Die Moral ist im Kapitalismus dünn gesät, laut Nobelpreisträger R. Shiller

Nobelpreisträger Shiller blickt tief Im Kapitalismus wird täglich betrogen

Der Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger Robert Shiller geht in seinem neuen Buch "Phishing for Phools" einem Phänomen auf den Grund: "Wird der Kapitalismus nicht reguliert, fördert er den Betrug. Wenn jemand anderes trickst, musst du das auch."

Er sagte die Immobilienkrise voraus und belegte seine Prognose mit fundierten Zahlen. Als Professor der Yale University wurde er 2013 mit dem Wirtschaftsnobelpreis geehrt. Robert Shiller hat nicht zuletzt mit dem nach ihm benannten Index zur Einschätzung der Kapitalmarktpreise bereits Geschichte geschrieben. Nun widmet er sich gemeinsam mit dem Ökonomen George Akerlof dem Kapitalismus selbst: "Phishing for Phools", so das nun auch in deutscher Sprache erschienene Buch, ist nicht nur kritisch, sondern zeigt auch konstruktiv Wege auf.

Autorenbox (bitte nicht verändern)

Kapitalismus fördert Betrug - keine Alternative in Sicht

Moral ist in dieser Wirtschaftsordnung demnach dünn gesät: Unternehmen manipulieren die Bedürfnisse ihrer Kunden, um den Umsatz zu erhöhen. Wer sich ob moralischer Bedenken entzieht, wird vom Wettbewerb vom Markt gefegt - diese Situation nennt Shiller das Phishing-Gleichgewicht. Als einfaches  Beispiel führt er die Supermärkte an, die ihre Süßigkeiten im Wartebereich an den Kassen platzieren: Wer Kinder hat, weiß ebenso gut wie jeder Marktleiter, welche Wirkung diese Manipulation hat. Welche Möglichkeiten hat er nun? Er könnte sich von moralischen Bedenken leiten lassen und die Süßigkeiten anders platzieren - dann geht er allerdings das Risiko ein, deutlich weniger als der Markt nebenan zu verkaufen. Da er permanent einem enormen Umsatzdruck ausgesetzt ist, wird er die Moral über Bord werfen.

Nicht umsonst verwenden Shiller und Akerlof das Wort "Phishen", das landläufig für die Flut von nervenden E-Mails bekannt ist. Es geht ihm auch um die Nähe zum "Fischen", für das Angler zahlreiche Tricks, Hilfsmittel und Köder einsetzen. Und das mit einem einzigen Ziel - den Fisch ins Netz oder an die Angel zu bekommen. Auf diese Weise funktioniert der Kapitalismus: Unternehmen denken sich eine Menge aus, um ihre Waren erfolgreich zu platzieren. 

Unternehmen manipulieren die Bedürfnisse ihrer Kunden, um den Umsatz zu erhöhen."

Lösung liegt in Regulierung - Deutschland als Beispiel

Als probates Mittel, sich diesem Phishing-Gleichgewicht zu entziehen, empfiehlt Shiller die Erkenntnis: Wer die Mechanismen durchschaut, kann ihnen entgehen. Kritik übt er an den Ökonomen, die in ihren Modellen von rational handelnden Menschen ausgehen. Die Realität sieht anders aus, also müssten Regulierungen genutzt werden, um dem Kapitalismus Zügel anzulegen. Hier sieht Shiller Deutschland gut aufgestellt, den Regulierungsbehörden würde deutlich mehr Respekt entgegengebracht, als dies in den USA der Fall wäre. Auch wenn es viele Kritikpunkte gibt, sei derzeit leider kein Modell in Sicht, das den freien Markt als funktionierende Wirtschaftsform ablösen könnte.

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