Vom Musterschüler zum Sorgenkind Finnland
Jahrelang galt Finnland als einer der wirtschaftlich solidesten Staaten in der Europäischen Union. Doch längst entspricht die Realität nicht mehr dem guten Ruf. Ganz im Gegenteil: das skandinavische Land sieht sich selbst als neuer "kranker Mann Europas".
Der Grund dafür ist die hartnäckig anhaltende Rezession, die sich auch in den jüngsten Konjunkturdaten wieder bestätigt hat. Und manche Finnen haben schon einen Schuldigen für die Misere ausgemacht, den Euro. Die wirtschaftliche Lage ist schon länger schlecht. Auch acht Jahre nach der Finanzkrise hat sich Finnland nicht vom damaligen Einbruch erholt. Das Bruttoinlandsprodukt liegt - im Unterschied zu vielen anderen europäischen Volkswirtschaften - derzeit immer noch unter dem Niveau vor der Krise.
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Seit acht Jahren Rezession
Und mit einem erneut negativen Wirtschaftswachstum von -0,6 Prozent im letzten Quartal haben sich die Finnen noch ein Stückchen weiter vom früheren Wohlstand entfernt. Daher überrascht es nicht, wenn man zunehmend neidvoll auf das nahe Schweden schaut. Dem durchschnittlichen Schweden geht es heute rund 20 Prozent besser als seinem finnischen Nachbarn.
Der Euro als Ursache?
Schuld daran ist der Euro, glauben viele Finnen. Nicht wenige wollen ihn abschaffen und zu einer eigenen Landeswährung zurückkehren. Ein entsprechendes Volksbegehren wird vorbereitet. Finnland gehört der Europäischen Währungsunion ab Beginn an, Schweden hält dagegen bis heute an seiner Krone fest. Tatsächlich hat die Euro-Mitgliedschaft die wirtschaftspolitischen Handlungsoptionen eingeschränkt. Finnland musste - im Gegensatz zu Schweden - nicht nur seinen Beitrag zur Stabilisierung der Euro-Krisenstaaten leisten, zusätzlich wurde das Land auch der Möglichkeit beraubt, durch eine eigene Währungspolitik steuernd bei Problemen einzugreifen. Bei der letzten großen Wirtschaftskrise im Jahre 1992 war die Finnmark gezielt abgewertet worden. Jetzt fehlt diese Option.
Hausgemachte Probleme: Da ist zum Beispiel der Niedergang des einstigen Handy-Weltmarktführers Nokia."
Hausgemachte Probleme
Allerdings wäre es zu einfach, alleine die Gemeinschaftswährung verantwortlich zu machen. Viele Schwierigkeiten sind hausgemacht und struktureller Natur. Da ist zum Beispiel der Niedergang des einstigen Handy-Weltmarktführers Nokia. Früher stand der Konzern für ein Viertel der finnischen Steuereinnahmen. Davon kann keine Rede mehr sein. Finnlands bedeutende Holz- und Papierindustrie ächzt unter der digitalen Revolution. Im Online-Zeitalter wird wesentlich weniger Papier benötigt. Und der nicht minder wichtige Handel mit Russland ist durch das westliche Embargo belastet. Eine ausufernde Staatsverschuldung und ein hohes Lohnniveau kommen hinzu.
Euro-Austritt wenig wahrscheinlich
Trotz dieser Fakten sehen manche Finnen im Euro-Austritt den Ausweg. Dass es dazu kommt, ist allerdings wenig wahrscheinlich. Obwohl die Zustimmung sinkt, noch immer sind fast zwei Drittel der Bevölkerung für die Gemeinschaftswährung. Davon abgesehen wäre ein Ausscheiden aus der Währungsunion auch rechtlich äußerst schwierig.
Ich glaube, dass Menschen, die sich ihrer Ziele und Werte bewusst werden, sorgenfreier leben.