Die Lebenserwartung steigt, das Rentenniveau sinkt

Neue Lösungen für die Ruhestandsphase Länger leben, länger planen

Die Lebenserwartung steigt, das Rentenniveau sinkt – eine Kombination, die viele private und institutionelle Anleger vor neue Herausforderungen stellt. Doch es sind nicht nur Kleinanleger, die sich Sorgen machen. Auch professionelle Investoren, darunter Pensionsfonds, Versicherungen, Versorgungswerke und große Vermögensverwalter, schlagen zunehmend Alarm: Die bestehenden Produkte und Strategien seien nicht ausreichend darauf ausgerichtet, Menschen durch einen immer längeren Ruhestand zu begleiten.

Eine aktuelle Studie des Vermögensverwalters Fidelity International bringt dieses Unbehagen auf den Punkt. Sie zeigt, dass nur knapp zwei Drittel der befragten institutionellen Anleger sich gut auf ein längeres Leben im Ruhestand vorbereitet fühlen – und dass die Mehrheit konkrete neue Produkte und Strategien fordert, um insbesondere die Auszahlungsphase sicher und effizient zu gestalten.


Paradigmenwechsel: Vom Kapitalaufbau zur Entnahmephase

Die Finanzwelt war jahrzehntelang geprägt vom Leitmotiv des Vermögensaufbaus für den Ruhestand.

Zahlreiche Produkte, von klassischen Rentenversicherungen über betriebliche Altersvorsorge bis hin zu ETF-Sparplänen, zielen darauf ab, über viele Jahre hinweg Kapital zu akkumulieren.

Doch mit Eintritt in den Ruhestand beginnt eine Phase, die oft übersehen wird: die systematische Entnahme des Vermögens, idealerweise über mehrere Jahrzehnte.

Diese sogenannte Decumulation-Phase ist mindestens ebenso komplex wie die Ansparphase – aber in der Praxis noch immer unterentwickelt.

Professionelle Investoren sehen darin ein wachsendes Problem. Denn:

  • Die Lebensdauer der Menschen steigt kontinuierlich – in vielen Industrieländern über 85 Jahre hinaus.
  • Klassische Rentenprodukte bieten häufig zu geringe reale Renditen, um inflationsbereinigt lebenslange Leistungen zu garantieren.
  • Die Kapitalmärkte sind volatiler geworden, was eine vorausschauende Liquiditätsplanung erforderlich macht.
  • Es mangelt an flexiblen, renditeorientierten Auszahlungsprodukten, die Kapitalerhalt, Entnahme und Wachstum kombinieren.

Was fehlt: Erwartungen an neue Produkte und Konzepte

Die Fidelity-Studie zeigt deutlich: Institutionelle Investoren wünschen sich mehr Innovation in der Produktlandschaft, vor allem mit Blick auf die Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung. Die bestehenden Lösungen – etwa klassische Rentenversicherungen, Fonds mit Auszahlplänen oder Einmalbeitragsprodukte – gelten vielen als zu starr, zu teuer oder zu wenig marktgerecht.

Gefragt sind unter anderem:

  • Hybridmodelle, die Kapitalgarantien mit marktbasierten Renditechancen kombinieren.
  • Flexible Entnahmepläne, die an individuelle Lebenssituationen anpassbar sind.
  • Produkte mit integrierter Langlebigkeitsabsicherung, ohne rein versicherungstechnische Strukturen.
  • Fondsbasierte Auszahlungsstrategien, die über verschiedene Anlageklassen diversifizieren.
  • Zielrentenfonds, die sich dynamisch an die verbleibende Lebenszeit anpassen.

Viele Anleger wünschen sich zudem eine bessere steuerliche Behandlung von Entnahmeprodukten – sowie mehr Transparenz und Planbarkeit über die gesamte Ruhestandsphase hinweg.


Professionelle Verantwortung: Warum gerade institutionelle Anleger handeln müssen

Professionelle Investoren erkennen zunehmend, dass das Thema Ruhestandsplanung in der Auszahlungsphase nicht länger ein Nischenthema ist, sondern eine der größten Herausforderungen für die Vermögensverwaltung der nächsten Jahrzehnte. Wer sie heute anpackt, handelt nicht nur vorausschauend – sondern gestaltet aktiv die finanzielle Zukunft einer alternden Welt."

Für institutionelle Anleger stellt die Herausforderung nicht nur ein theoretisches Problem dar – sie betrifft das Kerngeschäft ihrer Verantwortung. Pensionsfonds, Versorgungswerke und Lebensversicherer müssen garantieren, dass sie ihre Verpflichtungen über Jahrzehnte hinweg erfüllen können. Die zunehmende Langlebigkeit der Anspruchsberechtigten verlängert diese Verpflichtungen massiv – bei gleichzeitig niedrigen Zinsen und zunehmender Unsicherheit an den Kapitalmärkten.

Viele dieser Institutionen erkennen, dass sie:

  • neue Strategien zur Risikostreuung entwickeln müssen, auch in der Auszahlungsphase,
  • mehr auf nachgelagerte Liquiditätsplanung setzen sollten,
  • den Dialog mit Produktanbietern suchen, um gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln,
  • eigene Portfoliostrategien überdenken, etwa in Richtung Infrastrukturinvestitionen, alternative Renditequellen oder langlebige Sachwerte.

Zudem spielt das Thema Finanzbildung eine wachsende Rolle – denn viele Endkunden, selbst im oberen Einkommensbereich, wissen wenig über Entnahmestrategien, Steuern im Ruhestand oder die Planung von Pflegekosten.


Finanzindustrie unter Zugzwang: Zwischen Innovation und Verantwortung

Die Studienergebnisse zeigen: Der Druck auf Asset Manager, Banken, Versicherer und Politik wächst. Es geht nicht nur darum, neue Produkte zu entwickeln, sondern auch um ein Umdenken im Design von Ruhestandslösungen.

Einige Anbieter haben begonnen, zielgruppenspezifische Auszahlprodukte aufzulegen, etwa fondsgebundene Entnahmepläne mit Entnahmepuffern, dynamische Altersvorsorgelösungen oder digitale Tools zur Ruhestandsplanung. Auch Themen wie Nachhaltigkeit im Ruhestand oder vererbbares Kapital gewinnen an Bedeutung.

Doch die Marktdurchdringung ist gering – und viele Produkte sind nicht ausreichend skalierbar oder verständlich. Es braucht mehr Forschung, mehr Dialog und mehr regulatorischen Spielraum, damit aus innovativen Pilotlösungen tragfähige Standards werden.


Fazit: Längeres Leben braucht längeres Denken – und neue Antworten

Der demografische Wandel verändert nicht nur unsere Gesellschaft, sondern auch die Anforderungen an die Finanzplanung im Alter. Ein längeres Leben ist ein Geschenk – aber nur dann, wenn es finanziell abgesichert, planbar und flexibel gestaltet werden kann.

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