Finanzlexikon Kostenentwicklung bei ETFs
Exchange Traded Funds, kurz ETFs, haben sich in den vergangenen Jahren von einem Nischenprodukt für institutionelle Investoren zu einem zentralen Bestandteil der privaten Geldanlage entwickelt.
Einer der Hauptgründe für diese Erfolgsgeschichte liegt in ihrer Kosteneffizienz. Doch was heute selbstverständlich erscheint, ist das Ergebnis eines intensiven Wettbewerbs, der die Kostenstruktur von ETFs im Laufe der letzten Jahre spürbar verändert hat. Die Dynamik dieses Prozesses ist nicht nur für bestehende Anleger von Bedeutung, sondern beeinflusst auch die strategische Auswahl künftiger Investitionen.
ETFs: Passives Konzept mit aktivem Preiskampf
ETFs verfolgen das Ziel, einen bestimmten Index möglichst exakt und kostengünstig abzubilden – ohne eigenes Research, ohne aktives Management, ohne Market Timing. Dieses Konzept erlaubte von Anfang an eine schlankere Kostenstruktur als klassische Investmentfonds. Doch mit der stark wachsenden Beliebtheit bei Privatanlegern und dem Markteintritt zahlreicher Anbieter verschärfte sich der Preiskampf um die günstigsten Produkte – insbesondere bei Standardindizes wie dem MSCI World, dem S&P 500 oder dem DAX.
In der Folge kam es in den letzten Jahren zu einer stetigen Abwärtsspirale bei den Verwaltungsgebühren, auch als Total Expense Ratio (TER) bekannt. Was einst mit Kostenquoten von über 0,5 % begann, liegt heute bei vielen ETFs auf große Indizes unter 0,1 % – in Einzelfällen sogar darunter.
Wachsende Anbieterzahl, steigender Preisdruck
Der Kostendruck wurde vor allem durch den intensiven Wettbewerb großer ETF-Anbieter ausgelöst. Während zunächst wenige Gesellschaften wie iShares (BlackRock), Xtrackers (DWS) und Lyxor den Markt dominierten, kamen in den letzten Jahren neue Wettbewerber wie Vanguard, Amundi, UBS oder Scalable hinzu. Mit dem Ziel, Marktanteile zu gewinnen, unterboten sie sich gegenseitig bei den Gebühren.
Diese Entwicklung führte zu einer spürbaren Konsolidierung nach unten: Viele etablierte Anbieter senkten die Gebühren bereits bestehender Produkte mehrfach, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Auch neu aufgelegte ETFs wurden oft von Beginn an mit sehr niedrigen Kosten strukturiert, um gezielt preissensible Anlegergruppen – wie ETF-Sparer oder Robo-Advisor-Kunden – anzusprechen.
Große Indizes besonders günstig
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Die stärksten Preisreduktionen fanden bei ETFs auf breit gestreute Standardindizes statt. Dazu zählen vor allem:
- MSCI World
- S&P 500
- Euro Stoxx 50
- FTSE All World
Diese Indizes bieten eine hohe Liquidität, klare Replikationsmöglichkeiten und sind bei vielen Anlegern sehr beliebt.
Der Wettbewerb ist entsprechend intensiv, sodass TERs von 0,05 % oder weniger heute zum Marktstandard gehören.
Für Anleger bedeutet das: Wer in diese Indizes investiert, erhält Marktrendite zu minimalen Kosten – ein wichtiger Hebel für die Nettorendite.
Nischen-ETFs und Themenfonds mit stabileren Kosten
Die Kostenentwicklung bei ETFs zeigt deutlich, wie der Markt funktioniert: Wo Angebot, Nachfrage und Skalierbarkeit zusammenkommen, sinken die Preise. Für Anleger bedeutet das reale Vorteile, vor allem bei langfristigem Vermögensaufbau. Doch Kosten alleine sind kein Qualitätsmerkmal. Geringe Gebühren müssen stets im Verhältnis zu Liquidität, Indexgenauigkeit und Produktauswahl gesehen werden."
Anders stellt sich die Lage bei spezialisierten oder exotischen ETFs dar. Produkte, die auf Schwellenländer, Branchen, Themen oder alternative Strategien setzen, sind meist komplexer in der Nachbildung und haben geringere Handelsvolumina. Dadurch fallen die Verwaltungsgebühren häufig höher aus – zum Teil zwischen 0,3 % und 0,7 % jährlich.
In diesem Segment sind die Kosten in den letzten Jahren zwar ebenfalls leicht gesunken, aber bei weitem nicht so dynamisch wie im Standardindexbereich. Anleger zahlen hier für die spezifische Marktabdeckung, das zusätzliche Management-Know-how und die geringere Skalierung der Produkte. Der Trend zur thematischen Geldanlage, etwa in ESG- oder Technologie-ETFs, hat diesen Bereich zudem stark wachsen lassen – trotz stabiler Kostenquoten.
Weitere Kostenfaktoren: Spread, Tracking Difference und Replikationsart
Die TER ist nicht der einzige Kostenfaktor bei ETFs – und auch nicht immer der entscheidende. Gerade bei sehr günstigen Produkten sollten Anleger die Tracking Difference (also die tatsächliche Abweichung vom Index) sowie Handelsspannen (Spreads) im Blick behalten. Ein niedriger TER kann durch hohe implizite Kosten bei Kauf und Verkauf oder ineffiziente Indexabbildung schnell relativiert werden.
Auch die Replikationsmethode – ob physisch oder synthetisch – beeinflusst indirekt die Gesamtkostenstruktur, etwa durch Swap-Gebühren oder Sicherheitenmanagement. In den letzten Jahren hat sich der Trend zur physischen Replikation verstärkt, was wiederum Kosten für die Lagerung und Verwaltung realer Wertpapiere nach sich zieht – allerdings zugunsten von Transparenz und Vertrauen.
Fazit: Günstiger geht immer – aber nicht um jeden Preis
Die Kostenentwicklung bei ETFs zeigt deutlich, wie der Markt funktioniert: Wo Angebot, Nachfrage und Skalierbarkeit zusammenkommen, sinken die Preise. Für Anleger bedeutet das reale Vorteile, vor allem bei langfristigem Vermögensaufbau. Doch Kosten alleine sind kein Qualitätsmerkmal. Geringe Gebühren müssen stets im Verhältnis zu Liquidität, Indexgenauigkeit und Produktauswahl gesehen werden.
Wer die Effizienz von ETFs nutzen möchte, sollte sich nicht allein von der niedrigsten TER leiten lassen, sondern auf die Gesamtkostenstruktur im praktischen Einsatz achten. Denn in der Praxis zählt nicht nur, was auf dem Papier steht – sondern, was am Ende nach Steuern, Spreads und Schwankungen tatsächlich beim Anleger ankommt.
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