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Finanzlexikon Sachwertverfahren bei Immobilien

Das Sachwertverfahren ist ein gängiges Bewertungsverfahren zur Ermittlung des Wertes von Immobilien. Es findet besonders bei Objekten Anwendung, die nur schwer aufgrund ihrer erzielbaren Erträge bewertet werden können.

Typischerweise wird das Sachwertverfahren zur Bewertung von selbstgenutzten Wohnimmobilien oder öffentlichen Gebäuden wie Schulen oder Verwaltungsgebäuden herangezogen, da der Fokus hier eher auf dem Wert der Bausubstanz und der Lage, weniger auf Erträgen liegt.

Ziel des Sachwertverfahrens

Im Gegensatz zum Ertragswertverfahren zielt das Sachwertverfahren darauf ab, den „inneren“ Wert der Immobilie zu bestimmen, der sich aus den reinen Herstellungskosten und dem aktuellen Zustand ergibt. Das Verfahren stellt eine gute Alternative dar, wenn die Immobilie für einen Wertvergleich mit anderen ähnlichen Objekten oder einer Marktpreisermittlung nur schwer zugänglich ist. Ein Hauptziel des Verfahrens ist es, die Kosten zu ermitteln, die entstehen würden, wenn die Immobilie heute neu gebaut werden müsste.

Grundprinzipien des Verfahrens

Das Sachwertverfahren beruht auf der Annahme, dass eine Immobilie in erster Linie aus ihrem Gebäude- und Bodenwert besteht, also aus dem Wert, der bei einem Wiederaufbau anfallen würde. Diese Wertanteile lassen sich in folgende Hauptkomponenten unterteilen:

  1. Bodenwert: Der Bodenwert ist unabhängig von der Bebauung und orientiert sich an den Bodenrichtwerten, die für die jeweilige Lage festgelegt werden. Er spiegelt den Marktwert des Grundstücks wider und bleibt auch dann bestehen, wenn das Gebäude seinen Wert vollständig verliert.
  2. Gebäudewert: Der Gebäudewert basiert auf den Herstellungskosten, die ein Neubau oder Wiederaufbau verursachen würde, und wird durch den Zustand, die Ausstattung und die Nutzungsdauer des Gebäudes beeinflusst. Der Wert kann durch Abnutzung und Verschleiß gemindert sein, was durch eine Alterswertminderung ausgedrückt wird.
  3. Außenanlagen und Baunebenkosten: Neben dem Gebäude selbst sind auch wertsteigernde Außenanlagen, wie Wege, Gärten oder Garagen, sowie Nebenkosten für die Bauplanung, Genehmigungen und dergleichen in die Bewertung einzubeziehen.

Die Berechnung erfolgt dabei schrittweise:

  1. Ermittlung des Bodenwerts: Der Bodenwert wird anhand von Bodenrichtwerten ermittelt, die je nach Lage und Größe des Grundstücks variieren. Diese Werte werden von den Gutachterausschüssen festgelegt und regelmäßig aktualisiert.
  2. Ermittlung des Gebäudewerts: Der Gebäudewert setzt sich aus den Baukosten zusammen, die für die Errichtung eines vergleichbaren Gebäudes anfallen würden. Dazu zählen die reinen Baukosten pro Quadratmeter sowie ein Ansatz für die Kosten der Baunebenkosten. Anschließend erfolgt eine Alterswertminderung, die den Verlust an Wert aufgrund des Alters und Abnutzung darstellt.
  3. Anpassung durch Marktanpassungsfaktor: Der Marktanpassungsfaktor passt die berechneten Werte an die gegenwärtige Marktsituation an. So wird der Sachwert auf ein marktgerechtes Niveau gebracht, das die Nachfrage- und Angebotslage berücksichtigt. Dieser Faktor wird oft durch Gutachterausschüsse oder Sachverständige festgelegt und sorgt dafür, dass der berechnete Sachwert näher an den realen Marktwert rückt.

