Der Ölpreis hat in diesem Jahr bereits deutlich verloren

Zu viel Öl am Markt Ölpreis vor dem Absturz?

Warum JP Morgan einen drastischen Preisrückgang für möglich hält.

Der Ölpreis hat in diesem Jahr bereits deutlich verloren. Mehrere internationale Banken rechnen damit, dass der Druck auf die Märkte anhält. Besonders klar äußert sich JP Morgan: Die Analysten halten einen Rückgang des Brent-Preises auf rund 30 US-Dollar bis 2027 für möglich. Entscheidend seien nicht politische Faktoren oder ein Konjunktureinbruch, sondern ein struktureller Angebotsüberhang. Die Analyse verweist damit auf ein klassisches Muster der Volkswirtschaftslehre: Wenn das Angebot schneller wächst als die Nachfrage, sinkt der Preis – selbst in stabilen Märkten.

Das zentrale Argument: zu viel Öl am Markt

Während viele Marktbeobachter kurzfristige Entwicklungen verfolgen, blickt JP Morgan auf die strukturelle Seite des Marktes. Die Bank erwartet, dass das weltweite Produktionswachstum in den kommenden Jahren die Nachfrage deutlich übersteigt. Die Nachfrage bleibt zwar stabil und entwickelt sich robuster als erwartet, doch die zusätzlichen Fördermengen wachsen schneller.

Die entscheidende Entwicklung betrifft Anbieter außerhalb der OPEC. Diese Länder, darunter die USA, Brasilien, Kanada und Guyana, steigern ihre Produktion seit Jahren und haben große Kapazitäten aufgebaut. Das führt zu einer Angebotsdynamik, die sich nicht leicht verlangsamt.

Die Logik dahinter ist klar:

  • Steigt das Angebot strukturell schneller als die Nachfrage, entsteht ein Überschuss.
  • Überschüsse müssen am Markt abgebaut werden, was durch sinkende Preise geschieht.
  • Preisrückgänge belasten die gesamte Branche, unabhängig vom Standort oder der Kostenstruktur.

Die Analyse betrachtet damit nicht einzelne Störungen, sondern langfristige Kräfte.

Woher der Angebotsdruck kommt

Die wichtigste Quelle des Überangebots liegt laut JP Morgan in den USA. Die dortige Schieferölindustrie hat trotz Kostensteigerungen und regulatorischer Debatten ihre Effizienz erhöht. Neue Technologien, bessere Bohrmethoden und hohes Investitionstempo sorgen dafür, dass die US-Produktion weiter steigt.

Hinzu kommen weitere Länder außerhalb der OPEC, die ihre Kapazitäten stark erweitern. Besonders auffällig sind:

  • Guyana, dessen Offshore-Felder zu den produktivsten weltweit gehören.
  • Brasilien, das tiefseegeeignete Fördertechnologien ausbaut.
  • Kanada, das die Ölsandproduktion strukturell stabilisiert hat.

Diese Angebotsquellen sind flexibel und reagieren weniger sensibel auf OPEC-Politik oder geopolitische Spannungen. Dadurch entsteht eine Parallelstruktur, die den Einfluss traditioneller Förderländer reduziert.

Die Rolle der OPEC: begrenzt, aber nicht bedeutungslos

Nicht die Nachfrage bricht ein, sondern das Angebot wächst schneller, vor allem aus Ländern außerhalb der OPEC."

Die OPEC versucht seit Jahren, den Ölmarkt zu stabilisieren. Mit Förderkürzungen soll ein Preisrückgang verhindert oder zumindest verlangsamt werden. Doch der Einfluss reicht nur begrenzt, wenn der Angebotsüberschuss strukturell wächst.

Das liegt an drei Faktoren:

  • Marktanteilsverschiebungen hin zu Nicht-OPEC-Produzenten.
  • Begrenzter politischer Spielraum, da übertriebene Kürzungen Einnahmen gefährden.
  • Heterogene Interessen innerhalb der OPEC+, insbesondere zwischen großen Produzenten und kleineren Mitgliedern.

Die Organisation kann kurzfristig wirken, aber nicht das grundlegende Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage lösen.

Nachfrage stabil, aber nicht stark genug

Auf der Nachfrageseite erwartet JP Morgan keinen Einbruch. Die globale Wirtschaft wächst moderat, und viele Länder verbrauchen weiterhin große Mengen fossiler Energie. Auch Schwellenländer steigern noch immer ihren Energiebedarf.

Doch selbst eine robuste Nachfrage reicht nicht aus, wenn die Produktionskapazitäten schneller wachsen. Der Markt ist dann strukturell überversorgt. Dieser Punkt ist zentral: Die Bank erwartet keine Nachfrageschwäche, sondern ein Überangebot.

Was ein Ölpreis von 30 US-Dollar bedeuten würde

Ein Preisniveau von rund 30 US-Dollar hätte weitreichende Folgen. Es würde zwar kurzfristig Verbraucher und energieintensive Branchen entlasten, aber auch Druck auf Investitionen und Energieunternehmen ausüben.

Zu den möglichen Auswirkungen zählen:

  • Sinkende Gewinne der Produzenten, insbesondere von Unternehmen mit höheren Förderkosten.
  • Rückgang von Explorationsprojekten, da neue Bohrungen weniger attraktiv sind.
  • Verstärkte Konsolidierung, besonders in den USA.
  • Finanzielle Belastungen für Staaten, deren Haushalte stark vom Öl abhängen.

Ein niedriges Preisniveau hätte damit wirtschaftliche und geopolitische Konsequenzen.

Fazit

Die Warnung von JP Morgan basiert auf strukturellen Entwicklungen im Ölmarkt. Nicht die Nachfrage bricht ein, sondern das Angebot wächst schneller, vor allem aus Ländern außerhalb der OPEC. Dieses Ungleichgewicht könnte zu einem deutlichen Preisrückgang führen – möglicherweise bis in den Bereich von 30 US-Dollar. Die Analyse stellt damit weniger eine kurzfristige Prognose dar, sondern eine langfristige Einschätzung der Kräfte, die den Ölmarkt formen.

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