Bestandsvergütungen. Ähnlich funktioniert es bei Lebensversicherungen, Finanzierungen oder Bausparverträgen.
Diese Struktur führt dazu, dass Berater nicht notwendigerweise unabhängig sind. Sie haben oft wirtschaftliche Anreize, produkteabhängige Empfehlungen zu geben – auch wenn sie das Beste für den Kunden wollen. Kritiker sprechen in diesem Zusammenhang von Interessenkonflikten, die den Nutzen der Beratung relativieren können.
Gleichzeitig schätzen viele Kunden die persönliche Ansprache, das Gefühl von Sicherheit und die Möglichkeit, komplexe Entscheidungen mit einem erfahrenen Gegenüber zu besprechen. Besonders in sensiblen Lebenslagen – etwa bei Altersvorsorge, Erbschaften oder Hausfinanzierungen – wünschen sich viele Menschen mehr als nur einen Online-Rechner.
Unterschiede in Kostenstruktur und Produktauswahl
Direktbanken und provisionsbasierter Vertrieb stehen für zwei unterschiedliche Philosophien im Umgang mit Finanzdienstleistungen. Die Direktbank setzt auf Eigenverantwortung, Kostenkontrolle und technologische Effizienz. Der Provisionsvertrieb hingegen bietet Nähe, Anleitung und – im besten Fall – individuelle Lebensberatung."
Ein zentraler Unterschied zwischen Direktbank und Provisionsvertrieb liegt in der Kostenstruktur der angebotenen Produkte. Während Direktbanken oft kostengünstige ETFs, No-Load-Fonds oder pauschal bepreiste Baufinanzierungen anbieten, sind im Provisionsvertrieb häufig klassische aktiv gemanagte Fonds mit hohen Ausgabeaufschlägen oder komplexe Versicherungslösungen zu finden.
Zudem unterscheiden sich die Produktpaletten. Direktbanken setzen meist auf standardisierte Angebote mit breiter Vergleichbarkeit. Im Provisionsvertrieb hingegen kommen oft exklusive Produkte zum Einsatz, die nicht am freien Markt erhältlich sind – was für besondere Zielgruppen von Vorteil sein kann, aber auch intransparente Strukturen begünstigt.
Für den Kunden bedeutet das: Wer eine Entscheidung trifft, muss nicht nur das Produkt selbst prüfen, sondern auch den Kontext des Angebots – also wer daran verdient, welche Alternativen nicht genannt werden und wie lange Bindungen bestehen.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Regulierung
Sowohl Direktbanken als auch provisionsgestützte Berater unterliegen regulatorischen Vorschriften, insbesondere im Hinblick auf Produktinformation, Risikoaufklärung und Datenschutz. Seit der Einführung der MiFID-II-Richtlinie in der EU ist die Offenlegung von Kosten, Provisionen und Interessenkonflikten für Anlageberater verpflichtend.
Dennoch gibt es Unterschiede: Während Direktbanken in der Regel keine Beratung im Sinne der MiFID erbringen, sondern nur Informationsdienstleister sind, gilt der klassische Vertrieb als beratend – mit allen daraus resultierenden Pflichten. Das kann für Kunden sowohl ein Mehr an Schutz als auch an Komplexität bedeuten.
Zudem wächst in der Politik das Interesse an alternativen Vergütungsmodellen. Immer wieder wird diskutiert, den Provisionsvertrieb ganz oder teilweise durch Honorarberatung zu ersetzen – also durch eine direkte Bezahlung der Beratungsleistung durch den Kunden. Bisher fehlt jedoch eine breite Akzeptanz und gesetzliche Durchsetzung.
Fazit: Zwei Modelle – zwei Philosophien
Direktbanken und provisionsbasierter Vertrieb stehen für zwei unterschiedliche Philosophien im Umgang mit Finanzdienstleistungen. Die Direktbank setzt auf Eigenverantwortung, Kostenkontrolle und technologische Effizienz. Der Provisionsvertrieb hingegen bietet Nähe, Anleitung und – im besten Fall – individuelle Lebensberatung.
Welche Variante besser passt, hängt vom Kunden ab: Wer sich gut informiert fühlt, digitale Affinität besitzt und Kosten sparen will, ist mit einer Direktbank gut beraten. Wer persönlichen Austausch sucht, komplexe Finanzstrukturen besprechen möchte oder Wert auf ein betreutes Verhältnis legt, findet im klassischen Vertrieb den passenden Ansprechpartner.
Langfristig ist jedoch absehbar, dass sich die Modelle weiter annähern: Viele Direktbanken bieten inzwischen hybride Beratungskonzepte an, und auch Filialbanken digitalisieren ihre Prozesse und vereinfachen ihre Produkte. Die Zukunft der Finanzberatung wird nicht durch Ausschluss, sondern durch intelligente Verknüpfung beider Welten geprägt sein.

Ich glaube, dass Menschen, die sich ihrer Ziele und Werte bewusst werden, sorgenfreier leben.