Einflussfaktoren beim Sachwertverfahren

  • Bodenrichtwert und Lage: Da der Bodenwert als eine der Hauptkomponenten des Sachwertverfahrens zählt, spielt die Lage des Grundstücks eine wesentliche Rolle. Die Höhe des Bodenwertes variiert stark in Abhängigkeit von der geografischen Lage und regionalen Besonderheiten.
  • Gebäudestandard und Bauqualität: Die Bauweise, Materialien und Ausstattung des Gebäudes haben großen Einfluss auf die Herstellungskosten und damit auf den Gebäudewert. Ein hochwertiges Gebäude mit aufwendigen Materialien hat einen höheren Gebäudewert als ein einfacher Bau.
  • Alter und Abnutzung: Die Alterswertminderung ist ein entscheidender Faktor im Sachwertverfahren, da sie den Wertverlust des Gebäudes aufgrund von Alterungsprozessen und Abnutzung darstellt. Je älter die Immobilie, desto höher ist meist die Abwertung.
  • Außenanlagen: Bestandteile wie Zufahrten, Gartenanlagen oder Garagen fließen ebenfalls in die Bewertung ein und können den Sachwert erheblich beeinflussen.

Anwendung des Sachwertverfahrens

Für Investoren, die in Ertragsobjekte investieren möchten, ist es weniger geeignet, da hier andere Verfahren wie das Ertragswertverfahren oder eine Marktanalyse bessere Ergebnisse liefern können.

Das Sachwertverfahren wird oft bei folgenden Objekten eingesetzt:

  1. Bewertung von Wohnimmobilien: Bei Einfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen, die selbst genutzt werden, ist das Sachwertverfahren besonders geeignet, da der Verkaufswert hier schwer zu ermitteln ist und es vor allem um den Bauwert geht.
  2. Öffentliche Gebäude: Da öffentliche Gebäude in der Regel keine Gewinne erzielen, wird hier oft das Sachwertverfahren angewendet, um den reinen Bauwert der Immobilie zu bestimmen.
  3. Spezialimmobilien: Für spezifische Objekte, die wenig Vergleichsmöglichkeiten am Markt haben, wie Kirchen, historische Gebäude oder Museen, kann das Sachwertverfahren nützlich sein.

Vorteile des Sachwertverfahrens

  • Realistische Baukostenorientierung: Das Verfahren gibt eine gute Schätzung der Baukosten und damit des Substanzwertes einer Immobilie.
  • Eignung für spezielle Objekte: Das Sachwertverfahren bietet sich an, wenn Marktvergleichswerte schwer ermittelbar sind und der reine Substanzwert im Vordergrund steht.
  • Stabile Wertberechnung: Da das Verfahren auf Herstellungskosten basiert, ist es weniger anfällig für Marktschwankungen und kann daher auch langfristig verlässliche Werte bieten.

Grenzen des Sachwertverfahrens

  • Mangelnde Berücksichtigung der Marktlage: Da das Verfahren hauptsächlich auf Baukosten basiert, reflektiert es nicht immer den aktuellen Immobilienmarkt, der stark von Angebot und Nachfrage geprägt ist.
  • Subjektive Alterswertminderung: Die Berechnung der Alterswertminderung ist teilweise schwer objektiv vorzunehmen, da der Zustand von Bauwerken individuell bewertet werden muss.
  • Nicht anwendbar bei reinen Renditeobjekten: Das Verfahren ist für Ertragsobjekte weniger geeignet, da der Ertrag der Immobilie nicht im Fokus steht.

Fazit

Das Sachwertverfahren ist ein sinnvolles Instrument zur Bewertung von Immobilien, bei denen der bauliche Wert und die Substanz im Vordergrund stehen, und weniger die Ertragserzielung. Es bietet eine zuverlässige Grundlage zur Bewertung von selbstgenutzten Immobilien und öffentlichen Gebäuden. Besonders vorteilhaft ist das Verfahren, wenn eine Immobilie schwer vergleichbar ist oder nur schwer Marktdaten zugänglich sind. Durch die Berücksichtigung des Bodenwertes, der Baukosten und der Alterswertminderung gibt das Verfahren einen transparenten Einblick in den Substanzwert der Immobilie.

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