Ein beachtlicher Teil des aktuellen Erfolgs ruht auf der Entscheidung, massiv in Apple zu investieren

19,9 Prozent pro Jahr seit 1964 Mythos Berkshire Hathaway

Ein beispielloser Track Record – fast sechs Jahrzehnte an der Spitze.

Berkshire Hathaway ist längst mehr als ein Unternehmen. Es ist ein Symbol für langfristigen Anlageerfolg, für geduldige Kapitalallokation und für das Lebenswerk zweier Investoren: Warren Buffett und Charlie Munger. Seit Buffett 1965 das defizitäre Textilunternehmen übernahm, entwickelte sich Berkshire zu einer der erfolgreichsten Holdinggesellschaften der Finanzgeschichte.

Die Zahlen sprechen für sich: Zwischen 1965 und 2023 stieg der Buchwert pro Aktie durchschnittlich um 19,9 Prozent jährlich. Der Kurszuwachs liegt über denselben Zeitraum sogar noch höher – trotz zwischenzeitlicher Rückschläge, Zinszyklen, Ölkrisen, Technologieblase und Finanzkrise. In einem breiten Vergleich schlägt Berkshire damit nicht nur den S&P 500 deutlich, sondern auch nahezu jede aktiv gemanagte Fondslösung.

Doch der Blick in den Rückspiegel ist nicht die einzige Perspektive, die zählt. Die spannende Frage lautet: Was lässt sich heute – im Jahr 2025 – noch von dieser Jahrhundert-Aktie erwarten?


Vom Stockpicker zur Kapitalmaschine – ein struktureller Wandel

Berkshire Hathaway war nie ein gewöhnlicher Konzern.

In den frühen Jahren bestand der Erfolg vor allem darin, unterbewertete Aktien mit hohem inneren Wert zu kaufen und sie langfristig zu halten – ein klassischer Value-Ansatz.

Doch im Laufe der Jahrzehnte wandelte sich das Unternehmen.

Heute ist Berkshire eine diversifizierte Holding, die aus drei Hauptsäulen besteht:

  1. Versicherungsgeschäft – Allen voran GEICO und Berkshire Re, die regelmäßig hohe Prämienüberschüsse („Float“) generieren.
  2. Operative Beteiligungen – Darunter vollständig kontrollierte Firmen wie BNSF (Eisenbahn), See’s Candies, Lubrizol oder Dairy Queen.
  3. Aktienportfolio – Größter Einzelposten: Apple, aber auch Beteiligungen an Coca-Cola, Chevron, American Express und mehr.

Dieser Strukturwandel hat Berkshire robuster gemacht – aber auch weniger dynamisch.

Viele der heutigen Beteiligungen sind kapitalintensiv, reguliert oder margenbegrenzt.

Das bedeutet: Die hohe Eigenkapitalrendite vergangener Jahrzehnte lässt sich kaum wiederholen.


Apple, Cash und Aktienrückkäufe – die Gegenwart unter der Lupe

Ein beachtlicher Teil des aktuellen Erfolgs ruht auf der Entscheidung, massiv in Apple zu investieren. Buffett erwarb die Aktien zwischen 2016 und 2018 zu günstigen Kursen – heute macht Apple rund 40 % des Aktienportfolios aus. Doch diese Konzentration birgt auch Klumpenrisiken. Sollte Apple unter Druck geraten – etwa durch Regulierung, Produktzyklen oder geopolitische Spannungen – wäre Berkshire unmittelbar betroffen.

Ein weiteres Merkmal: Der wachsende Bargeldberg. Zeitweise hielt Berkshire über 150 Milliarden US-Dollar in Cash und kurzlaufenden Staatsanleihen. Buffett argumentierte wiederholt, man wolle nur kaufen, „wenn der Preis stimmt“. Doch mit jeder Zinsanhebung verliert das Argument der reinen Opportunitätskosten an Gewicht – und es mehren sich Fragen, ob der Kapitalstock nicht zu passiv gehalten wird.

