Ab Anfang Mai Kommt jetzt die Insolvenzwelle?
Am 30. April 2021 endete die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Fachleute befürchten jetzt eine Pleitewelle. Das hätte nicht nur für betroffene Firmen und Arbeitskräfte, sondern für die gesamte Wirtschaft gravierende Folgen.
2020 stellten in Deutschland rund 16.000 Firmen einen Insolvenzantrag. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Minus von 15,5 Prozent. Seit Einführung der Insolvenzordnung im Jahre 1999 ist es der niedrigste Wert. Was auf den ersten Blick positiv erscheint, bereitet Ökonomen und Wirtschaftswissenschaftlern jedoch Sorgen. Sie rechnen damit, dass die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Corona und die undifferenzierte Vergabe von Finanzhilfen die wirtschaftliche Schieflage vieler Unternehmen verschleierte.
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Welche Unternehmen erscheinen nach Ansicht des ZEW besonders gefährdet?
- Firmen mit wenigen Mitarbeitern, die bereits vor den Corona-Einschränkungen wirtschaftliche Probleme hatten
- Einzelhandelsgeschäfte wie Modegeschäfte, die ganze Kollektionen nicht mehr verkaufen können
- Restaurants und Cafés, deren finanzielle Reserven nach Monaten der Zwangs-Schließung aufgebraucht sind
- Reisebüros
- Hotels und Pensionen
- Selbstständige im Bereich der Kultur und des Messewesens
Experten rechnen mit Pleitewelle
Ab 1. Mai 2021 sollen wieder die regulären Antragspflichten gelten. Das heißt, Unternehmer sind gesetzlich verpflichtet Insolvenz zu beantragen, wenn die Firma überschuldet oder zahlungsunfähig ist. Dieser Antrag muss innerhalb von drei Wochen gestellt werden. Ansonsten macht sich der Verantwortliche wegen Insolvenzverschleppung strafbar. Das Mannheimer Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) rechnet 2021 mit 25.000 Insolvenzen. Bewahrheiten sich die pessimistischen Einschätzungen und kommt eine riesige Pleitewelle ins Rollen, hat das Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft. Die Zahl der Arbeitslosen wird nach oben schnellen.
Bewahrheiten sich die pessimistischen Einschätzungen, kommt eine riesige Pleitewelle ins Rollen."
Insolvenzordnung hat eine wichtige Funktion für die Volkswirtschaft
Unter 'normalen' wirtschaftlichen Rahmenbedingungen finden entlassene Mitarbeiter bei der Konkurrenz eine neue Anstellung. Die Arbeitskräfte wandern dadurch zu Unternehmen, die effizienter arbeiten und im Wettbewerb besser aufgestellt sind. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht hat diese notwendigen, die Gesamtwirtschaft stärkenden Veränderungen möglicherweise behindert.
Anfang 2021 trat in Deutschland das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) in Kraft. Dieses Gesetz soll gefährdeten Unternehmen die vorbeugende Sanierung und Restrukturierung erleichtern. Der Vorteil für betroffene Firmen besteht darin, dass nach der neuen Rechtslage nicht mehr alle Gläubiger dem Restrukturierungsplan zustimmen müssen. Es bleibt abzuwarten, ob sich eine Insolvenzwelle auf diese Weise verhindern lässt.