Gleichzeitig zeigt sich ein struktureller Trend: Berkshire nutzt freie Mittel zunehmend für Aktienrückkäufe. Diese wirken renditesteigernd, vor allem wenn der eigene Kurs unter dem inneren Wert notiert. Es ist ein stilles Eingeständnis: Attraktive Kaufgelegenheiten im Stil vergangener Jahrzehnte sind rar geworden.


Der Erbe des Orakels – was passiert nach Buffett?

Berkshire Hathaway bleibt ein Bollwerk gegen Volatilität und eine Benchmark für Kapitaldisziplin – aber kein Vehikel mehr für spektakuläre Outperformance. Es ist eine Aktie für jene, die Stabilität suchen, nicht Sensation."

Warren Buffett wird in diesem Jahr 95. Seine klare Stimme, sein präziser Denkstil und seine Bescheidenheit prägen bis heute die Wahrnehmung des Unternehmens. Doch spätestens seit dem Tod von Charlie Munger im Jahr 2023 ist klar: Die Ära Buffett neigt sich dem Ende zu.

Berkshire hat frühzeitig vorgesorgt. Die operative Führung liegt bereits weitgehend bei Greg Abel (Non-Insurance) und Ajit Jain (Insurance). Das Aktienportfolio wird von Todd Combs und Ted Weschler mitverwaltet. Doch die eigentliche Frage ist keine strukturelle, sondern eine psychologische: Wird der Markt nach Buffetts Abgang das Unternehmen mit dem gleichen Vertrauensbonus bewerten?

Ein „Buffett-Abschlag“ könnte entstehen – weniger aufgrund fundamentaler Risiken, sondern wegen veränderter Wahrnehmung. Denn in Berkshire steckt mehr als bilanzieller Wert. Es ist auch eine Kulturfrage – von Kapitaldisziplin über Ethik bis hin zu langfristigem Denken.


Die Zukunft der Aktie – solide, aber keine Wunderrenditen mehr?

Was dürfen Anleger also erwarten? Die einstige Kombination aus wachsendem Buchwert, Underwriting-Gewinnen, cleveren Aktienkäufen und fehlender Dividende (die Reinvestition erlaubte) war einmalig. Heute sprechen viele Faktoren für eine solide, aber eben nicht überdurchschnittliche Entwicklung:

  • Das riesige Volumen erschwert Investments mit überdurchschnittlichem Hebel.
  • Der Wettbewerb am Kapitalmarkt ist effizienter geworden – echte Unterbewertungen sind seltener.
  • Die Renditekomponente stammt zunehmend aus konservativen Rückkäufen statt aus spekulativen Reallocations.

Berkshire Hathaway bleibt ein Bollwerk gegen Volatilität und eine Benchmark für Kapitaldisziplin – aber kein Vehikel mehr für spektakuläre Outperformance. Es ist eine Aktie für jene, die Stabilität suchen, nicht Sensation.


Fazit: Der Mythos bleibt – aber die Erwartungen müssen sich anpassen

Berkshire Hathaway wird auch nach Buffett bestehen – als strukturell solide, hoch liquide und diszipliniert geführte Investmentholding. Der Track Record von 19,9 Prozent pro Jahr ist historisch beispiellos, aber auch historisch einmalig. In der heutigen Marktumgebung sind zweistellige annualisierte Renditen bei dieser Unternehmensgröße nur noch in Ausnahmejahren zu erwarten.

Was bleibt, ist der Respekt vor einer Investmentphilosophie, die auf Geduld, Integrität und Rationalität setzt – und die weit über Berkshire hinaus Einfluss hatte. Wer die Aktie heute hält oder neu einsteigt, bekommt kein neues Wunder – aber ein solides Stück Kapitalmarktgeschichte mit kalkulierbarer Zukunft.

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